Bosch in Bosch: der große Sohn der Stadt auf dem Marktplatz. Foto: Bosch500

Vor 500 Jahren starb das Malergenie Hieronymus Bosch. Seine Heimatstadt ’s-Hertogenbosch feiert den berühmten Sohn mit einem opulenten Programm.

Bosch, wohin man sieht: Die vielen kleinen Läden der mittelalterlichen Altstadt haben ihre Schaufenster mit wundersamen Blumen, Engeln oder Dämonen dekoriert - Details aus den Gemälden des berühmten Künstlers. In den Kneipen gibt es Bosch-Bier. Die Restaurants servieren auf Tellern im Bosch-Design. Wer durch die gepflasterten Gässchen von ’s-Hertogenbosch schlendert, stolpert immer wieder über kleine Kunstwerke. Hüfthohe Plastiken aus buntem Harz, meist Figuren aus dem Triptychon „Der Garten der Lüste“ - eine Giraffe, Insekten, ein Messer mit Ohren, Beine, die aus einer Erdbeere ragen. Eine Smartphone-App weist den Weg. Die Bosch Experience Tour gehört zum umfangreichen Jubiläumsprogramm zu Ehren des Malers Hieronymus Bosch. Ein Jahr lang wird die Hauptstadt der Provinz Nordbrabant immer wieder selbst zum Kunstwerk.

Infos zu Hieronymus Bosch

„Den Bosch“, wie man die Stadt der Einfachheit halber nennt, ist stolz auf seinen berühmtesten Sohn. Der Künstler wird wie ein Held verehrt - in der niederländischen Schreibweise seines Vornamens „Jheronimus“ steckt schließlich das Wort Hero, englisch für Held. An der Schwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit schuf er um das Jahr 1500 eine Welt der Lust und des Schreckens. Auf seinen seltsam surrealen Wimmelbildern tummeln sich Menschen, fantastische Fabelwesen, exotische Tiere, mit feinem Pinselstrich bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Grandios und rätselhaft. Hieronymus Bosch fasziniert, weil man über den Sonderling fast nichts weiß - so wie es sich eben für einen Mythos gehört. Sein Geburtsdatum? Unbekannt. Vermutlich um das Jahr 1450.

Fest steht: am 9. August 1516 wurde in Sint-Jan, der Sankt-Johannes-Kathedrale von ’s-Hertogenbosch, eine Totenmesse für ihn gelesen. Großvater, Vater, zwei Brüder - alle malten Bilder. Doch Hieronymus verstand sich als Künstler und signierte seine Werke selbstbewusst. Das hatte es in der Kunstgeschichte zuvor noch nie gegeben. Vermutlich aus Marketinggründen legte er sich einen Künstlernamen zu. Aus Jan van Aken - was auf die Herkunft der Familie aus Aachen hindeutet - wurde Jheronimus Bosch. Wahrscheinlich hoffte er, mit der Heimatstadt im Namen von potenziellen Käufern besser gefunden zu werden. Der Trick funktionierte: Der spanische König Philipp II. gehörte zu Boschs Fans. Deshalb befinden sich heute besonders viele Werke im Madrider Museum Prado, der Rest ist in alle Winde verstreut.

Kunstwerke des Hieronymus Bosch

Zur 500-Jahr-Feier kehrten 20 Gemälde (insgesamt sind nur 45 erhalten) und 19 Zeichnungen zurück an den Platz ihrer Entstehung und sind in einer viel beachteten Ausstellung im Het Noordbrabants Museum zu sehen. Üblicherweise gelingen solche Schauen, weil die Museen sich gegenseitig helfen und Gemälde verleihen. „Doch wir hatten ja nichts als Gegenleistung zu bieten“, sagt Direktor Charles de Mooij. Er machte dem Louvre in Paris, dem Metropolitan Museum in New York oder der Galleria dell’ Accademia in Venedig ein anderes Angebot. Nach dem Motto: Gib mir dein Auto für eine Weile, und du bekommst es nicht nur heil, sondern auch gewaschen, poliert und ausgesaugt zurück. Neun Jahre Forschungs- und Restaurierungsarbeit gegen drei Monate Ausstellung. Der Ansturm auf die Schau ist so groß, dass die Öffnungszeiten bis 1 Uhr nachts ausgedehnt werden mussten.

Wer keine Karten mehr ergattert, kann im Jheronimus Bosch Art Center ausgezeichnete Repliken ansehen. Oder versuchen, sich dem geheimnisvollen Genie auf andere Weise zu nähern. Zum Beispiel, indem man der Kathedrale Sint-Jan aufs Dach steigt. Zu Boschs Lebzeiten befand sich das gotische Gotteshaus im Bau, vielleicht erklomm auch er ein Gerüst. Keiner weiß es. „Er muss den Architekten der Kirche gekannt haben. Sie waren in derselben Bruderschaft Mitglied“, sagt Führerin Maartje Remmers. Von dem eigens zum Jubeljahr aufgestellten Gerüst in 25 Meter Höhe aus sieht der Besucher ein Detail, das vom Boden aus unsichtbar ist: Kleine Steinfiguren hocken auf den Strebebögen, die das Mittelschiff der Kirche von außen abstützen. Musikanten, Teufel, seltsame Gestalten (und ein Engel mit Handy, ein Gag der Renovierung im Jahr 2011). Liegt hier eine Inspirationsquelle? Oder schöpfte Bosch Ideen aus der Unterwelt?

