Foto: Visualisierung: ECE

Knapp ein Jahr vor der Eröffnung des Milaneo macht der Hamburger Handelsriese ECE ein Geheimnis um Einzelheiten zum Einkaufszentrum. Ein Gespräch mit Jens Jäpel, Geschäftsführer von ECE Development, über den Umgang mit Kritik und Konkurrenz und den Handelsstandort Stuttgart.

Stuttgart - Herr Jäpel, kaufen Sie nur in großen Einkaufszentren ein oder besuchen Sie auch mal den Tante-Emma-Laden um die Ecke?
Ich selbst unterstütze sehr gerne die kleinen Läden um die Ecke. Ich glaube auch nicht, dass große Einkaufszentren diesen Läden Konkurrenz machen. Denn heutzutage ist man nicht auf einen bestimmten Einkaufsstandort fokussiert. Sondern man geht da hin, worauf man gerade Lust hat. In den kleinen Läden findet man oft Sortimente, die es in einem klassischen Center gar nicht gibt.
Bedeutet das, die Kunden wollen ein Einkaufszentrum wie das Milaneo?
Wir sind uns sicher, dass es genügend Besucher gibt, die ins Milaneo kommen wollen und sich über diesen neuen Einkaufstreffpunkt freuen.
Ab wann genau können diese Kunden denn im Milaneo einkaufen?
Einen genauen Eröffnungstermin gibt es noch nicht. Es wird voraussichtlich ein Termin im Herbst 2014 sein.
Wie viele Einheiten haben Sie bisher vermieten können?
Im Moment haben wir schon 85 Prozent der 43 000 Quadratmeter großen Verkaufsfläche vermieten können.
Warum nicht 100 Prozent?
Es wäre gar nicht so gut, wenn wir heute schon zu 100 Prozent vermietet wären. Wir wollen uns immer noch Möglichkeiten offen halten, um nächstes Jahr auch die wirklich aktuellsten Trends anbieten zu können und natürlich auch regionalen Partnern die Chance geben, dabei zu sein.
Welche Marken werden in das Milaneo einziehen?
Wir wollen im neuen Jahr erst den Namen bekannt geben. Dafür brauchen wir aber zunächst die Freigaben und Abstimmungen mit den Mietern.
Das Gerber wirbt damit, viele Marken anzubieten, die in Stuttgart einmalig sind. Wird das im Milaneo auch so sein?
Das wird auch im Milaneo so sein. Wir wollen für die Stuttgarter etwas ganz Besonderes schaffen. Letztlich sind wir ein Baustein des gesamten Konzepts der Innenstadt. Dazu gehören die Königstraße, das Milaneo, das Gerber und das Dorotheenquartier. Das Ziel ist, die Stuttgarter Innenstadt noch attraktiver und anziehender zu gestalten.
Kann man sagen, wie viele Marken neu in Stuttgart sein werden?
Heute können wir keine konkreten Namen benennen. Und wir dürfen unseren Mietpartnern nicht vorgreifen. Sicher ist aber, dass es viele Händler erstmalig mit uns nach Stuttgart ziehen wird. Darüber hinaus gibt es auch bekannte Marken, die selbst neue Konzepte entwickelt haben und nun mit mehreren Linien starten können.
Also werden doch nur wieder Ableger von schon bestehenden Marken einziehen?
Nein, wichtig ist der ausgewogene Mix. Unsere Kunden wollen sowohl Läden, die sie kennen, und Marken, bei denen sie schon einmal gekauft haben, als auch neue Konzepte entdecken. So macht doch Einkaufen und Bummeln erst Spaß.
Wie bekommen Sie den gewünschten Mietermix? In der Branche ist von sanftem Druck die Rede, den Sie anwenden, um die richtigen Mieter anzulocken.
Nein. Man kann keinen Mieter zwingen. Die Händler wissen genau, wo man am besten Geschäfte macht. Wir haben im Milaneo 200 Geschäfte und können damit für jeden einen geeigneten Platz im passenden Umfeld bieten. Es ist unsere Aufgabe, aus allen Branchen die richtigen Mieter auszuwählen und zwischen Ankermietern und kleinen Shops zu variieren. Das geht nur, indem man sich offen mit den Mietpartnern austauscht und für jedes Konzept einschätzen kann, wo der beste Platz im Center ist. Dabei hilft uns die Erfahrung aus unseren anderen Centern.
Sehen Sie das Gerber und das Dorotheenquartier als Konkurrenz?
Wir sind davon überzeugt, dass in der Innenstadt genug Potenzial für alle Konzepte ist. Bisher konnten sich bestimmte Konzepte nicht in der Innenstadt ansiedeln, da zum Beispiel die Flächen in der Königstraße begrenzt sind. Anhand der hohen Vermietung sieht man, dass der Bedarf da war.
