Waldorfschule Uhlandshöhe: Hier soll ein Lehrer vor fünf Jahren Schüler misshandelt haben. Foto: Kraufmann

Ein Lehrer der Waldorfschule Uhlandshöhe soll Schüler vor fünf Jahren misshandelt haben. Die Schule hat sich längst von dem Pädagogen getrennt. Warum sind die mutmaßlichen Verfehlungen allerdings erst jetzt bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt worden?

Stuttgart - Ein Lehrer der Waldorfschule Uhlandshöhe soll Schüler vor fünf Jahren misshandelt haben. Die Schule hat sich längst von dem Pädagogen getrennt. Warum sind die mutmaßlichen Verfehlungen allerdings erst jetzt bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt worden? Dieser Umstand wirft Fragen auf.

Hätte das Arbeitsgericht Stuttgart nicht im Jahr 2012 die Vorwürfe gegen den Pädagogen nicht an die Staatsanwaltshaft weiterleiten müssen? Damals wurde dem Lehrer gekündigt, weil er Kinder angeschrien, an den Schultern gepackt und geschüttelt haben soll. Gegen die Kündigung legte der Lehrer Kündigungsschutzklage ein. „Nein, automatisch leiten wir solche Vorwürfe nicht weiter“, sagt Magarete Berchtold, stellvertretende Sprecherin des Arbeitsgerichts. Weitergeleitet würden Beschuldigungen nur , wenn sich aus einem Verfahren der begründete Verdacht auf das Vorliegen einer Straftat ergibt. Dann sei die Staatsanwaltschaft selbstverständlich verpflichtet, den Sachverhalt zu untersuchen. Ansonsten müsste bei fast jeder verhaltensbedingten Kündigung der Staatsanwalt eingeschaltet werden, da sich die Parteien wechselseitig irgendwelcher Verfehlungen beschuldigten.

Anschreien ist kein Ermittlungsgrund

Und selbst wenn damals die Vorwürfe, Kinder zu schütteln und anzuschreien, an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet worden wären, hätte die nicht automatisch ermittelt. „Bloßes Anschreien ist kein Ermittlungsgrund, es sei denn, es wäre dadurch zu einem Hörsturz gekommen“, sagt Pressestaatsanwalt Jan Holzner. Beim Schütteln verhält es sich ähnlich: Auch dabei kommt es darauf an, wie stark ein Schüler geschüttelt wird und welche Folgen das für ihn hat.

Und warum haben sich Schule und Eltern nicht an die Staatsanwaltschaft gewandt? Christoph Kühl, Mitglied des Schulvorstands, geht offen mit den Vorwürfen gegen den ehemaligen Kollegen um. Dass sich Eltern erst jetzt an die Staatsanwaltschaft gewandt haben, hängt seiner Meinung nach damit zusammen, dass es 2011, als der Lehrer erstmals in der Kritik stand, nicht um Misshandlungen gegangen sei. „Da die Schüler nicht verprügelt wurden, haben die Eltern die mutmaßlichen Verfehlungen nicht angezeigt“, sagt Kühl, und die Schule habe den Wunsch der Eltern respektiert, die Sache mit Rücksicht auf die Kinder ebenfalls nicht weiter zu verfolgen.Deshalb hat die Schulleitung im Laufe des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht nach eigener Aussage auch einer Aufhebung des Arbeitsverhältnisses in beiderseitigem Einvernehmen zugestimmt.

Vorwürfe werden neu aufgerollt

Dass die Vorkommnisse nun doch aufgerollt werden, liegt laut Kühl daran, dass ein Schüler, der damals etwa acht Jahre alt war und mittlerweile eine Realschule besucht, erst jetzt in einem Gespräch gestanden haben soll, dass wohl doch mehr als bisher angenommen worden ist, vorgefallen sei. „Die Mutter hat mich über ihre Strafanzeige informiert“, sagt Kühl.

Pressestaatsanwalt Jan Holzner bestätigt, dass es von Eltern ehemaliger Waldorf-Schüler nicht nur eine, sondern zwei Anzeigen gegen den ehemaligen Waldorf-Lehrer gibt. Zu den konkreten Vorwürfen will er sich zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht äußern. Zunächst müsse der Beschuldigte darüber unterrichtet werden, sagt Holzner. Derzeit klärt die Staatsanwaltschaft auch, ob es sich bei den Vorwürfen um Körperverletzung handelt. Darunter fällt zum Beispiel eine Ohrfeige. Oder ob es um Misshandlung Schutzbefohlener geht. Die setzt laut Holzner eine „quälende und rohe Behandlung“ voraus und wäre im Gegensatz zur Körperverletzung nach fünf Jahren noch nicht verjährt.

Der Ex-Waldorflehrer arbeitet nach Wissen der Waldorfschule nicht mehr als Lehrer.