Schiffbare Kanäle in ’s-Hertogenbosch

Die ganze Stadt ist durchzogen von einem Netz schiffbarer Kanäle, versteckt unter den Straßen und Häusern. Nur ab und zu mogelt sich der Fluss ans Tageslicht. ’s-Hertogenbosch ist eine Festungsstadt. Aus Platzmangel wurde innerhalb der dicken Mauern irgendwann das Wasser überbaut. Das Flüsschen Dieze wurde so teilweise zur kanalisierten Binnendieze. Hugo Groeneveld nimmt auf seinem Boot Gäste mit in die Unterwelt aus Backsteingewölben und zeigt einen Teil des 3,5 Kilometer langen Wasserwegs. In einem besonders langen und dunklen Tunnel gibt es eine Überraschung: Engel flattern über die Wände, Feuer lodern auf, Fabelwesen erscheinen und verschwinden wieder. Eine Projektion nach Motiven von Hieronymus Bosch, entworfen von den Lichtdesignern der Firma Mr. Beam aus Utrecht. „Es ist ein kleines Wunder, dass man hier noch fahren kann. Vor 40 Jahren sollten die Kanäle trockengelegt werden. Eine Bürgerinitiative hat das verhindert“, sagt der Rentner, der als Freizeitfährmann ehrenamtlich Touristen chauffiert.

Typisch für Den Bosch: Die Bürger der Stadt sind engagiert. Der örtliche Kulturverein Kring Vrienden hat 300 aktive Mitglieder. So wie Joos Bakker Gids, ein emeritierter Physikprofessor. „Wenn Bosch heute nach Den Bosch käme, würde er sich problemlos zurechtfinden. Die Stadt hat sich in den letzten 500 Jahren kaum verändert“, sagt der Hobbystadtführer und geleitet seine Gäste zum Haus der Liebfrauenbruderschaft in der Hinthamerstraat, in der Bosch einst organisiert war. Das berühmteste Mitglied 500 Jahre später dürfte König Willem-Alexander sein. An der Ostseite des Marktplatzes steht Boschs Wohnhaus. Winzig klein, kaum zwei Fenster breit. Seine Fassade und die der Nebenhäuser sollten bereits seit März für eine aufwendige Lichtshow genutzt werden. Doch die Premiere musste verschoben und die Show neu ausgearbeitet werden. Denn just in der Nacht der Probevorstellung am 27. Februar stürzten die beiden Häuser zur Linken einfach ein. Menschen kamen nicht zu Schaden, Ursache ungeklärt, ein echtes Rätsel. Noch so ein Mythos in ’s-Hertogenbosch. Dem schalkhaften Maler hätte das bestimmt gefallen.

Infos zu ’s-Hertogenbosch

’s-Hertogenbosch

Anreise

Ab Stuttgart mit KLM nach Amsterdam (www.klm.de). Vom Flughafen Schiphol gibt es eine Zugverbindung nach ’s-Hertogenbosch (www.ns.nl).

Unterkunft

Das Hotel Mövenpick bietet die gewohnte Qualität der bekannten Marke und ist dennoch persönlich geführt, viele Mitarbeiter sind Einheimische und haben tolle Tipps parat. Sehr gutes Restaurant mit offener Küche, Doppelzimmer ab 88 Euro. 2016 gibt es ein spezielles „Bosch-Package“ inkl. zwei Übernachtungen und Frühstück, Bosch-Menü, Busticket und Eintritt ins Art Center für 162,50 pro Person, www.movenpick.com/hertogenbosch
Schnuckeliges Boutique-Hotel: ’t Keershuys, DZ ab 125 Euro, www.keershuyshotel.nl.

Essen und Trinken

In ’s-Hertogenboschs Fressgasse, der Korte Putstraat, reiht sich ein nettes Lokal an das nächste, ein Beispiel ist das Lux (www.luxdenbosch.nl).
Ebenfalls empfehlenswert: Restaurant Van Puffelen ( www.restaurantvanpuffelen.com/en ). Abends geht man gern auf einen Aperitif in eine der zahlreichen Kneipen. Hotspots sind die Straßen Kruisstraat und Uilenburg.

500 Jahre Hieronymus Bosch

Die Ausstellung „Jheronimus Bosch - Visionen eines Genies“ im Noordbrabants Museum läuft bis zum 8. Mai (anschließend in Madrid), Eintritt: 22 Euro, Kinder bis 17 Jahre zahlen 2 Euro, http://tickets.hnbm.nl. Infos zum vorangegangenen Forschungsprojekt unter www.boschproject.org. Weitere Schauen wie die „Bosch Grand Tour“ widmen sich Bosch ab Juni als Inspirationsquelle für aktuelle Künstler. www.hetnoordbrabantsmuseum.nl
Das Jheronimus Bosch Art Center zeigt Repliken aller Werke sowie eine Rekonstruktion der Werkstatt. Eintritt: 7 Euro, Kinder bis 12 Jahre: 3,50 Euro. www.jheronimusbosch-artcenter.nl
Bosch Experience Route: App-geführter Stadtrundgang auf den Spuren des Meisters, www.vvvdenbosch.nl/de
Aufstieg auf die Sint-Jan-Kathedrale, täglich ab 10.30 Uhr bis 30. Oktober, 7 Euro pro Person (6 Euro kommen der Restaurierung der Kirche zugute, www.eenwonderlijkeklim.nl).
Die Himmel-und-Höllen-Fahrt mit dem Boot kostet 10 Euro, Kinder zahlen 5 Euro, www.dagjedenbosch.com
Das Programm zum Jubiläumsjahr findet man unter www.bosch500.nl/en.

Allgemeine Informationen

www.vvvdenbosch.nl/de