Skitouren in Norwegen sind ein ganz besonderes Erlebnis: Dank der Lage im hohen Norden liegt die Waldgrenze bei gerade einmal 1000 Metern. Foto: Gottfried Stoppel

Mit seinen einzigartigen runden Bergkuppen gehört der Rondane Nationalpark in Norwegen zu den außergewöhnlichen jedoch bislang unentdeckten Skitourenrevieren.

Sollia - Der ausrangierte Geländewagen der norwegischen Armee rumpelt über die einsame Passstraße. An Bord eine Gruppe Skitourengeher aus Deutschland. Gegenverkehr begegnet man hier ungefähr so oft wie einem Rentier - oder noch seltener. Der Rondane-Nationalpark, der älteste Norwegens, bietet Natur pur und unfassbare Weite. Die vereinzelten Häuser entlang der Straße liegen Kilometer voneinander entfernt. Zugefrorene Seen und Flüsse, schneebedeckte Berge, rote Holzhäuser mit rauchenden Kaminen - die Gegend ist ein skandinavisches Winter-Idyll wie aus dem Bilderbuch und ein bisher unentdecktes Skitourenrevier.

Der höchste Berg im Rondane-Nationalpark ist der Rondeslottet (2178 Meter). Die meisten Skitourenberge sind sogar deutlich niedriger. Für mitteleuropäische Verhältnisse sind das alles keine Riesen, aber dank der Lage im hohen Norden sind die Verhältnisse hochalpin - die Baumgrenze liegt ungefähr bei 1000 Metern. Lifte sucht man vergeblich. Erschlossene Skigebiete gibt es rund um Lillehammer, den Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 1994. Wenn überhaupt trifft man in dem Gebiet auf Wanderer mit Fjellski - etwas breiteren Langlaufski, mit denen man auch ohne Loipenspur gut vorankommt, auf denen Abfahrten aber eher notwendiges Übel als ein Vergnügen sind. Die Berge sind hier weniger schroff als in den Alpen, von Gletschern glatt geschliffen. „Die Weite der Landschaft ist einzigartig.

„Wir haben hier ideales Terrain und die schönsten Hänge für uns allein“

Etwas Vergleichbares kenne ich nur aus der Atacama-Wüste. Man hat einen unglaublichen Fernblick“, sagt Wolfgang Huhn, Geschäftsführer der Alpinschule Bergfühlung aus Tübingen. Alpine Skifahrer oder Skitourengeher gab es bis zum März 2014 im Rondane-Nationalpark praktisch nicht. Wolfgang Huhn hat das geändert. „Wir haben hier ideales Terrain und die schönsten Hänge für uns allein“, sagt der staatlich geprüfte Bergführer, der sich mit seinen Partnern auf besonders naturnahe Bergerlebnisse spezialisiert hat. Die Hänge muss man sich mit Hilfe von Aufstiegsbindung, Fellen unter den Skiern und vor allem mit Muskelkraft und Ausdauer auch in Skandinavien erst erarbeiten.

Es geht über sanfte Kuppen, steile Flanken und windgepeitschte Rücken auf Gipfel mit so klingenden Namen wie Gravskard-Högda (1767 Meter), Storsvulten (1790 Meter), Snödölhögda (1286 Meter) oder Velsvulten (1579 Meter). Anders als in den Alpen beginnen die Touren hier meist flach. Vom jeweiligen Parkplatz gilt es zunächst durch lichte Wälder zum Fuß des Berges zu gleiten. Mit etwas Glück begegnen einem hier Elche und andere Wildtiere. Die Landschaften, durch die die ausgedehnten Touren führen, sind teils lieblich, teils bizarr. Wenn die vom Wind aufgewirbelten Schneekristalle von der Sonne zum Glitzern gebracht werden und sich die Konturen der Landschaft hinter dem Schleier verlieren, fühlt man sich an Erzählungen aus dem Grusel-Klassiker „Berge des Wahnsinns“ von H. P. Lovecraft erinnert. Auf dem Gipfelplateau des Gravskard-Högda hat der Wind unwirkliche Gebilde in den Schnee gezaubert, unterhalb des Store Ramshögda beobachtet eine Rentierherde die Exoten aus dem Süden mit gebührlichem Abstand, und am Storsvulten führt der Weg durch einen engen Canyon nach oben.

