Für Obachlose wird es immer schwieriger, eine Bleibe zu finden. Foto: dpa

Die Notunterkunft am Stuttgarter Marienplatz schließt diesen Sommer nicht. Grund ist die Wohnraumverknappung, die obdachlose Menschen besonders hart trifft, weil ihre Chancen auf eine feste Bleibe noch mehr schwinden.

S-Süd - Eigentlich ist das unscheinbare Gebäude unweit des Marienplatzes in der Hauptstätter Straße zum Erfrierschutz gedacht. Sozusagen das letzte Auffangbecken im sozialen Netz, das vom Sozialamt, der Evangelischen Gesellschaft (Eva) und der Caritas betrieben wird. Doch in diesem Jahr wird die Einrichtung auch das ganze Jahr über im Sommer geöffnet sein. Der Grund: wegen des Wohnraummangels haben die eigentlichen Sozialhotels keinen Platz mehr.

Für Peter Gerecke, Bereichsleiter der Ambulanten Dienste Mitte, ist das ein Alarmsignal. „Wir erwarten einen sehr großen Andrang“, sagt er. 30 bis 35 Betten werden derzeit gerichtet – und das für die Sommermonate. Gerecke glaubt nicht, dass das reicht: „Wir werden 60 bis 70 Leute unterbringen müssen.“

Sozialhotels sind komplett besetzt

Gerecke sagt, dass das mit der Wohnraumverknappung in Stuttgart zusammenhängt. Resozialisierungsprogramme hätten schlicht keine Plätze mehr. Die Sozialhotels sind komplett besetzt. „Und hier bei uns in der Notunterkunft ballt sich alles“, sagt der Bereichsleiter.

Ob die Mittel der Stuttgarter Notübernachtung reichen werden, hängt auch mit sozialen Wohnraumprogrammen zusammen. Da kooperieren die Wohlfahrtsverbände eng mit der Stadt. Die Schwierigkeit dabei allerdings: Private Immobilienbesitzer müssen mitspielen. „Das Sozialamt fördert Vermieter, die ihren Wohnraum zum Zweck von Sozialhotels an Träger wie Eva oder Caritas vermieten“, erklärt Peter Gerecke. Die kirchlichen Mieter halten die Immobilie instand und seien verlässliche Mieter.

Wie in der Winterzeit wird in der Hauptstätter Straße ein sozialpädagogischer Dienst eingerichtet sein, der sich um die Betroffenen – und auch den Hausfrieden – kümmert. Wenn es trotzdem mal zu Reibereien unter den Bewohnern kommt, gibt es aber auch einen Security-Dienst.

Im Freien nächtigen

In den kalten Monaten sind außerdem noch eine Notunterkunft in der Villastraße und seit diesem Winter auch noch eine Einrichtung in der Gorch-Fock-Straße in Sillenbuch für Obdachlose geöffnet gewesen. Diese beiden schließen über den Sommer. Wer keine neue Bleibe gefunden hat, wird in die Hauptstätter Straße umquartiert – es sei denn, jemand entschließt sich dazu, während der wärmeren Tage im Freien zu nächtigen.

Von minus fünf Grad abwärts bekommt jeder Mensch vom Sozialamt eine Notunterkunft zugesichert. Da der vergangene Winter so kalt war, haben besonders viele das Angebot in Anspruch genommen.