Die Marienkirche soll zwar ein Sakralbau bleiben, aber vielfältiger als bisher genutzt werden. Foto: Hans Jörg Wangner

Die katholische Kirche St. Maria an der Tübinger Straße wird derzeit renoviert. Zugleich sucht die Kirchengemeinde nach neuen Nutzungsmöglichkeiten.

S-Süd - Die katholische Kirche St. Maria ist eine der größten Kirchen im Stadtbezirk Stuttgart-Süd. Längst sind die Zeiten, in denen die Kirchen rappelvoll sind, allerdings vorbei. Zwar ist die Gemeinde im Stuttgarter Süden immer noch recht groß, doch ausgelastet ist das Gebäude nicht. „Wir überlegen deshalb schon länger, was in und mit dieser Kirche möglich ist“, sagte Pastoralreferent Andréas Hofstetter-Straka in einer Sitzung des Bezirksbeirats Süd. Die Vorschläge, die er mit Pfarrer Paul Kugler hatte, hätten aber beim Stadtdekanat „keine Gnade gefunden“. Das Dekanat wünsche aber eine neue Konzeption für die Marienkirche. Nun gibt es in der Stadt ja viele kreative Menschen, die Räume suchen. Deshalb hat man nun entschieden, den Entwicklungsprozess nach außen zu öffnen. Was am Ende rauskommt, ist völlig offen. Genau so hat man die Phase nun auch betitelt: „St. Maria offen . . .“

Jegliche Gedankenspielerei, was mit dem Gebäude abseits von Gottesdiensten passieren könnte, ist deshalb willkommen. Wichtig ist der Kirche aber, dass die Kirche als „Sakralraum erhalten“, bleibt, sagte Hofstetter-Straka. „Dennoch ist es auch ein Sozialraum, da wollen wir überlegen, was für ein Ort das noch sein könnte.“ Eine Disko oder ein Hotel, wie das in anderen Kirchen geschehen ist, werde aber aus der Marienkirche ganz sicher nicht.

Auf der Suche nach Lücken in der Stadt

Im vergangenen Jahr habe er zum Beispiel gute Erfahrungen mit der Initiative Stadtlücken gemacht. Die Gruppe, bestehend aus Kreativen, Architekten und Stadtplaner, sucht getreu ihrem Namen nach Lücken in der Stadt und versucht, diese zu beleben (wir berichteten). Auch gehören sie zu einer weiteren Initiative namens „Wem gehört die Stadt“, für die sich zahlreiche Kulturschaffende aus der Stadt regelmäßig im Theater Rampe treffen. Im Herbst haben die Stadtlücken-Mitglieder erfolgreich den Österreichischen Platz mit einem Souvenirkiosk und Kunstaktionen bespielt. Unterstützt wurden sie dabei auch von Hofstetter-Straka, der ihnen die Kirche als Lagerplatz zur Verfügung gestellt hat. Seit Anfang des Jahres ist er nun mit den Stadtlücken im Gespräch zum Thema „Sozialraum Kirche“. „Wir werden gemeinsam den Prozess planen und durchführen.“

Er betont allerdings, dass es kein Beteiligungsprozess ist, bei dem man danach darauf bestehen könne, was nun gemacht wird. Vorschläge sind willkommen, doch am Ende hat da natürlich das Stadtdekanat das letzte Wort. So stehe zum Beispiel für Kirche fest, dass der Bau ein Sakralraum raum sei. „Für uns ist es das nicht. Wir könnten uns da auch der Gesellschaft öffnen“, sagt Hofstetter-Straka. So habe man bereits vor einigen Jahren Galao-Besitzer Reiner Bocka genehmigt, sein Freikonzert in der Marienkirche zu veranstalten. Bei jungen Menschen kam das Konzert sehr gut an, die Kirche musste irgendwann sogar wegen Überfüllung geschlossen werden. Das Freikonzert soll es in diesem Jahr wohl nun wieder geben, kündigte Pfarrer Paul Kugler an. Allerdings müsse man vieles besser planen, die Kirche sei eben kein klassischer Veranstaltungsraum mit der entsprechenden Infrastruktur. „Beim ersten Freikonzert waren wir da ziemlich blauäugig“, gesteht Kugler.

Sehr komplizierte Renovierungen

Die zwischen 1871 bis 1879 erbaute Marienkirche wurde im Januar geschlossen, weil untersucht werden musste, was im Inneren alles zu renovieren ist. Vor allem die Decke weist größere Schäden auf. Einsturzgefährdet sei das Gotteshaus aber nicht, sagte Kugler. Dennoch seien die Renovierungen sehr kompliziert, auch wegen der Belange des Denkmalschutzes. Die Arbeiten könne man nicht mehr aufschieben, die Untersuchungen sind aber noch nicht abgeschlossen, weshalb es auch noch nicht klar ist, wie hoch die Umbaukosten sein werden. Bis Ostern soll aber nun das derzeit aufgestellte Gerüst weg kommen. Für die Gottesdienste ist die Kirche schon wieder geöffnet.

Mit dem Planungsprozess für ein inhaltliches Konzept wolle man jetzt im Frühjahr beginnen, kündigten die beiden Kirchenvertreter im Bezirksbeirat an. Ab dem 20. Mai arbeite man für zwei Wochen mit den Stadtlücken an einem Konzept. „Das soll ähnlich werden wie beim Österreichischen Platz“, sagte Kugler. „Ich finde den Ort ja genial, ich fühle mich da richtig wie in der Großstadt.“ Auch Bezirksvorsteher Raiko Grieb begrüßte die Pläne der Kirche: „Es ist spannend, was sich da im Süden tut.“