Auf Höhe der Hausnummer 12 (rechts) sind die neuen Parkplätze entstanden. Die Markierung soll alsbald erfolgen. Foto: Eveline Blohmer

Bezirksbeirat und Anwohner der Neuhauser Straße sind mit den wechselseitigen Parkplätzen als zweite Maßnahme gegen das Gehwegfahren nicht zufrieden. Ein höherer Bordstein könnte ihrer Meinung nach die Situation entschärfen.

Plieningen - Der Autofahrer hat den Jungen auf dem Kettcar im letzten Moment gesehen. Mit quietschenden Reifen ist er gerade noch zum Stehen gekommen. Der Bub war allerdings nicht auf der Fahrbahn der Neuhauser Straße unterwegs, sondern auf dem Gehweg vor seinem Elternhaus. Da dieser einen sehr niedrigen Bordstein hat, wollte der Autofahrer dem Gegenverkehr mit einem Lenkmanöver aufs Trottoir ausweichen. So hat es der Nachbar Wolfgang Hoepfner beobachtet.

Die Anekdote hat er in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats erzählt. Und damit die seit dem Umbau der Neuhauser Straße schwelende Debatte um die Gefahrenlage für Fußgänger auf dem Abschnitt zwischen Bernhauser Straße und Wilhelm-Hertig-Weg befeuert. Das Tiefbauamt hatte im Frühjahr 2014 die Fahrbahn verengt, um auch stadteinwärts einen Gehweg zu bauen. Das Ergebnis: Seither weichen einige Autofahrer auf die Gehwege aus, wenn sie sich auf der engen Straße begegnen.

Die Autofahrer lassen sich nicht vom Gehweg abhalten

Auf die ersten Beschwerden hin hatte die Stadt gleich reagiert und ein Parkverbot auf den ersten Metern der Straße angeordnet. Viel gebracht hat das laut den Anwohnern nicht. Nun wurden als zweite Maßnahme zur Entschärfung der Lage eine Handvoll Parkplätze ortsauswärts (auf Höhe der Hausnummer 12) genehmigt, wo früher nicht geparkt werden durfte. Mit dem Ziel, dass die Autos durch das wechselseitige Parken ausgebremst werden. Nach Ansicht einiger Anwohner und Bezirksbeiräte wurde das Ziel verfehlt. Das zeige das Beispiel mit dem Jungen auf dem Kettcar, sagt Hoepfner. Die Autofahrer lenken weiterhin auf den Gehweg.

Einige Bezirksbeiräte bemängelten in der vergangenen Sitzung, dass die nun auf der rechten Seite ortsauswärts parkenden Autos die Sicht versperrten, was die Lage noch gefährlicher mache. Sie pochten darauf, dass das Ordnungsamt schnell eine andere Lösung findet. Vorschläge haben sie bereits gemacht, etwa eine Einbahnregelung für die Straße. Diese wäre auch den Anwohnern, mit denen er im Kontakt steht, am liebsten, bestätigt Wolfgang Hoepfner. Bezirkschefin Andrea Lindel gibt zu bedenken: „Das würde den Verkehr verlagern, und die Autos würden dafür vielleicht schneller durch die Straße brezeln.“

Der jetzigen Lösung eine Chance geben

Die Ideen der Bezirksbeiräte werden aber weiter geprüft, versprach Lindel in der Sitzung. Trotzdem müsse man erst mal der jetzigen, noch neuen Lösung eine Chance geben. Die Parkplätze seien noch nicht mal markiert, das werde alsbald nachgeholt.

Die von einem Bezirksbeirat vorgeschlagene Variante, die Bordsteine wieder hochzubauen, ist auch für Anwohner Wolfgang Hoepfner die klügste. Warum sie so niedrig gebaut wurden, leuchtet ihm nicht ein. „Aber die Stadt spricht ja nicht mit uns“, kritisiert er. Diese Variante gefällt auch Lindel. Allerdings glaubt sie nicht, dass nachgebessert wird. Immerhin würde das Tiefbauamt so eingestehen, dass die flachen Gehwege eher unglücklich sind.

Das Amt argumentiert mit der Optik, aber auch mit der anstehenden Verkehrsberuhigung. Die Bordsteinhöhe von drei Zentimetern wurde an den Ortskern angepasst, erklärt Planungsabteilungsleiter Daniel Hartenstein. Das sei zukunftsträchtig, da die Neuhauser Straße entlastet werden soll. Und zwar, wenn die Ortsumfahrung gebaut wird. Da deren Bau aber auch vom Projekt Stuttgart 21 abhängt, ist der auf 2017 angesetzt Baubeginn noch ungewiss.

Kommentar zur Neuhauser Straße: Zu weit gedacht

Kommentar: Zu weit gedacht

Es ist wirklich eine Farce. Da werden in vermutlich stundenlanger Arbeit Lösungen für die Beruhigung der Neuhauser Straße geprüft, die nicht nötig wären. Nämlich dann, wenn die Bordsteine des betroffenen Abschnitts höher wären. Dem Schwaben ist sein Blechle doch heilig, Felgen inklusive. Das Tiefbauamt hat bei seiner Planung zu weit gedacht. Selbst wenn tatsächlich 2017 mit dem Bau der Umgehung begonnen wird, kann in dieser Zeit noch viel passieren. Die Optik ist da zweitrangig. Wenn die Umfahrung da ist, hätte vermutlich jeder Plieninger damit leben können, dass die Bordsteine höher sind als die an der Filderhauptstraße. Das Tiefbauamt sollte keinen falschen Stolz an den Tag legen: Wenn es sich tatsächlich als beste Lösung entpuppt, müssen die Gehwege eben höhergezogen werden. Eine Einbahnregelung etwa wäre der unverhältnismäßig höhere Aufwand, würde für größere Umstände beziehungsweise Umwege sorgen und viel mehr Menschen betreffen als jetzt von der Gefahr betroffen sind.

Die höheren Bordsteine wären eine wirklich gute Lösung. Irgendwo muss der Schutz vor Rowdies allerdings tatsächlich seine Grenzen haben. Denn am Ende sind es nur die Autofahrer, die sich falsch verhalten. Sie müssen vor allem ernsthaft über ihren Fahrstil nachdenken.