In der Laurentiuskirche in Hemmingen steht künftig Carolin Enderle auf der Kanzel. Sie und Malte Jericke sowie Klaus Häußler (rechts) sind die drei neuen Vikare im Kirchenbezirk Ditzingen. Foto: factum/Granville

Im Kirchenbezirk Ditzingen gibt es drei neue Vikare. Die angehenden Pfarrer fiebern der Praxis entgegen und haben glänzende Berufsaussichten.

Strohgäu - Ich bin froh, dass es nun endlich mit der Praxis losgeht.“ Mit diesem Satz spricht Klaus Häußler (27) aus, was viele angehende Pfarrer nach ihrem Theologiestudium denken. Sobald sie ihren Abschluss in der Tasche haben, beginnt für sie der praktische Teil ihrer Ausbildung. Vikariat heißt der Vorbereitungsdienst.

Häußler ist seit Oktober einer von drei neuen Vikaren im Kirchenbezirk Ditzingen, konkret ist er in der Kirchengemeinde des Ditzinger Stadtteils Heimerdingen tätig. In den kommenden zweieinhalb Jahren hält Häußler Gottesdienste, unterrichtet Religion an Schulen und betreibt Seelsorge. Carolin Enderle (29) und Malte Jericke (28) heißen die zwei anderen neuen Vikare. Sie sind in der Kirchengemeinde Hemmingen beziehungsweise in der Petruskirchengemeinde Gerlingen eingesetzt. Die vergangene Woche haben die drei damit verbracht, sich ihren Gemeinden vorzustellen.

Theologiestudium sehr theorielastig

Künftig schauen die Vikare zunächst ihren Ausbildungspfarrern über die Schultern und begleiten sie im Alltag, bevor sie allmählich selbst die typischen Aufgaben eines Pfarrers übernehmen. „Ich fürchte mich am meisten vor dem Schuldienst“, sagt Enderle, deren Vater auch Pfarrer ist. Jericke sieht vor allem Trauergesprächen und Trauergottesdiensten „mit Respekt“ entgegen. „Das ist für die Angehörigen eine Extremsituation“, sagt er. Zum Glück habe er bereits einige Erfahrungen im Studium sammeln können. „Während des Praktikums war ich auch auf Beerdigungen“, sagt Jericke. Zudem lernen Vikare im theoretischen Teil des Vorbereitungsdienstes – dem Pfarrseminar – nicht nur, wie sie eine gute Predigt aufbauen und vortragen, die Seelsorge ist ebenfalls ein großes Thema.

Trotz des sehr theorielastigen Studiums werden angehende Pfarrer im Vikariat nicht ins kalte Wasser geworfen. „Sie werden von den Mentoren behutsam an ihre Aufgaben und vor allem an schwierige Situationen wie Trauergespräche herangeführt“, sagt Martin Weeber, Pfarrer der Petruskirchengemeinde Gerlingen und Mentor von Malte Jericke. Aus seiner Sicht werden Pfarrer in Deutschland gut und sinnvoll ausgebildet. Das Studium mit dem vierwöchigen Praktikum ermögliche ausreichend Praxis, sagt Martin Weeber. „Als angehender Pfarrer hat man nie wieder so viel Zeit wie im Studium, sich in Themen und Konzepte einzulesen.“

Anspruchsvoller Beruf

Das Strohgäu beschreibt Weeber wegen der überschaubaren Größe der Kirchengemeinden als einen „attraktiven Ort“ für den Nachwuchs. „Ein kleines Versuchsfeld ist am Anfang immer gut, um in den Pfarrberuf hineinzukommen“, sagt Weeber. Darüber hinaus biete das Strohgäu eine Menge Kultur, es liege zentral und habe eine gute Verkehrsinfrastruktur.

Die drei Vikare haben sich aus vielerlei Hinsicht für einen anspruchsvollen Beruf entschieden. Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, sei es, weil sie nicht an Gott glauben, ihren Glauben außerhalb des Gotteshauses leben wollen oder aufgrund zahlreicher Missbrauchsskandale. Darüber hinaus lässt sich Berufliches und Privates schwer trennen. „Pfarrer müssen in ihrer Kirchengemeinde wohnen, außerdem müssen sie immer erreichbar sein“, sagt Weeber. „In der Regel rufen die Gemeindemitglieder aber vorher an, wenn sie den Pfarrer sehen wollen.“

Leichtigkeit an den Tag legen

Weeber versucht Vikaren zu vermitteln, dass sie grundsätzlich selbst für die Balance zwischen Beruf und Privatleben verantwortlich sind. „Pfarrer müssen sich bewusst machen, welche Aufgaben zentral sind – Gottesdienst und Seelsorge – und dass sie nicht allen Ansprüchen genügen können“, sagt Weeber. Pfarrer legten im Idealfall eine gewisse Leichtigkeit an den Tag. „Es darf einen nicht stören oder nerven, dass man auf der Straße angesprochen wird“, sagt Weeber.

Indes sind die Landeskirchen in Baden und in Württemberg um ihren Nachwuchs sehr bemüht. Zwar sinkt die Zahl der Gemeindemitglieder stetig, und es werden Pfarrstellen gestrichen – im evangelischen Kirchenbezirk Ditzingen fallen bis zum Jahr 2024 vier der 21 Vollzeitstellen weg. Doch in den kommenden zehn Jahren geht zugleich in vielen Regionen ein Drittel bis die Hälfte der Pfarrer in den Ruhestand. Von einem Pfarrermangel wollen die beiden Landeskirchen derzeit nicht sprechen. Trotzdem werben sie mit unterschiedlichen Aktionen für den Pfarrberuf. Insbesondere stehen dabei Projekte im Vordergrund, bei denen sich junge, am Pfarrberuf interessierte Menschen mit Theologen und dem Oberkirchenrat austauschen können.

Carolin Enderle, Klaus Häußler und Malte Jericke haben daher glänzende Berufsaussichten. „Die Chancen von Vikaren auf eine Pfarrstelle sind hervorragend“, sagt etwa Doris Banzhaf, die Chefin vom Dienst im Zentrum für Kommunikation der Landeskirche in Baden. Diese habe konstant jedes Jahr im Schnitt 20 bis 25 Vikare. Malte Jericke, der seinem ersten Gottesdienst in der Weihnachtszeit entgegenfiebert, formuliert es so: „Wir haben einen perfekten Zeitpunkt erwischt.“