Im Juni 2016 befassen sich Interessierte bei der „informellen Bürgerbeteiligung“ mit dem künftigen Rosensteinquartier. Jetzt kommt der Ruf nach weiterer Beteiligung. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn erntet erneut Gegenwind nach seinem Gedankenspiel für eine bauliche Kombilösung am Straßburger Platz – mit Konzerthaus, Kongresszentrum und Linden-Museum. Hier müsse man wichtigere Ziele verfolgen, heißt es jetzt.

Stuttgart - OB Fritz Kuhn (Grüne) hat erneut Gegenwind bekommen: Nach dem Verein Aufbruch Stuttgart übte auch die Interessengemeinschaft (IG) Bürger für Baden-Württemberg Kritik an Kuhns neuer Beschlussvorlage zur Entwicklung des Rosensteinquartiers, die die IG seit zwei Jahren beschäftigt. Der Vorsitzende Jochen Hammer mahnte in einem offenen Brief Verbesserungen in einer Vielzahl von Detailpunkten an. Immerhin: Dass in dem OB-Papier nun ernsthaft versucht werde, sämtliche Themen des sehr komplexen Stadtentwicklungsprojektes abzuarbeiten, sei ja sehr erfreulich. Recht grundsätzlich – und pointierter als der Verein Aufbruch Stuttgart – stellt die IG aber die Gedankenspiele der Verwaltungsspitze für ein neues Kulturquartier neben dem Hauptbahnhof infrage. Sie bemängelt nicht nur, dass die Verwaltung vor einer Bürgerbeteiligung eine Kombination von Konzerthaus, Kongresszentrum und Linden-Museum am Straßburger Platz anpeilt, sondern bezweifelt auch die Sinnhaftigkeit.

„Entsteht so ein lebendiges oder eher ein über viele Stunden des Tages totes und geschlossenes Quartier?“, fragte der Architekt (FH) Hammer, de das Gelände des Rosensteinquartiers begrifflich vom Europaviertel mit dem Kulturquartier trennen will. Das Ziel eines lebendigen Stadtviertels mit guter sozialer Durchmischung müsse oberste Priorität haben. Unliebsame Brennpunkte von Straßenkriminalität und Durchmischung gelte es zu vermeiden. Diesen Zielen müsse sich auch die große Kultur unterordnen.

Sorge um die weitere Beteiligung der Bürger

Eine Kombination von Kongresszentrum und Konzerthaus wäre nach Auffassung der IG zum Beispiel auch am Nordbahnhof bei der jetzigen Logistikfläche für Stuttgart 21 denkbar. Dort werde es eine optimale Anbindung an die Netze von S- und Stadtbahn geben. Hammer vermutet, „dass mal wieder ein Schnellschuss gemacht wurde, ohne nachzudenken, nur um alle Wünsche auf einmal und sofort zu befriedigen“. Besser wäre es, die besten Standorte für die drei Einrichtungen in der gesamten Stadt zu suchen.

Der Zustand der zahlreichen Bahnbauwerke wie Brücken, die nach dem Abbau der Gleise für andere Zwecke erhalten werden könnten, und der Sanierungsaufwand scheinen Hammer „nicht gründlich genug untersucht“ zu sein. Die Verwaltung müsse auch Verwendungsvorschläge liefern. Derartige Ideen könne man nicht einfach von den Teilnehmern des vorgesehenen städtebaulichen Wettbewerbs erwarten. Um das große und sehr abstrakte Vorhaben den Bürgern nahe zu bringen und Details zu diskutieren, brauche man ein großes Geländemodell im Maßstab 1:500.

Hammer ist besorgt, dass die Bürgerbeteiligung und das Versprechen des „Gehörtwerdens“ auf der Strecke bleiben könnten nach der „losen Ideensammlung“ in der informellen Bürgerbeteiligung, die schon stattfand. Außerdem warnt er vor „Geheimverhandlungen“ zwischen der Verwaltungsspitze und dem Verein Aufbruch Stuttgart. Mitzunehmen seien die vielen Beteiligten, die im Forum Rosenstein mitwirkten.