Borgward, hier auf dem Genfer Automobil-Salon, will einen Neustart in Stuttgart Foto: dpa

Die Autolegende Borgward lebt wieder auf, Stuttgarts dritter Autohersteller könnte sich auf dem früheren IBM-Areal in Vaihingen niederlassen. Was da Anfang März verhießen wurde, klang geradezu fantastisch. Rund einen Monat später hat die Stadt kein Signal, dass das Märchen Realität wird.

Stuttgart - Kein Besuch von Christian Borgward, dem Enkel des Autopioniers Carl Friedrich Wilhelm Borgward, noch nicht einmal eine schriftliche Konzeptstudie: Anderthalb Monate nach den Ankündigungen, dass die traditionsreiche Automarke Borgward neu entstehen und in Stuttgart heimisch werden soll, wartet die Stadtverwaltung noch immer auf klare Zeichen, dass die Realisierung näher rückt.

Und nach wie vor ist offen, was aus dem früheren IBM-Areal mit den denkmalgeschützten Bauten vom Reißbrett des berühmten Architekten Egon Eiermann wird.

Im Dezember hatten die zuständigen Bürgermeister zwar Besuch gehabt. Aber nicht von Christian Borgwad, welcher der Automarke seines Großvaters mit Hilfe des chinesischen Lkw-Hersteller Foton zu einem Comeback verhelfen will. Man habe ausschließlich mit Anwälten geredet, die eine Power-Point-Präsentation an die Wand warfen, sagte Städtebaubürgermeister Matthias Hahn (SPD). Danach nahmen die Anwälte die Datei wieder mit.

Denkmalgeschützte Eiermann-Gebäude sollen erhalten bleiben

Immerhin: Die Besucher hatten mitgeteilt, dass sie die vier denkmalgeschützten Eiermann-Gebäude erhalten und maßvoll umbauen wollen, im gebührenden Abstand ein weiteres Gebäude für Forschungszwecke und als hochwertige Werkstatt für den Bau von Prototypen errichten wollen, erinnert sich Hahn. Für weitere Teile des großen Areals hätten sie eine gemischte Nutzung und Wohnungen angesprochen. Man habe keinerlei Verabredungen getroffen. Die Verwaltung ist aber nicht abgeneigt.

Die Idee rund um Borgward passe durchaus zu den Planungsüberlegungen der Stadt, sagt Hahn, „das könnte eine Option sein“. Er sowie der Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU) nehmen an, dass die Ansiedlung der geplanten Firmenzentrale sich ohne planungsrechtliche Probleme realisieren ließe. Das ist nicht unbedingt der Fall bei der Vermarktung der übrigen Flächen auf dem Areal. Andererseits hat die Stadt nach einem wissenschaftlichen Kolloquium zur Frage der Nutzung des alten IBM-Areals schon selbst Möglichkeiten aufgezeigt.

Föll ist im Grundsatz „erfreut“ von der Idee, die von den Anwälten vorgetragen wurde. Allerdings sei der Vortrag nicht sehr konkret gewesen. Den Ansatz nennt er „interessant“. Ob er tragfähig sei, müsse sich zeigen. Die Betreiber seien jedoch seriös und auch finanzstark. „Unternehmerisch ist das Vorhaben sehr ambitioniert“, sagt Föll auch.

Vor der Realisierung stünde der Grundstückshandel, und dabei hat die Hamburger Bank DG Hyp die Schlüsselrolle. Sie ist Hauptgläubigerin der früheren Grundstückseigentümer um das Unternehmen CB Richard Ellis, das das Areal 2008 von dem nach Böblingen abgewanderten Computerriesen IBM übernommen und bei der Vermarktung Schiffbruch erlitten hatte.

Bislang hat kein Interessent für das Areal angebissen

Auch nach dem Insolvenzantrag 2009 hat kein Interessent für das Areal angebissen. Die Stadt Stuttgart sorgte 2013 dafür, dass ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet wurde, weil sie an ihr zustehendes Geld, vor allem aus der Grundsteuer, kommen wollte. Inzwischen haben die Gläubigerbanken die Forderung der Stadt in Höhe eines siebenstelligen Betrags vollständig erfüllt. Die DG Hyp habe das Verfahren gestoppt, sagt Föll.

Liegt das daran, dass die DG Hyp und Foton vor dem Abschluss stehen? Dazu gibt der Pressesprecher der DG Hyp keine Auskunft. Es könnte auch sein, dass die Bank nur die Erstellung eines Wertgutachtens im Zuge der Zwangsversteigerung verhindern wollte. Denn das Gutachten könnte die DG Hyp beim Poker um den Kaufpreis viele Millionen kosten.

Vor Jahren wurde spekuliert, dass das Areal CB Richard Ellis zum stark überhöhten Preis von 83 Millionen Euro gekauft worden sein könnte. Später, nach dem Insolvenzantrag, soll versucht worden sein, die Fläche für rund 35 Millionen zu verwerten. Doch das könnte auch noch dreimal so viel sein, wie das Areal wirklich wert sei, meinen manche Beobachter. Die Stadt lasse jetzt auf eigene Veranlassung ein Gutachten erstellen, heißt es in Gemeinderatskreisen.

Ein Verfahren für einen neuen Bebauungsplan ist von der Stadt vor rund einem Jahr vorläufig wieder eingestellt worden. Ein weitergehendes Baurecht hätte den Kaufpreis erhöht – für die Stadt, aber auch für andere Interessenten, die sich der rund 100 Millionen Euro teuren Sanierung und der Verwertung des Geländes stellen wollen.