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Oberbürgermeister schreibt an den Vorstandschef – Mieterbund beklagt Mieterhöhungen.

Stuttgart - Die Mieter im früheren Wohnungsbestand der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) im Nordbahnhofviertel haben einen weiteren Hilferuf vernehmen lassen. Ihre Zukunft in den Wohnungen, die von der LBBW-Immobilien GmbH an die Augsburger Patrizia AG gingen, sei weiterhin ungewiss. Deshalb müssten sich endlich die Politiker und die OB-Kandidaten in dem Viertel sehen lassen, meint man in der Mieterinitiative, die die Betroffenen im Nordbahnhofviertel vertritt. Aber nur Bettina Wilhelm, die parteilose Kandidatin der SPD, habe bisher ihr Kommen zugesagt, schreibt Franz Weidmann, stellvertretender Vorsitzender der Initiative, an die Stuttgarter Frauen-Union. Ihn stört, dass die Frauenorganisation der CDU mit dem bürgerlichen Kandidaten Sebastian Turner einen Stadtspaziergang veranstalte, aber den Brennpunkt im Nordbahnhofviertel ausspare.

Die Sorgen im Nordbahnhofviertel werden genährt durch Mietpreiserhöhungen nach dem Verkauf von 21 000 LBBW-Wohnungen, darunter etwa 4000 in Stuttgart, an die Patrizia. Der Mieterbund beklagt eine aktuelle Mietpreisanhebung um zehn Prozent. Weidmann beruft sich sogar auf Aussagen von Vertretern der Patrizia beziehungsweise der in Südewo umbenannten LBBW-Immobilienfirma, wonach den Mietern in absehbarer Zeit „eine bis zur obersten Grenze des Mietspiegels reichende Mieterhöhung von rund 20 Prozent“ ins Haus stehe. Das verschärfe die Sorgen und Nöte der Mieter, die „ohnehin an der unteren Einkommensgrenze“ und Hartz-IV-Empfänger seien.

LBBW-Vorstand „mauert“

Der Mieterbund glaubt auch eine Aushöhlung und Verschleppung der Zusagen zu beobachten, die OB Wolfgang Schuster in Nachverhandlungen nach dem Verkauf der LBBW-Immobilien GmbH erzielt hatte. Dazu gehört die Erweiterung des Kündigungsschutzes von zunächst zehn auf 20 Jahre.

Den Mietern soll tatsächlich eine Vertragsänderung angeboten worden sein, die aber nicht wirksam wurde, weil vom Vermieter keine Originalunterschrift geleistet worden sei. Mieterbund und Mieterverein Stuttgart protestierten und forderten die LBBW auf, für die Einhaltung der Zusagen zu sorgen. Dafür warben sie auch bei den Aufsichtsratsmitgliedern. Nach ihrer Einschätzung „mauert“ der LBBW-Vorstand.

Auch gegen das Preiserhöhungsverfahren der Südewo erhob der Mieterbund Einspruch. Im Kaufvertrag sei festgelegt, dass die Mieten nur um drei Prozent über der allgemeinen Preissteigerungsrate steigen dürften. Damit würde man etwa fünf Prozent erreichen. Die neue Eigentümerin errechne die drei Prozent aber vom Durchschnitt des gesamten Wohnungsbestands und schöpfe die Marktmöglichkeiten mit einem Mangel an Wohnungen in Stuttgart voll aus.

OB Schuster reagierte auf den Appell des Mieterbunds mit einem Schreiben an den LBBW-Vorstandschef Hans-Jörg Vetter. Darin forderte er, dass die LBBW ihrer Verantwortung aus dem Verkauf nachkommt und auf die Südewo Einfluss nimmt. Für die Glaubwürdigkeit der LBBW sei es zwin-gend, dass von der Käuferin auch die ausgehandelte erweiterte Sozialcharta genauestens eingehalten werde und nicht durch formale Fragen Zweifel aufgeworfen würden.