Die Sprache des Tanzes ist universell: Szene aus dem Stück Foto: Alex Wunsch

Neun junge Menschen – und keiner ist wie der andere. Wie soll da ein Miteinander gelingen? Im Jes findet das neue Tanztheaterstück „R.E.S.P.E.C.T.“ auf diese Frage eine temporeiche, witzige und anrührende Antwort.

Stuttgart - Hinfallen, wieder aufstehen. Hinfallen, wieder aufstehen, hinfallen, wieder aufstehen: Mit Karacho fegen neun junge Leute diagonal über die kahle Bühne, schleudern sich der Länge nach auf den Boden, um sich sofort wieder aufzurappeln und neuen Anlauf zu nehmen. Zigmal machen sie das, am Ende sind sie völlig aus der Puste.

Ganz schön anstrengend, das Leben: Trial and error, in allen Bereichen. Vor allem beim Miteinander: Denn keiner ist wie der andere. Da ist der kindlich-aufgeweckte Jona (Jonathan Beck), der aufmüpfige Niklas (Niklas Weise), die zwei Jugendlichen (Beverly Mukunyadze und Najbeer Tarek Hasso), die eine Flucht aus ihrer Heimat hinter sich haben, da ist die stumme Leah (Leah Wewoda) und die Satz-Schleuder Anna (Anna Mülders). Und auch zwischen Kelvin (Kelvin Kilonzo), dem smarten Tänzer, und der mit ihrer Neugier alle nervenden Franzi (Franziska Schmitz) liegen Welten. Und Lin (Lin Verleger), der Breakdancer, ist sowieso außen vor – zu Beginn windet er sich in einem gläsernen Kasten, er kann seinen Dämonen nicht entkommen.

Wie rauft sich dieser bunte Haufen zusammen? Wie kann es gelingen, sich bei dieser Unterschiedlichkeit gegenseitig Respekt zu verschaffen? Was, wenn er verloren geht? Was heißt Respekt überhaupt? Die Darsteller – zwei Tänzer und eine Schauspielerin sowie sechs Jugendliche – haben im neuen Jes-Stück „R.E.S.P.E.C.T“ den Begriff mit den Mitteln des Tanzes und des Schauspiels erforscht. Regie und Choreografie verantwortet ein preisgekröntes Duo: die Jes-Intendantin Brigitte Dethier und der Choreograf Ives Thuwis-De Leeuw.

Die Schläge des Lebens sind schmerzhaft

Das Ergebnis: eine 75-minütige Collage aus Gruppenchoreografien, Breakdance-Soli und Spielszenen, die enormen Drive hat, authentisch, witzig und anrührend ist und den Tanz als universelle Sprache zu nutzen weiß. Unmissverständlich, in entwaffnenden Bildern, wird etwa davon erzählt, wie brutal die Schläge des Lebens sind, wie Angst, Einsamkeit, Unsicherheit, Gruppendynamik den Heranwachsenden zusetzen – und wie heilsam der Halt durch andere ist. Und in knackigen Dialog- und Monolog-Miniaturen durchschauen die Jugendlichen klug die Absurditäten der Erwachsenenwelt und entlarven spielerisch Vorurteile und Klischees.

Auch wenn die Reihung der Szenen etwas mehr Straffung vertragen hätte: „R.E.S.P.E.C.T.“ ist ein starkes Stück für Jugendliche ab 14 Jahren, das auch dank der umwerfenden Energie und Spielfreude der Darsteller mitreißt: Respekt!

Vorstellungen
im Jes am 29. Juni sowie vom 18. bis 22. Juli