Retter bergen eine verletzte Person. Foto:  

Nach dem schweren Erdbeben in Italien suchen Rettungskräfte weiter nach Überlebenden in den Trümmern. Mindestens 73 Menschen kamen ums Leben. Zahlreiche werden vermisst. Die EU bietet Italien Hilfe an.

* Mindestens 73 Tote bei dem schweren Erdbeben in Italien

* Am schwersten betroffen sind die Orte Amatrice und Accumoli sowie Pescara del Tronto

* Es werden noch zahlreiche Menschen vermisst

* Ministerpräsident Matteo Renzi sagt den Betroffenen Hilfe zu

Rom - Ein starkes Erdbeben hat mitten in der Nacht Zentralitalien erschüttert. Mindestens 73 Menschen kamen laut Zivilschutz ums Leben. Sechs Opfer stammten aus dem Ort Accumuli, fünf aus Amatrice und zehn aus dem Ort Pescara del Tronto, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa ohne genaue Quellen zu nennen. Unter den Opfern sind auch mehrere Kinder. Helfer suchten in den Trümmern völlig zerstörter Häuser weiter nach Opfern. In mehreren Städten stürzten Gebäude ein, während deren Bewohner schliefen.

Der Bürgermeister der naheliegenden Gemeinde Amatrice, Pirozzi, sagte dem Nachrichtensender RaiNews24: „Die Hälfte des Ortes gibt es nicht mehr. Die Menschen sind unter den Trümmern.“ Straßen seien blockiert, der Strom sei ausgefallen. Er forderte Hilfe per Hubschrauber. Auf die Frage nach möglichen Toten sagte er: „Sehen Sie, da gibt es keine Häuser mehr. Ich hoffe, dass wir Hilfe bekommen.“ Ein Einwohner sagte dem Sender: „Alles ist kaputt.“ In Amatrice versuchten die Helfer laut der Nachrichtenagentur Ansa auch, sechs Menschen aus einem meterhohen Trümmerberg zu retten. Es herrsche Chaos.

Tausende Menschen sind jetzt obdachlos

Das Erdbeben in Mittelitalien hat nach ersten Schätzungen mehrere Tausend Menschen obdachlos gemacht. Allein der Bürgermeister des Ortes Accumoli, Stefano Petrucci, sprach von 2500 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Es sei kein einziges Haus mehr bewohnbar. „Wir müssen eine Zeltstadt für die gesamte Bevölkerung organisieren“, sagte Petrucci der Nachrichtenagentur Ansa zufolge. „Obwohl August ist, herrschen hier nachts zehn Grad.“

Italiens Regierungschef Matteo Renzi und Präsident Sergio Mattarella haben den Opfern des Erdbebens bereits Hilfe zugesagt. Aus vielen Ländern, unter anderem aus Deutschland, gingen Zusagen für Unterstützung ein. Italiens Infrastrukturminister Graziano Delrio war auf dem Weg in die Katastrophenregion.

Epizentrum bei Norcia

Das Beben ereignete sich um 3.36 Uhr und war in weiten Teilen Zentralitaliens zu spüren, auch in der Hauptstadt Rom. Dort meldeten Bewohner der Altstadt ein langes Schwanken, dem Nachbeben gefolgt seien. Erste Bilder aus viele Städten und Dörfern der ländlichen Region Umbriens zeigten Trümmer auf den Straßen und eingestürzte Häuser. Städte wie Perugia und Assisi sind nicht weit entfernt. Auch Touristen an der Adria-Küste meldeten sich besorgt bei den Feuerwehren. An der berühmten Basilika San Francesco in Assisi, die bei einem schweren Erdbeben 1997 beschädigt wurde, gab es dieses Mal nach ersten Angaben keine Schäden.

Das Seismologische Zentrum Europa-Mittelmeer gab die Stärke des Bebens mit 6,1 an. Die US-Erdbebenwarte USGS meldete indes eine Stärke von 6,2. Demnach befand sich das Epizentrum bei Norcia, rund 170 Kilometer nordwestlich von Rom. Das Beben habe sich in einer relativ seichten Tiefe von zehn Kilometern ereignet.

Vergleichbar mit dem Beben in L’Aquila

Der Chef des Zivilschutzes, Fabrizio Curcio, sprach von einem „schweren“ Beben, es sei vergleichbar mit dem in der Stadt L’Aquila im Jahr 2009. Damals kamen mehr als 300 Menschen ums Leben, vor allem weil das Beben direkt die Stadt mit Zehntausenden Einwohnern traf. Das jetzige Beben sei vermutlich weniger fatal, weil die Gegend nicht so stark bevölkert ist. L’Aquila liegt nicht allzuweit von der nun betroffenen Region entfernt.

Mehrere Nachbeben folgten in der Nacht, auch in Rom schwankte gegen 4.30 Uhr erneut der Boden. Laut US-Erdbebenwarte hatte eines der Nachbeben die Stärke 5,5.

Italien wird auf Grund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert, oft auch schwerwiegenden.

Anteilnahme und Hilfsangebote

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck haben den Betroffenen ihre Anteilnahme ausgesprochen. Merkel zeigte sich am Mittwoch in einem Kondolenztelegramm an Ministerpräsident Matteo Renzi „tief betroffen“. „Die Bilder der Verwüstungen sind schockierend.“

Angesichts des Leids und der massiven Zerstörungen übermittele sie Renzi „das tiefe Mitgefühl des deutschen Volkes“, erklärte Merkel weiter. „Ich bitte Sie, den Angehörigen der Verstorbenen unser aufrichtiges Beileid zu überbringen.“ „Mit großer Bestürzung habe ich die Bilder der Zerstörung gesehen“, erklärte Bundespräsident Gauck in einem Kondolenzschreiben an Italiens Staatspräsidenten Sergio Mattarella.

Die Europäische Union hat Italien nach dem schweren Erdbeben umfassende Unterstützung angeboten. „Die EU steht bereit zu helfen“, teilte Krisenmanagement-Kommissar Christos Stylianides am Mittwoch mit. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen sei bereits in Kontakt mit den italienischen Behörden.

In einem ersten Schritt fragte Italien nach Angaben aus Brüssel die Nutzung des EU-Satellitenbilder-Dienstes EMS an. Dieses wurde eingerichtet, um im Katastrophenfall die Lagebeurteilung zu erleichtern. Die Karten des „Copernicus Emergency Management Services“ (EMS) können zum Beispiel detailliert das Ausmaß der Schäden zeigen.