Harte Linie im Umgang mit Kritikern: Der türkische Präsident Erdogan Foto: dpa

Jetzt hat die Erdogan-Justiz auch eine deustche Journalistin unter demütigenden Umständen inhaftiert. Der Fall zeigt eine neue Qualität im Umgang mit Kritikern, meint unser Redakteur Rüdiger Bäßler.

Istanbul - Jetzt ist es also passiert. Mesale Tolu ist die erste deutsche Journalistin, die das Erdogan-Regime ins Gefängnis hat werfen lassen. Dass es mitten in der Nacht geschah, ohne Rücksicht auf ein Kleinkind, gehört wohl zum beabsichtigten Effekt der Abschreckung auf andere Regimekritiker. Der Fall, über den die Bundesregierung unter Missachtung geltenden Völkerrechts nicht einmal informiert wurde, lässt alles verblassen, was die Berliner Diplomatie bisher schon erregte: Reisebehinderungen für Journalisten, entzogene Akkreditierungen und damit verbundene Ausweisungen wie im Fall des „Spiegel“-Korrespondenten Hasnain Kazim. Sogar die Inhaftierung des „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel im Februar ist wegen dessen doppelter Staatsbürgerschaft, die den uneingeschränkten Schutzanspruch deutscher Staatsbürger im Ausland abschwächt, nicht ganz vergleichbar.

Erdogan testet den Widerstand

Die Inhaftierung Yücels scheint aber ein Vorspiel gewesen zu sein, eine Probe Erdogans für die deutsche Diplomatie, deren Widerstand sich als lahm erwies. Die Deutsche Mesale Tolu ist die Leidtragende. Nun muss die Bundesregierung massiv werden. Wenn diese Journalistin nicht geschützt werden kann, dann womöglich auch kein anderer Deutscher, der sich künftig in der von Hybris und Verfolgungswahn ergriffenen Türkei auffällig macht.