Fachärztinnen begutachten am Bildschirm radiologisches Bildmaterial. Foto: Klinikenholding

Die Klinikenholding im Kreis Ludwigsburg plant mehrere technische Neuerungen, etwa die Telemedizin und die Teleradiologie. Letztere macht es möglich, Bildmaterial per Leitung an Fachärzte zu schicken. Billig wird das nicht.

Ludwigsburg - Es ist ein Gedanke, an den sich mancher Patient vielleicht erst gewöhnen muss: Wer künftig in einem kleineren Krankenhaus wie der Vaihinger Tagesklinik einen Arzt konsultiert, erhält seine Diagnose womöglich aus dem Fernseher. Genauer ausgedrückt: von einem Facharzt, der via Kamera und Bildschirm zugeschaltet wird und sich gemeinsam mit dem Arzt vor Ort den Patienten anschaut. Noch hat sich die Telemedizin, so wird die computergestützte Zusammenarbeit zwischen Medizinern genannt, in Deutschland nicht durchgesetzt. Die Regionale Klinikenholding (RKH) mit Sitz in Ludwigsburg will das ändern. „Bei uns hat die Zukunft begonnen“, sagt Jörg Martin, der Geschäftsführer der Holding.

Die RKH plant für ihre zehn Krankenhäuser, fünf davon sind im Kreis Ludwigsburg, im Lauf des Jahres mehrere technische Neuerungen; die Einführung der Telemedizin ist die wohl wichtigste. Der Gedanke dahinter ist, kleinere Häuser enger mit den größeren zu verzahnen. Denn in dem kürzlich zur Tagesklinik geschrumpften Krankenhaus in Vaihingen an der Enz gibt es zwar Ärzte, aber die Fachärzte – Neuroradiologen, Neurochirurgen oder Internisten – sitzen eher in Ludwigsburg.

Der Facharzt auf dem Fernseher

Die Ärzte vor Ort sollen also mittels Technik auf die Kompetenz der Experten zurückgreifen – die dann von Ludwigsburg aus mit Kameras Patienten in Vaihingen, Bietigheim oder Neuenbürg beispielsweise direkt in den Mund schauen können, um einen ersten Befund auszustellen. „Das ist kein Ersatz für das direkte Gespräch zwischen Patient und Arzt“, betont Alexander Tsongas, der Sprecher der Holding. „Sondern die Möglichkeit, schnell einen Spezialisten hinzuzuziehen.“ Gegebenenfalls folge dann ein weiterer Termin direkt beim Facharzt und ganz ohne Bildschirm.

Piloten als Vorbilder: Ärzte sollen Operationen trainieren

Auch die Teleradiologie soll innerhalb des Klinikverbunds weiter ausgebaut werden. Dabei wird radiologisches Bildmaterial aus der Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) über Datenleitungen ebenfalls an Fachärzte aus anderen Krankenhäusern weitergeleitet. Wie der Aufbau der Telemedizin ist die Umsetzung vergleichsweise günstig, weil entsprechende Technik in den Häusern bereits weitgehend vorhanden ist. Für ein weiteres Vorhaben, das in diesem Jahr realisiert werden soll, wird die RKH indes rund eine Million Euro hinblättern müssen: Wie Piloten, die im Simulator fliegen lernen, sollen Ärzte künftig in einem Simulationszentrum Geburten, endoskopische Eingriffe oder Herzoperationen trainieren. Es gebe, sagt Jörg Martin, zahlreiche Eingriffe, die sich virtuell wesentlich besser einüben ließen als an Patienten.

Ein Konsortium, an dem neben der RKH weitere Kliniken und die Ludwig-Maximilians-Universität in München beteiligt sind, hat entschieden, sechs solcher Zentren in Deutschland zu errichten. Die Kliniken-Holding hat sich noch nicht auf ihren Standort festgelegt, aber Markgröningen gilt als Favorit. Dort befindet sich bereits die RKH-Akademie, in der alle Mitarbeiter der Holding weitergebildet werden.

Neue Räume, neues Personal

Chefärzte
– Das Ludwigsburger Klinikum hat 2015 gleich zwei neue Chefärzte eingestellt: Oliver Sakowitz als Ärztlichen Direktor der Klinik für Neurochirurgie und Oliver Hautmann als Ärztlichen Direktor der Zentralen Notaufnahme und der gesamten Notfallversorgung.

Bauvorhaben –
Bis Ende des Jahres soll das Mutter-Kind-Zentrum fertig sein, das derzeit gebaut wird. Auch der Umbau der Notaufnahme zu einer interdisziplinären und hochmodernen Anlaufstelle für Notfälle soll Ende 2016 oder spätestens Anfang 2017 abgeschlossen sein. Das Vorhaben kostet rund 25 Millionen Euro, das Land hat nun einen Zuschuss von zwölf Millionen Euro bewilligt. Die Räume, die durch das neue Mutter-Kind-Zentrum frei werden, sollen zum Ausbau der Intensivstation genutzt werden. Langfristig will man zudem die Stationen sanieren, die in die Jahre gekommen sind.

Holding
– Das Ludwigsburger Krankenhaus ist nur eine von zehn Kliniken im Verbund der Regionalen Klinikenholding (RKH), die weiteren sind in Bietigheim, Vaihingen, Markgröningen, Marbach, Neuenbürg, Bruchsal, Bretten sowie in Mühlacker, wo die Holding neben einem Krankenhaus auch eine Rehaklinik betreibt. Getragen wird die RKH von mehreren Kreisen und Kommunen, sie ist nach eigenen Angaben mit ungefähr 111  000 Patienten pro Jahr der größte Anbieter von stationären Leistungen in Baden-Württemberg. Die Nettolohnsumme, die jährlich an die rund 7700 Mitarbeiter gezahlt wird, beträgt rund 325 Millionen Euro. Der Stromverbrauch in den Krankenhäusern der Holding ist insgesamt höher als jener in der gesamten Stadt Kornwestheim.

Finanzen –
Der Gesamtumsatz der RKH im Jahr 2014 betrug 750 Millionen Euro. Für die zur Holding gehörende Klinikgesellschaft Ludwigsburg-Bietigheim wird für 2016 mit einem Verlust in Höhe von rund 2,6 Millionen Euro gerechnet – was vor allem daran liegt, dass die kleineren Häuser in Marbach und Vaihingen defizitär sind, während die größeren in Ludwigsburg und Bietigheim solide dastehen. Allerdings geht die RKH davon aus, dass das tatsächliche Ergebnis am Ende des Jahres besser ausfallen wird als geplant: etwa, weil nach der Verkleinerung der Klinik in Vaihingen viele Flächen frei wurden, die noch vermietet werden sollen. Auch mehrere Zuschüsse, deren Höhe noch nicht feststeht, konnten im Unternehmensplan nicht eingerechnet werden.