Dr. Stefan Hiller, Leitender Arzt der Stationen Innere, Hämatologie, Onkologie und Integrative Palliativmedizin und die Koordinatorin Carola Riehm vom Pflegeteam haben eine neue Station für Palliativpatienten aufgebaut. Foto: Ursula Vollmer

„Wir können den Tod nicht abschaffen, würdeloses Sterben aber schon“ – unter diesem Leitmotiv eröffnet in Filderstadt die Filderklinik am 10. Oktober eine Station für Palliativpatienten.

Filderstadt - Auch wenn er sich’s und seinen Patienten wünschen würde: eine lebensbedrohliche Diagnose wegzaubern kann Stefan Hiller nicht, wie er sagt. Der Leitende Arzt, der an der Filderklinik zuständig ist für die Integrative Palliativmedizin, sieht aber keinen Anlass zur Kapitulation: seine Strategie im Umgang mit unheilbar Erkrankten zielt vielmehr auf eine ganzheitlich-individuelle Begleitung.

„Angst und Schmerzen zu lindern und dadurch die Lebensqualität zu verbessern ist für uns aber kein neues Feld“, betont der Mediziner, der diesen Ansatz schon Ende der 1980er-Jahre in Bonlanden kennengelernt und nach seiner Rückkehr vor fünf Jahren weiter verfolgt hat. „In der Zwischenzeit ist die Bedeutung der Palliativmedizin noch stärker ins Bewusstsein gerückt“, sagt der Facharzt. Dieser Entwicklung will die Filderklinik Rechnung tragen: Am nächsten Samstag eröffnet das anthroposophisch ausgerichtete Haus eine Palliativstation mit acht Betten, die verteilt sind auf flexibel nutzbare Ein- oder Zweibettzimmer.

Der moderne Bereich ist seit Januar entstanden

Seit Januar ist der moderne Bereich entstanden – der diesjährige Welthospiztag, den der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) am 10. Oktober ausrichtet, bietet nun den passenden Rahmen. Dass die Patienten, die bisher auf den ebenfalls von Stefan Hiller geleiteten Stationen Innere Medizin, Hämatologie sowie Onkologie versorgt wurden, jetzt in ein eigenes Zentrum umgezogen sind, sei zudem strukturellen Erfordernissen geschuldet, erläutert Hiller: „Abrechnungstechnisch wird ein separater Bereich gefordert“.

Auch der Betreuungsschlüssel nimmt eine Sonderstellung ein: In der Filderklinik kümmert sich ein Internist/Onkologe um etwa 14 Patienten, in der neuen Palliativstation lautet das Verhältnis eins zu drei – „jedenfalls idealerweise“, wie Hiller sagt. Der Leitende Arzt arbeitet mit sieben (Ober-)Ärzten, einer Handvoll Therapeuten sowie etwa 25 Pflegefachkräften zusammen. Für deren Fortbildung und Koordination ist die Gruppenleiterin Carola Riehm zuständig. In der gemeinsamen Frühbesprechung geht es um den Behandlungsverlauf, eingetretene Veränderungen und mögliche Perspektiven wie die Verlegung in ein stationäres Hospiz oder Entlassung nach Hause. Für Riehm ist dazu der Kontakt zur Familie ebenso wichtig wie zu ambulanten Betreuungseinrichtungen, was mitunter eine Herausforderung darstellt angesichts des Einzugsbereiches: Mehr als die Hälfte der Palliativ-Patienten kommt von außerhalb und nimmt Entfernungen von bis zu 150 Kilometern in Kauf. Doch die Warteliste, die bereits existiert, ist ebenso wie die nachgefragte Entbindungsabteilung der Beweis: Am Anfang und Ende des Lebens, zwei wichtigen Stationen im anthroposophischen Kreislauf des Lebens, wünschen sich die Menschen eine besondere Form der Zuwendung.

Der integrative Ansatz gehört zum Konzept

„Natürlich geht es um Symptombehandlung“, sagt die Palliativ-Care-Expertin. Dazu werde jede Möglichkeit der Schulmedizin wie Schmerzpumpe oder Atemunterstützung genutzt. Hinzu komme ein zusätzliches Therapiespektrum in Form von Psychoonkologie, Heileurythmie, Musizieren oder Malen. Dieser integrative Ansatz werde nicht etwa nur „angedockt, weil er gerade ‚in‘ ist“, wie der Leitende Arzt sagt, dies sei vielmehr fester Bestandteil des Gesamtkonzepts. Auch der Pflege, ergänzt Carola Riehm, komme ein hoher Stellenwert zu: Für Einreibungen, Wickel und Bäder steht ein Stationsbad zur Verfügung, alle Zimmer wurden zudem mit Duschen ausgestattet. Übernachtungsmöglichkeiten für Angehörige sowie ein Aufenthaltsraum samt Wohnküche ergänzen das Angebot.

Für die Betroffenen sollen weder Angst noch Leiden im Vordergrund stehen, auch wenn der Sterbeprozess unumkehrbar ist. „Wir nehmen Anteil, gerade auch in Krisen, aber wir wollen ebenso dazu anleiten, den Abschied bewusst zu gestalten“, sagt Carola Riehm. Patienten und Angehörige darin mit positiven Impulsen zu unterstützen, das macht für sie und Stefan Hiller die Arbeit auf einer Palliativstation so wichtig.

Programm
Die Einweihung der Palliativstation beginnt am Samstag, 10. Oktober, um 14.30 Uhr im Festsaal der Filderklinik. Auf die Begrüßung folgen Vorträge und Grußworte, etwa des Landtagsabgeordneten Thaddäus Kunzmann, der die CDU in der „Enquetekommission Pflege“ vertritt und sein Erscheinen zugesagt hat.