Der Ölpreis ist in den vergangenen Wochen kräftig gesunken. Doch die Spritpreise beim Tanken sind nicht im gleichen Maß zurückgegangen. Foto: dpa

Der niedrige Ölpreis verbilligt zwar Heizen und Tanken. Doch an den Börsen nehmen die Konjunktursorgen zu. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet keine weltweite Abschwächung.

Berlin - Der sinkende Ölpreisführt beim Tanken zu einer entspannten Lage. Im Vergleich zum Stand vor drei Jahren, als der Ölpreis Höchststände erreichte, ist die Tankrechnung deutlich günstiger geworden. Der ADAC stellt in seinem aktuellen Kraftstoffvergleich allerdings fest, dass die Spritpreise nicht so stark zurückgegangen sind wie der Ölpreis. Es habe in Deutschland nur einen verhaltene Anpassung nach unten gegeben. „Da wäre sicherlich noch etwas mehr möglich gewesen“, sagte ein ADAC-Sprecher. Insgesamt könnten die Verbraucher aber zu günstigen Preisen tanken. Ein Liter Super E 10 kostet etwa 1,31 Euro pro Liter. Das sind im Vergleich zu April etwa sieben Cent weniger. Für einen Liter Diesel werden an der Zapfsäule im Schnitt 1,11 Euro fällig.

Mineralölwirtschaft will Preisrutsch weitergeben

Der Mineralölwirtschaftsverband (MVV) in Berlin erklärte, Preisänderungen an den Rohstoffmärkten würden vollständig weitergegeben. Es sei allerdings zu berücksichtigen, dass der Mineralölsteueranteil mit 65,4 Cent je Liter Benzin staatlich festgelegt ist. Hinzu kommt noch die Mehrwertsteuer. Deshalb änderten sich die Spritpreise nicht im gleichen Tempo wie die Preise an den Rohölmärkten. Entscheidend für den Tankstellenpreis sei der Einkaufspreis für Benzin, der seit einem Monat am Weltmarkt um drei Cent gesunken sei, erklärte der Verband. Die Tankstellen hätten diesen Preisrutsch weitergegeben, sagte MVV-Hauptgeschäftsführer Christian Küchen. Der Benzinpreis vor Steuern sei ebenfalls um drei Cent gefallen. Nicht nur die Autofahrer profitieren, auch das Heizen mit Öl ist billiger geworden. Nach Branchenangaben kosten 100 Liter Heizöl etwas mehr als 50 Euro. Im April waren es noch ungefähr 59 Euro. Die niedrigen Preise für Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin bedeuten eine Milliardenentlastung für Wirtschaft und Verbraucher, sagte Küchen.

Das Nachsehen haben die Erzeugerstaaten. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee kostete zuletzt nur noch rund 45 Dollar je Barrel (159 Liter). Damit hat sich der Ölpreis innerhalb weniger Wochen um zehn Dollar verbilligt. Mitte 2014 lag der Preis noch bei mehr als 100 Dollar und stürzte dann wegen des Fracking-Booms auf unter 30 Dollar ab. Darauf reagierten das Förderkartell Opec mit Produktionsdrosselungen. Zunächst sah es so aus, als leite das reduzierte Ölangebot eine Wende zu höheren Ölpreisen ein. Doch nun geht es wieder abwärts. Der gefallene Ölpreis führt zu Unsicherheit an den Börsen. Investoren sehen die fallenden Rohstoffnotierungen als ein Signal für eine mangelnde Nachfrage. Dies könnte nach der Interpretation der Börsen auf eine schwächere Entwicklung der Weltkonjunktur hindeuten könnte.

DIHK sieht kein Anzeichen für schwache Konjunktur

Dem tritt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) entgegen. Der Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte dieser Zeitung: „Üblicherweise sind günstige Rohstoffe Zeichen einer schwachen Weltkonjunktur. Das trifft aber beim aktuellen Ölpreis nicht zu.“ Trotz der Opec-Vereinbarungen, die Produktion weiter zurückzufahren, sei das Angebot auf den Ölmärkten sehr groß. Dies liege daran, dass einige Opec-Mitgliedsstaaten wie Nigeria und Libyen wieder deutlich mehr förderten. Zum anderen zeige sich laut DIHK, dass der Fracking-Boom in den Vereinigten Staaten anhält. Die Folge seien übervolle Läger und sinkende Preise. „Das Ölpreisdoping der deutschen Konjunktur geht weiter“, sagte der DIHK-Außenhandelschef. Für die Förderstaaten bedeute dies eine Belastung. Das kann auch Folgen für den Maschinenbau haben, der Anlagen zur Exploration herstellt.

Der DIHK sieht bei niedrigen Ölpreisen langfristige Nachteile. Falls die Ölpreise langfristig unter der 50-Dollar-Marke bleiben, steige das Risiko, dass zu wenig in neue Bohrlöcher investiert werde. Daraus könnte in den nächsten Jahren ein Unterangebot mit stark steigenden Preisen entstehen. Das würde dann die deutschen Firmen treffen. Obwohl die Bedeutung von Öl für das Wirtschaftswachstum in Deutschland stetig abnehme, bleibe Öl auf Jahre hinaus der wichtigste Energieträger, so der DIHK.