Das Einkaufscenter Gerber kämpft um Kunden Foto: dpa

Kurz vor dem ersten Geburtstag soll beim Einkaufszentrum Gerber in der Stuttgarter Innenstadt alles anders werden. Neue Berater und ein neues Konzept sollen die Kundenflaute beenden.

Stuttgart - Das Einkaufszentrum Gerber an der Paulinenbrücke zieht die Notbremse. Nachdem zuletzt die Passantenfrequenzen nicht mehr den Erwartungen (im Schnitt 22 000 Kunden sollten pro Tag kommen) entsprochen haben, ändert das Gerber zunächst im Obergeschoss sein Konzept. Dort nennt man es „Gerber 2.0“ in Anlehnung an den Begriff Web 2.0, eine Geschäftsrevolution in der Computerindustrie.

Kurzum: Es ist eine Kehrtwende nach dem Start der Einkaufsmall vor knapp einem Jahr. Nachdem zuletzt die Frequenz auf durchschnittlich 17 000 Besucher pro Tag gesunken war, monierten bereits viele Ladeninhaber schlechte Geschäfte. Erste Mieterwechsel waren ein weiteres Indiz dafür, dass das Center bei den Stuttgartern nur schwer ankommt. Besucher bemängeln immer wieder einen unzureichenden Mietermix oder die mangelnde Attraktivität der Marken. Tenor der Kritik: Deshalb muss ich nicht extra ins Gerber. Auch der Versuch, durch stark subventionierte Parkgebühren mehr Kunden anzulocken, scheiterte.

Neue, junge Konzepte im monatlichen Wechsel 

Die Trendwende hin zu besseren Geschäften soll jetzt durch das Kopieren eines erfolgreichen Konzepts gelingen. Was Fluxus in der Calwer Passage geschafft hat, soll nun im Gerber funktionieren. Die kleinen, innovativen Läden in der Calwer Passage haben fast schon Kultstatus. Sie sind bei Kunden Inbegriff von Urbanität. Junge Unternehmer und aufstrebende Marken sollen nun auch die Kunden ins Center locken. Dazu hat Gerber-Projektleiter Nils Blömke den Macher des Fluxus verpflichtet: „Hannes Steim soll das Obergeschoss zeitgemäß weiterentwickeln“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerber.

Unter dem Namen „Gerber Upstairs“ will Steim nun sogenannte Pop-up-Boxen installieren. Darunter versteht man kleine, flexible Verkaufsflächen entlang der Laufwege. Sie sollen im monatlichen Wechsel mit neuen, jungen Konzepten bespielt werden. Damit wird das bisherige Konzept des Gerber-Centermanagements unterhöhlt und konterkariert. Denn Helmut Koprian, Chef des Managements und der gleichnamigen Firma Koprian IQ, lehnt gerade solche flexiblen Verkaufsflächen ab.

Jetzt sollen ausgerechnet solche Flächen das Einkaufscenter retten. Ein Gerber-Sprecher dazu: „Die Firma Koprian IQ macht bis auf weiteres das Centermanagement und das operative Geschäft. Aber wir holen eben neue Kräfte hinzu.“

Geplant sind auch kulturelle Veranstaltungen

Gemeint sind der strategische Berater Nils Blömke und Hannes Steim mit seiner Agentur Farbenweis. „In Farbenweis haben wir den richtigen Partner für diese ambitionierte Aufgabe gewinnen können. Hannes Steim hat mit seiner bisherigen Arbeit bewiesen, dass er ein gutes Händchen für richtungweisende Konzepte und Produktionen hat“, sagt Böhmke.

Der Startschuss für das „Gerber 2.0“ fällt am 19. September mit einem Designsupermarkt, der von Farbenweis selbst betrieben wird. Geplant sind zudem kulturelle Veranstaltungen nach dem Vorbild des Fluxus in der Calwer Passage.

Die Fläche für den neuen Laden wurde bisher von dem insolventen Unternehmen Madonna genutzt. Nach und nach sollen weitere neue Läden folgen. Auch im Erdgeschoss. Zwar sind die Flächen im Gerber zu 95 Prozent vermietet, aber mit unzufriedenen Mietern sollen Gespräche über eine Vertragsauflösung geführt werden. „Wir sehen auch da Handlungsbedarf“, heißt es, „denn zum neuen Anspruch passen nicht alle Läden.“ Zudem soll den Besuchern im Erdgeschoss eine neue Anmutung präsentiert werden, um die Aufenthaltsqualität im Center zu verbessern. Außerdem werden Grünpflanzen aufgestellt. Farben haben bekanntlich einen hohen Symbolwert. Die Hoffnung ist grün.