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Nightwatch: Ein Festwirt und 15 Bars in der City proben gemeinsames Hausrecht.

Stuttgart - Das Frühlingsfest hat am Wochenende begonnen. Das Bier fließt in Strömen. Beim einen oder anderen senkt der Alkohol die Hemmschwelle. Wer sich danebenbenimmt und aus dem Zelt fliegt, muss nun mit damit rechnen, dass ihm auch in der Innenstadt das Feiern erschwert wird.

Geschrei und Alkoholgeruch schlagen einem beim Betreten der Wasenwache am Samstagabend entgegen. Auf der Polizeistation am Eingang zum Frühlingsfest herrscht bereits gegen 20 Uhr Hochbetrieb. Jugendliche, die sich vor dem Fahrgeschäft Breakdance geprügelt hatten, und ein Mann mit blutender Nase, von dessen Angreifer jede Spur fehlt, sitzen auf den Steinbänken im Eingangsbereich.

Fast alle haben eines gemeinsam: Sie haben zu viele Maß getrunken. Um solche Folgen von übermäßigem Alkoholgenuss zu mindern, setzt die Polizei seit einigen Jahren verstärkt auf Prävention.

Eine der Maßnahmen nennt sich Nightwatch, Nachtwache, und wurde durch das bundesweite Stadionverbot inspiriert. Die Idee ist: Bekommt ein Gast in einem Lokal Hausverbot erteilt, dann gilt dieses zwei Jahre lang in allen anderen Betrieben, die sich dem Projekt angeschlossen haben. Die Wirte tauschen die Namen der unerwünschten Personen untereinander aus. Nur eines der Festzelte, der Wasenwirt, ist bei der Aktion dabei.

"Wir unterstützen diese Idee", sagt Guido Passaro, der zuständige Polizeiführer auf dem Cannstatter Wasen. "Das Projekt soll in erster Linie abschrecken." 15 Clubs und Bars in der Innenstadt haben sich der Initiative bislang angeschlossen.

14-Jähriger mit 1,3 Promille

"Sicher kann man das Hausverbot nicht zu 100 Prozent kontrollieren", sagt Guido Passaro. Wird eine bereits verwarnte Person aber in einem Lokal, das zu Nightwatch gehört, erneut auffällig, bedeutet das nicht einfach nur das nächste Hausverbot. "In diesem Fall haben wir es mit Hausfriedensbruch zu tun", so der Polizeiführer. "Die abschreckende Wirkung steht bei der Aktion im Vordergrund."

Das sehen die beteiligten Gastronomen ähnlich. "Wir können nicht die Personalien jedes Gastes kontrollieren", sagt Klaus Scheuing vom Landespavillon im Schlossgarten. "Macht ein Gast Ärger, dann gleichen wir danach seine Daten ab und sehen, ob er auf der Liste steht." Die Polizei hofft, dass Nightwatch auch auf dem Wasen vorbeugend wirkt. "Die Kids sollen überlegen, ob sie sich wegen drei Wochen Wasen das Feiern in der Innenstadt erschweren wollen", sagt Guido Passaro.

Auch mit ihren eigenen Aktionen will die Polizei über das Thema Alkohol aufklären und so Prävention betreiben. "Die Betrunkenen werden immer jünger und haben immer mehr Alkohol im Blut", beschreibt Guido Passaro die Entwicklung. Wie zum Beweis wurde am Samstag auf dem Wasen schon gegen Mittag ein 14-Jähriger mit 1,3 Promille aufgegriffen.

An einem Infostand am Eingang zum Festgelände zeigen Beamte den Besuchern, wie sich die eigene Wahrnehmung durch Alkohol verändert. "Hier haben wir Brillen und Fahrsimulatoren, die verschiedenen Promillegraden entsprechen", sagt Polizeihauptkommissar Roland Barth. Die Straßen hinter dem Cannstatter Bahnhof werden kontrolliert. "Dort treffen sich oft Jugendliche zum Vorglühen mit hochprozentigem Alkohol", sagt Passaro. "Wir wollen den Leuten nicht das Biertrinken verbieten, aber ihr Ziel darf nicht das Alkoholkoma sein."