Felix Jünger am Steuer: Der von ihm entwickelte Simulator hat 50 verschiedene Strecken im Angebot. Foto: factum/Bach

50 verschiedene Rennstrecken, 140 unterschiedliche Autos – und alles virtuell: Virtual Racing Lounge heißt ein neues Start-up, das sich auf dem Böblinger Flugfeld angesiedelt hat.

Böblingen - Für ihr Unternehmen kam nur ein Ort infrage: die Motorworld in Böblingen. Virtual Racing Lounge heißt das Start-up von Felix Jünger und Oliver Baßler, das auf dem Flugfeld gelandet ist. Die beiden Motorsportfans bieten Fahrsimulatoren der Marke Eigenbau an, wie es sie ihrer Meinung nach noch nicht gibt. „Es ist wirklich sehr, sehr realistisch“, sagt Felix Jünger über das Fahrgefühl in den Maschinen. Fünf solcher Simulatoren stehen in ihrem Geschäft an der Konrad-Zuse-Straße, und sie haben es in sich: 50 verschiedene Rennstrecken können die Kunden darauf abfahren in 140 verschiedenen Autos. Wer darin Platz nimmt, muss sich sogar anschnallen.

Der Simulator gibt jede Bodenwelle wieder. Lenkt der Steuermann auf den Grünstreifen, wird er durchgeschüttelt. Beim Bremsen drückt der Oberkörper nach vorne, als würde die Schwerkraft tatsächlich ihre Wirkung entfalten, beim Beschleunigen wird der Fahrer in den Sitz gedrückt. Die Bewegungen setzen drei Hochleistungsmotoren um. Sie übertragen die Information aus der Software auf den Sitz. Denn die Rennstrecken werden mit einem Lasergerät eingescannt, das jede Unebenheit aufgreift. Deshalb handelt es sich bei den virtuellen Strecken, die der Simulator bietet, praktisch um das Original. Ausgestattet ist er außerdem mit Komponenten, die in Rennwagen Standard sind – zum Beispiel ein Lenkrad für 3000 Euro, das Gaspedal oder der Sitz.

Über die Playstation sind sie auf simuliertes Rennfahren gekommen

„Unser Ziel war es, einen sehr wirklichkeitsnahen Simulator zu bauen“, erklärt Oliver Baßler. Sechs Jahre haben sie daran gebastelt. Dabei sind die beiden Unternehmer nur insofern vom Fach, als dass der Motorsport ihr Hobby ist. Auf der Rennstrecke lernten sie sich kennen: Den Hockenheimring, Spa, den Sachsenring und den Nürburgring sind sie schon selbst entlanggerast. Aber auf Dauer lässt sich diese Leidenschaft nicht leicht finanzieren. Allein für eine Saison als Rennfahrer in einer kleinen Serie sind mindestens 800 000 Euro nötig, rechnet Felix Jünger vor, der PR- und Kommunikationsmanagement studiert und als Präzisionsfahrer für Film- und Fotoaufnahmen gearbeitet hat. Oliver Baßler (48) ist Elektroinstallateur und Fachwirt für Datenverarbeitung.

„Die Geschäftsidee stand flott“, berichtet Felix Jünger. Über die Playstation sind sie auf das Thema des simulierten Rennfahrens gekommen. Ihre Ingenieurleistung war, die Hardware auf die Software abzustimmen. „Wir wollen der Welt zeigen, was man auf der Rennstrecke erleben kann“, sagt der 29-Jährige. Zum Beispiel, wie es sich anfühlt, wenn man mit einem AMG GT 3 mit 285 Kilometern pro Stunde über die Gerade des Hockenheimrings brettert. Man kann simulieren, wie ein Formel-1-Pilot mit 240 Sachen durch die Eau-Rouge-Kurve von Spa pfeift, die zwar nach einem Bach benannt ist, aber laut Felix Jünger und Oliver Baßler ist dort auch shcon viel Blut geflossen. Und man kann erleben, dass eine Runde auf dem Nürburgring tatsächlich einer Achterbahnfahrt gleich kommt. „Viele trauen sich nicht, dort selbst zu fahren“, sagt Felix Jünger, „wenn man hier abfliegt, drückt man einfach auf Reset.“ Eine halbe Stunde kostet 30 Euro.

Die Feuertaufe haben Felix Jünger und Oliver Baßler bestanden: Ferrari feierte seine 70-Jahr-Jubiläumsfeier auf dem Hockenheimring mit den Böblinger Rennmaschinen. Neben der Vermietung setzen die Unternehmer auf Laufkundschaft. In ihrer mit Stühlen aus Ölfässern und Lampen aus Gokartreifen eingerichteten Virtual Racing Lounge können Motorworld-Besucher das Gaspedal von Edelkarossen durchdrücken, die sie sich in Wirklichkeit nicht leisten können.