Der Bedarf der Mieter war vielleicht da, aber gibt es auch genügend Kaufkraft?
Kein Mieter würde einen Laden eröffnen, wenn er nicht davon ausginge, damit Geld zu verdienen. Stuttgart hat das Potenzial. Es kann natürlich passieren, dass es bei Randbereichen zu Verschiebungen kommt. Das Wichtige ist aber, die Innenstadt zu stärken. Zusätzlich muss man die Vision haben, dass hier eine Innenstadterweiterung stattfindet.
Können Sie die Ängste der Einzelhändler in der Innenstadt verstehen, die Verluste fürchten?
Oft sind die Immobilieneigentümer kritisch und nicht die Händler. Denn die Händler mögen Wettbewerb. Je mehr Angebote es gibt, desto mehr Leute kommen in die Stadt. Die Königstraße ist eine der stärksten Einkaufsstraßen in Deutschland. Das werden weder Gerber noch Milaneo mindern. Es wird eher so sein, dass die Innenstadt gesamteinheitlich gestärkt wird.
Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn sprach dennoch davon, dass Projekte wie das Milaneo eine Innenstadt zerstören können.
Wir haben eine tolle Zusammenarbeit mit den städtischen Vertretern, wir haben und hatten eine starke Unterstützung durch die Wirtschaftsförderung. Auch wenn Herr Kuhn als Person das Projekt kritisiert, setzt er als Chef der Verwaltung die Maßnahmen um. Denn es existiert entsprechendes Baurecht. Ohne die Handelsflächen würde es die mehr als 400 Wohnungen, welche die BHG entwickelt, im Milaneo nicht geben, die dadurch subventioniert werden. Es wird leider immer außer Acht gelassen, dass es sich beim Milaneo um eine Quartiersentwicklung mit Hotel, Büro, Wohnungen und Gastronomie handelt.
Werden Sie sich trotz der Kritik auch vonseiten der City-Initiative engagieren und den Standort Stuttgart mit weiter entwickeln?
Natürlich. Wir haben bereits Kontakt mit der City-Initiative aufgenommen. Wir wollen eng zusammenarbeiten, wenn das vonseiten der City-Initiative gewünscht ist.
78 Prozent des Milaneo (Einzelhandel) gehören der Hamburg Trust, nur 22 Prozent der Familie Otto, zu der auch die ECE gehört. Damit trägt die Familie kaum ein Risiko. Hat sie kein Vertrauen in den Standort?
Wir reden über eine Familie, über Privatunternehmer. Das ist ein großes Bekenntnis zum Standort. Aber das Interesse war auf Käuferseite sehr groß, was ja auch wieder für den Investitionsstandort Stuttgart spricht. Für uns war wichtig, dass der Investitionsmarkt auf das Produkt anspricht, und das hat er gemacht. Die Familie wollte aber auch beteiligt bleiben. Sie ist oft über 40 Jahre oder länger Partner der Standorte. Als Management-Gesellschaft steht die ECE ohnehin langfristig in der Verantwortung für das Milaneo.
Wie wollen Sie ein Verkehrschaos auf der Heilbronner Straße verhindern?
Es gab ein Verkehrsgutachten und daraufhin sind Maßnahmen beschlossen worden. Wir arbeiten gemeinsam mit der Stadt an einem gesamtstädtischen Parkleitsystem, an dem wir uns auch im sechsstelligen Bereich finanziell beteiligen werden. Damit wird der Parksuchverkehr gemindert, weil man sofort sieht, in welchem Parkhaus noch etwas frei ist. Außerdem werden die Straßen so ausgebaut, dass es zu keinem Verkehrschaos kommt. Wir wollen natürlich, dass der Kunde sich leicht zurechtfindet.
Sie wollten mehr als die 1680 Parkplätze, die nun entstehen. Was machen Sie, wenn das Parkhaus voll ist?
Wir hätten gerne mehr Parkplätze gehabt, aber es gibt ja beispielsweise auch bei der LBBW ein Parkhaus. Des Weiteren sind wir hervorragend über den ÖPNV angebunden. Wir wollen den Austausch mit der Königstraße, deshalb hoffen wir, dass die Kunden flanieren und sich die Plätze im neuen Viertel erlaufen.
Gibt es Ermäßigungen im Parkhaus?
Das entscheiden die Mieter, ob Sie Vergünstigungen anbieten. Der Parkhausbetreiber orientiert sich an den üblichen Parkhausgebühren der Innenstadt. Es war eine Auflage der Stadt, dass es kein gebührenfreies Parken geben wird.
Wie werden die Öffnungszeiten aussehen?
Wir haben einheitliche Öffnungszeiten von 10 bis 20 Uhr. Man muss auf die Anwohner und Beschäftigten in den Läden Rücksicht nehmen. Aber die Gastronomie mit direkter Außenanbindung kann im Einzelfall länger geöffnet sein.