Zwischen Mondphase und Geburtenhäufigkeit konnten Wiener Forscher keinen Zusammenhang feststellen. Foto: dpa

Dass bei Vollmond mehr Kinder geboren werden, ist ein Irrglaube. Wiener Forscher machten die Probe aufs Exempel - doch die Mondgläubigkeit hält sich hartnäckig.

Dass bei Vollmond mehr Kinder geboren werden, ist ein Irrglaube. Wiener Forscher machten die Probe aufs Exempel.

Stuttgart - Die Hexen tanzen auf dem Blocksberg, der Werwolf zieht um die Häuser auf der Suche nach ahnungslosen Opfern, und die Geister sind besonders aktiv. Es ist schier unglaublich, welche Macht der Mond angeblich ausüben soll. Bei Vollmond, heißt es beispielsweise, würden mehr Kinder geboren. Forscher der Universität Wien machten die Probe aufs Exempel: Sie fassten alle gemeldeten Geburten in Österreich (rund 2,76 Millionen) zusammen und verglichen sie mit 371 Mondzyklen zwischen 1970 und 1999. Das Ergebnis: Es ließ sich kein Zusammenhang zwischen Mondphase und Geburtenhäufigkeit feststellen.

Dies bestätigt auch eine Untersuchung des Mathematikers Oliver Kuß, der heute Direktor des Instituts für Biometrie und Epidemiologie der Universität Düsseldorf ist. Er analysierte mehr als vier Millionen Geburten zwischen 1966 und 2003 in Baden-Württemberg. Es sei ganz offensichtlich , dass es „keinen Zusammenhang zwischen Mondzyklus und der Geburtenzahl“ gibt.

Die magisch-mystische Wirkung des Mondes ist auch aus der abendländischen Medizingeschichte nicht wegzudenken. Hippokrates (460 – 370 v. Chr.), dem berühmtesten Arzt der Antike, galt der Mond als Verursacher seelischer Erkrankungen.

Der Arzt und Alchimist Paracelsus (1493– 1541) sah einen engen Zusammenhang zwischen der Wirksamkeit von Heilkräutern und den Mondphasen. Vor allem in der Volksheilkunde spielten die Mondphasen eine wichtige Rolle: Der zunehmende Mond fördert, lässt wachsen und gedeihen – der abnehmende Mond dagegen hemmt, schädigt und lässt schwinden. Ohne die richtige Konstellation der Himmelsgestirne bestand kaum Hoffnung auf Heilung. „Die Kenntnis der ‚richtigen‘ Zeiten für medizinische Anwendungen war für den Arzt wie für den Bader von großer Bedeutung, da man annahm, dass diese den Heilerfolg beeinflussen“, erklärt der Volkskundler Helmut Groschwitz.

Mondgläubigkeit hält sich hartnäckig

Dass der lunare Glaube durch zahlreiche weitere Studien längst widerlegt ist, stört die Mondjünger wenig (eine gute Übersicht findet sich unter: www.dermond.at/mondphasen). Die Mondphasen sind weder schuld am Nadelverhalten von Bäumen oder am Wachstum von Pflanzen, noch beeinflussen sie den Schlaf oder den Haarwuchs. Genauso wenig findet sich ein nachweisbarer Einfluss seiner Gravitation und seines Lichts auf die Gesundheit und die Wundheilung.

Trotz der eindeutigen Faktenlage hält sich die Mondgläubigkeit hartnäckig. Nach Aussage des Heidelberger Soziologen Edgar Wunder geht der Mondglaube von „empirisch unhaltbaren Vorstellungen“ aus. Im Alltagsleben werde blindlings an bestimmte Deutungen geglaubt, ohne sie kritisch zu hinterfragen. „Wenn man die einzelnen Thesen wissenschaftlich prüft, kommt hinten nichts bei raus. Mir ist keine einzige Behauptung bekannt, die einer empirischen Prüfung standgehalten hätte.“

Für die „ganz Überzeugten“ sei das Leben im Rhythmus des Mondes indes eine Möglichkeit, den Alltag zu strukturieren. „Wann soll ich was tun? Es würde Energie und Zeit kosten, das zu organisieren. So ist es durch einen Kalender schon vorgegeben. Mir bleibt die Arbeit erspart, mich zeitlich zu sortieren. Das ist eine Hilfe und Erleichterung, auch wenn das zugrunde liegende System objektiv falsch ist.“