Ein Verfechter politischer Themen und kontroverser Debatten: Burkhard C. Kosminski Foto: Nationaltheater Mannheim

Am Freitagabend hat eine Findungskommission den möglichen neuen Chef für das Schauspielhaus in Stuttgart verkündet: einen erfahrenen Theaterlenker vom Nationaltheater, Burkhard C. Kosminski.

Stuttgart - Eines wird der designierte Intendant Burkhard C. Kosminskiin den Interviews, die er in nächster Zeit führen wird, nicht sagen können: „Es gibt nichts Fremderes als Stuttgart“. Mit diesem Satz hatte Armin Petras einst Schlagzeilen gemacht, bevor er seine Intendanz 2013 in Stuttgart überhaupt antrat. Oft genug hat er danach betont, dass genau dieses Fremde ihn aber reize und dies mit Inszenierungen in der Region handelnder Stoffe wie Hauffs „Das kalte Herz“ gezeigt. Dann aber hat Petras im Herbst 2016 verkündet, aus privaten Gründen bereits 2018 statt 2021 das Theater zu verlassen.

Burkhard C. Kosminski (56), den eine mehrköpfige Findungskommission jetzt eilig am Freitagabend in einer Mitteilung einstimmig als neuen Intendanten empfiehlt, ist sowohl Stuttgart als auch das Land nicht fremd. Er wurde 1961 im baden-württembergischen Schwenningen geboren. Ins Badische, nach Mannheim kam er 2006 – nach einem New-York-Ausflug, um Schauspiel und Regie zu lernen. Und nach seiner Zeit als leitender Regisseur in Düsseldorf. Die Schauspielsparte des Mannheimer Nationaltheaters leitet Burkhard C. Kosminski also seit nunmehr elf Jahren. Und er steht seit 2006 auch einem Festival vor, das dem berühmtesten schwäbischen Dichter gewidmet ist: Friedrich Schiller.

Die Schillertage bringen aktuelles Debattentheater

Die Schillertage dürften Kosminski am Herzen liegen. Weil er Autoren schätzt: In Mannheim hat Kosminski sich für die Förderung von zeitgenössischen Dramatikern eingesetzt. Und weil er wie Friedrich Schiller leidenschaftlich klare politische Ansagen schätzt. So stehen in diesem Jahr die Schillertage unter dem Motto Freiheit: „Die Forderung von Populisten und Extremisten nach einfachen Lösungen ist ein Ausdruck der tiefen Erosion des Freiheitsbegriffs“.

Sich rasch und nachdrücklich zu tagespolitischen Ereignissen zu äußern, damit hat Kosminski zuletzt auch überregional auf sich aufmerksam gemacht. Etwa, indem er bekannte Schauspieler zu Lesungen zum Thema Migration und Flucht bat. Der in Stuttgart gut bekannte Regisseur Volker Lösch inszenierte ein Stück zum Thema Flüchtlinge. Und Nicolas Stemann hatte schon 2014 bei dem in Mannheim stattfindenden Festival „Theater der Welt“ mit „Die Schutzbefohlenen“ einen Text über Fremde von Elfriede Jelinek uraufgeführt.

Große Nähe zum Publikum und zur Stadtgesellschaft

Diese Haltung, auch die Nähe zum Publikum (mit der Einrichtung einer Mannheimer Bürgerbühne etwa), mag die Findungskommission zur Zustimmung zu dem Kandidaten bewogen haben, die am 24. April vom Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater noch bestätigt werden muss. Theresia Bauer, Baden-Württembergs Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sagt: „Seine Ideen für die Verpflichtung von prägenden Künstlern und Künstlerinnen sowie die Bereitschaft zu internationalen Koproduktionen einerseits und die künstlerische Auseinandersetzung mit Fragen der Stadtgesellschaft andererseits, sind klar und überzeugend.“

Dennoch ist die Entscheidung für Kosminski eben eine, die nicht auf Glamour und Renommee abzielt. Armin Petras war mehrfach zum Theatertreffen eingeladen, unter seinem Namen Fritz Kater zum Dramatiker des Jahres gewählt worden. Und er holte ein Ensemble nach Stuttgart, das zu den besten der deutschsprachigen Bühnen zählt, lud zudem Regisseure wie Jan Bosse, Robert Borgmann oder Frank Castorf ein, deren Arbeiten man sonst nur in Theatermetropolen wie Hamburg, Wien, Berlin sehen kann.

Dass man den Mangel an Überregionalität im Ministerium und im Rathaus offenbar spürt, zeigen Details in Kosminskis Künstlerbiografie, welche der offiziellen Mitteilung am Freitag beigegeben war. Muss man einen Intendanten in spe, der ja auch Regie führt, mit dessen „Nominierungen“ (denen aber eben keine Einladung gefolgt ist) zum Berliner Theatertreffen anpreisen? Das ist unwürdig. Auch wenn die Arbeiten von Kosminski von Engagement geprägt, aber selten ästhetisch aufregend waren, darf man gespannt sein, wie dezidiert er sich ästhetischen und gesellschaftlichen Fragen widmen und welche Künstler er nach Stuttgart bringen wird.