"Die Landschaft ist absolut einzigartig"

Die Abfahrten bieten breite, unberührte Hänge und lichte Wälder in den tieferen Regionen. Die knorrigen Bäume stehen in einem so optimalen Abstand zueinander, dass man auf die Idee kommen könnte, sie seien eigens für die Skifahrer mit ihren breiten Latten gepflanzt worden. Andere Menschen trifft man in dem Nationalpark so gut wie nie. Dabei erfahren Skitouren in Norwegen gerade so etwas wie einen Boom. Für viele Alpinisten aus Mitteleuropa sind die Touren im hohen Norden ein Traum. Allerdings liegen die Ziele bisher in Fjord-Norwegen. Die Gebiete im Landesinneren hatte bisher niemand auf der Rechnung. „An den Fjorden sind die Touren vielleicht etwas abfahrtsorientierter, dafür ist die Landschaft hier absolut einzigartig“, sagt Wolfgang Huhn.

Im März 2014 wagte er die ersten Touren mit Kunden in Rondane. Im Herbst 2013 erkundete er das Terrain gemeinsam mit seinen Kollegen auf dem Mountainbike: „Wir wollten sondieren, ob das Gelände sich zum Tourengehen eignet“, sagt Huhn, „und wir waren uns einig, dass es hier optimal ist.“ Optimal auch deshalb, weil die Tübinger mit dem Rondane Gjestegard Hotel den idealen Stützpunkt für Tourenabenteuer im hohen Norden gefunden haben. Betrieben wird das Hotel von Cecilie Margit Bjercke (57) und Christoph Habert (59) - einer gebürtigen Norwegerin, die lange in Frankfurt und in der Schweiz lebte, und einem waschechten Hessen.

Die beiden erfüllten sich mit ihrem Hotel in der Einsamkeit einen Traum und bieten ihren Gästen neben hervorragendem Essen und liebevoll eingerichteten Unterkünften mit offenem Kamin Tipps und tatkräftige Hilfe bei ihren Touren - Shuttle-Service inklusive. Gewohnt wird stilecht in Holzhütten, die sich um das Hauptgebäude gruppieren und nach langen Touren skandinavische Gemütlichkeit mit offenem Kamin bieten.

Infos zu Norwegen

Anreise
Zum Beispiel mit Lufthansa (Skigepäck frei/ www.lufthansa.de ) von Stuttgart über Frankfurt oder mit KLM von Stuttgart über Amsterdam ( www.klm.de ) nach Oslo und weiter mit dem Mietwagen. Mit der norwegischen Bahn ( www.nsb.no ) kommt man vom Flughafen Oslo nach Otta oder Ringebu an den Rand des Rondane-Nationalparks.

Ab hier benötigen Bahnfahrer ein Shuttle - wie es etwa das Rondane Gjestegaard Hotel anbietet.

Anbieter
Die Alpinsportschule Bergfühlung bietet diesen Winter drei Termine für Skitourenwochen im Rondane-Nationalpark an, 1890 Euro inkl. Halbpension und Führergebühr, exkl. Flug, www.bergfuehlung.de .

Cross-Country-Touren (Langlauf) gibt es von mehreren Anbietern. Unter anderem von Alp & Fjell in Heidelberg, www.alp-und-fjell-wanderreisen.de .

Unterkunft
Rondane Gjestegård in Sollia, pro Person rund 60 Euro mit Frühstück im Doppelzimmer, www.hotelrondane.de .

Rondane Haukliseter Fjellhotell in Høvringen, pro Person circa 75 Euro mit Frühstück im Doppelzimmer) www.rondane.com.

Allgemeine Informationen
www.visitnorway.de , www.nasjonalparkriket.no

Ausflüge
Ein unvergessliches Erlebnis ist eine Schlittenhunde-Tour mit Dahlen Husky, www.norway-husky.no

Was Sie tun und lassen sollten
Auf keinen Fall die Gipfel im Rondane Nationalpark unterschätzen. Aufgrund der Lage im hohen Norden sind die Verhältnisse als hochalpin einzustufen.

Auf jeden Fall nur mit Bergführer und mit Sicherheitsausrüstung (LVS-Gerät, Schaufel, Sonde und eventuell Lawinen-Rucksack) auf Skitour gehen.