Gemischtes Doppel: Jens Gerlach und Barbara Rittner wollen das deutsche Tennis voranbringen Foto: dpa

Im deutschen Damen-Tennis beginnt eine neue Ära: Barbara Rittner übergibt nach 13 Jahren das Zepter an Jens Gerlach. Der Stuttgarter steht in einem besonderen Verhältnis zu Rittner: Seine Vorgängerin ist zugleich seine neue Chefin.

Stuttgart - Es ist eher ungewöhnlich, dass bei der Vorstellung eines Trainers der Neue von seinem Vorgänger flankiert wird. Oder von seiner Vorgängerin. So geschehen am Dienstag in Stuttgart, wo der Deutsche Tennis Bund (DTB) den künftigen Teamchef des Fedcup-Teams der Öffentlichkeit präsentierte. Jens Gerlach heißt der Mann, der nach 13 Jahren das Zepter von Barbara Rittner übernimmt. Die bei ebenjener Vorstellung vom Pressesprecher des DTB auch noch dazu aufgefordert wurde, ihrem Nachfolger „ein paar Tipps zu geben“.

Klingt nach Höchststrafe. Doch Jens Gerlach lächelte freundlich darüber hinweg. Schließlich ist Rittner nicht nur die Ex-Teamchefin, sondern auch seine neue Chefin – da dürfen gute Ratschläge schon mal erlaubt sein. „Sie hat sehr viel Erfahrung und kennt die Mädels seit Jahren“, sagte der 44-Jährige und stellte zugleich klar: „Die sportliche Verantwortung für das Team liegt künftig bei mir.“

Im neu geschaffenen Posten des Head of Women’s Tennis – dem Pendant zu Boris Beckers neuem Job bei den Männern – füllt Rittner künftig die Rolle einer Art Sportvorstand aus, mit dem Schwerpunkt auf Nachwuchsarbeit. Am Stützpunkt in Stammheim soll die 44-Jährige ein neues Konzept für den Spitzensport entwickeln und junge Spielerinnen an das A-Team heranführen. Der DTB stellt sich also neu auf – und zieht eine schärfere Trennlinie zwischen Nationalteam und Jugendarbeit.

Diszipliniert, zielstrebig und unbelastet

Rittner selbst hat den gebürtigen Stuttgarter für ihren alten Job vorgeschlagen. Auf Grund seiner „disziplinierten und zielstrebigen Art“ und seiner Gabe, in einem Team Zusammenhalt erzeugen zu können. Das hat Gerlach unter anderem als Nationaltrainer beim britischen und beim Schweizer Verband unter Beweis gestellt. Auf eine große Spielerkarriere kann der in Schwangau im Allgäu lebende Familienvater nicht zurückblicken. Seine größten Erfolge feierte er mit der Herrenmannschaft der STG Geroksruhe in der zweiten Tennis-Bundesliga. Gerlach ist ehrlich: „Für eine Profikarriere war ich definitiv zu schlecht.“

Was nicht bedeutet, dass er deshalb ein schlechter Coach wäre – im Gegenteil. Das Beispiel Jungtrainer ohne Spielerkarriere macht ja auch im Fußball gerade Schule. Der studierte Sportökonom besitzt die A-Lizenz und darf sich auch einen Grand Slam Titel auf die Fahnen schreiben. 2004 gewann sein Schützling Anastasia Myskina mit ihm als Trainer die French Open.

Zu dieser Zeit kümmerte sich der Schwabe nicht nur um das sportliche Vorankommen der jungen Russin. Fast anderthalb Jahre waren die beiden auch privat ein Paar. Was die Geschichte kurios macht, ist die Tatsache, dass die berufliche Liaison erst so richtig in Fahrt kam, als die beiden ihre Liebelei schon wieder beendet hatten. Bis auf Platz zwei der Weltrangliste stieß Myskina unter Gerlach vor, der zuletzt als Privattrainer von Vera Zvonareva seine Brötchen verdiente.

Gerlachs Vergangenheit auf der Geroksruhe

Viel hätte nicht gefehlt, und Gerlach würde jetzt mit der nächsten Russin durch die Welt touren – hätte nicht der DTB angefragt. Aus Sicht des Verbandes bringt der Stuttgarter einen großen Vorteil mit: Er steht der deutschen Mannschaft unbelastet gegenüber. Noch nie hat er eine Spielerin aus dem aktuellen Kader betreut, weshalb ihn DTB-Präsident Ulrich Klaus schon einmal vorwarnt: „Der Job mit den Damen ist nicht immer einfach.“

Trotz aller Erfolge und der viel beschworenen Harmonie: Hinter den Kulissen herrschte zwischen Angelique Kerber, Andrea Petkovic, Julia Görges und Co längst nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Gerlach weiß hoffentlich, auf welches Abenteuer er sich da ab Februar einlässt, wenn die erste Runde der Weltgruppe ausgespielt wird (die Auslosung dazu findet am heutigen Mittwoch statt). Wenn nicht, gibt es ja noch die Tipps von Barbara Rittner. Ihr wichtigster lautet: „Nie was persönlich nehmen!“