So farbenprächtig wünscht man sich den Trauermonat – was dem aber meist egal ist. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Auch wenn man es nach dem knackigen Frost am Ende nicht glauben mag – der November war ein wenig zu warm. Aber dafür trocken genug, um mit Genuss den Laubbläser rocken zu lassen.

Stuttgart - November klingt nach Blues, nach Schwermut und vor allem nach grau. Menschen hasten mit gesenktem Blick gegen einen feinstaubschwangeren Wind durch die trübe, nasskalte Stadt, in der es noch kein bisschen weihnachtlich aussieht. Gleichzeitig behindern heimtückische Grippeviren ganze Industriezweige, die frühe Dunkelheit lähmt jegliche sportliche Aktivität im Freien und der autofahrende Mensch wird allmorgendlich an die Vergänglichkeit erinnert, wenn er totes Laub aus dem Lüftungsschlitz hinter der Motorhaube fingert und sich dabei regelmäßig die Nagelhaut einreißt. Nein, der November ist kein freundlicher Gesell, es riecht schal nach Untergang und schlechtem Glühwein. Und eigentlich hält einen nur die Vorfreude auf die nahe Sonnwende und Weihnachten halbwegs in der Senkrechten. Die aber auch nur wenig Freude macht, weil die Martinsgans mit vier Knödeln und schwerem Rotwein den Hüftring hat schwellen lassen, was in der Senkrechten leider gut sichtbar wird. Und die Weihnachtsfeiern kommen ja erst noch.

Der November ist für starke Wetterschwankungen bekannt

Es ist also ein Elend – und was soll man da schon meteorologisch von so einem Monat erwarten? Eher nichts. Aber da kann man sich täuschen: Vor einem Jahr präsentierte sich der Trauermonat als Verlängerung des Spätsommers mit bis zu 21 Grad Wärme und Straßencaféwetter. Das hatte der aktuelle November aber dann doch nicht drauf. Allerdings war auch er gegenüber dem langjährigen Mittel zu warm, was man angesichts der knackig kalten Nächte der letzten Tage nicht so recht glauben mag. Es ist aber so: Mit einer Durchschnittstemperatur von 5,2 Grad lag der November knapp über dem Mittel von 4,7 Grad. Vor einem Jahr wurden dagegen satte 8,4 Grad im Schnitt gemessen. Aber für starke Schwankungen ist der Monat bekannt. Besonders extrem war es vor etwas mehr als 20 Jahren. „1993 wurde mit 1,4 Grad im Schnitt der kälteste November seit Beginn der Aufzeichnungen 1951 registriert. Ein Jahr später mit 9.1 Grad im Schnitt der wärmste“, sagt dazu der Meteorologe Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst.

Er hat eben ein wechselhaften Charakter, dieser letzte Herbstmonat. Das galt auch dieses Jahr. Bis zum 5. war es relativ warm, dann kamen zehn Tage, in denen die Schneefallgrenze bis knapp an die Höhenlagen rund um den Kessel sank, dann war es bis fast zu Ende des Monats wieder recht mild, wobei der 20. November, ein Sonntag, mit 15,9 Grad die Gastronomie noch mal die Tische auf ein Glas im Freien nach draußen räumen ließ. Die letzten beiden Tage des Monats war es damit aber nichts mehr. Hoch Uwe sorgte für Kälte. Die Nacht auf den 30. November war mit minus 4,8 Grad die kälteste des Monats. Hierzu ein kleiner Einschub: Meteorologen messen zwei Formen der Tiefsttemperaturen. In den Wetterberichten wird die Lufttemperatur genannt, die in zwei Metern Höhe gemessen wird. Es gibt aber auch einen „Bodenwert“, der fünf Zentimeter über dem Grund ermittelt wird und der gewaltig abweichen kann. Beispiel: Bei den minus 4,8 Grad Lufttemperatur am 30. wurden knapp über dem Boden sogar minus 7,9 Grad gemessen. Einschub beendet.

Die Aussichten für Weihnachten sind noch völlig offen

Unspektakulär wie die Temperatur waren auch Sonnenschein und Niederschlag. Durch das strahlende Finale kam der November noch auf 73,6 Sonnenstunden, was 103,7 Prozent des langjährigen Mittels entspricht. Geregnet hat es exakt 44 Liter, das ist mit 91,3 Prozent ein kleinen bisschen zu trocken. Vor einem Jahr brauchte es für diese Menge gerade mal einen Tag. Am 20. November 2015 wurden an der Wetterstation Schnarrenberg 44,6 Liter Regen in 24 Stunden gemessen. Wie gesagt, der November ist launisch. Das trockene Finale führte aber dazu, dass die Stuttgarter endlich ihre Laubbläser so richtig rocken konnten. Das Blattwerk ist staubtrocken und kann so gewirbelt werden, wie es Männern mit einem Hang zu Baumarktprodukten eben Spaß macht.

Jetzt kann der Winter also kommen. Genau genommen ist er seit 1. Dezember schon im Amt, zumindest meteorologisch. Faktisch passt dazu die Temperatur, was fehlt ist die weiße Deko, die sich Winternostalgiker vor allem für Weihnachten wünschen. Ob das freilich klappt, ist völlig offen. „Seriös ist da noch keine Prognose möglich“, sagt Meteorologe Riedl. Gefühlt wäre es aber wieder mal an der Zeit für weiße Weihnachten. Aber auch wenn es nicht klappt, wäre das allemal besser, als das, was uns laut Bauernregel für den Januar erwartet. Da heißt es nämlich: „Gefriert im November schon das Wasser, wird der Januar umso nasser.“ Besser nicht.