Supervisor Stephanie sitzt in der europäischen Leitzentrale für Güterzüge von DB Schenker Rail Foto: dpa

Die neue Leitzentrale der Deutschen Bahn leistet Pionierarbeit im europaweiten Bahnverkehr: Sie steuert täglich 5000 Güterzüge in 15 Ländern.

Die neue Leitzentrale der Deutschen Bahn leistet Pionierarbeit im europaweiten Bahnverkehr: Sie steuert täglich 5000 Güterzüge in 15 Ländern.

Frankfurt - Europaweit expandiert hat die Deutsche Bahn (DB) schon, in 15 Ländern ist ihre Güterbahn DB Schenker Rail aktiv. Sie hat Eisenbahnen in Dänemark und Italien, in England und Bulgarien zugekauft oder gegründet. Jetzt muss das Unternehmen dieses Netz koordinieren und hat dafür am Frankfurter Flughafen eine neue Leitstelle eingerichtet – das „European Operation Center“ (EOC), im Sprachgebrauch von Schenker der „Maschinenraum“.

Eine Leitzentrale, die einen so großen Teil Europas umspannt, gebe es sonst nirgends, sagt EOC-Leiter Stig Kyster-Hansen. Die Zentrale überwacht rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr täglich 5000 Güterzügen und greift ein, wenn es Störungen gibt – etwa bei Unwetter, Entgleisungen, technischen Störungen oder auch Streiks. Fast 60 Prozent der DB-Güterzüge fahren über mindestens eine Grenze, beladen mit Bodenschätzen, Mineralöl oder Industriegütern.

Wie Zug 21451, der 142 Minuten Verspätung hat. Er ist unterwegs mit Autoteilen auf dem Weg von Marchegg in Österreich nach Gevrey in Burgund in Frankreich. Stig Kyster-Hansen blickt trotz der immensen Verspätung entspannt auf den großen Bildschirm, der anzeigt, wohin die Züge der DB Schenker Rail gerade fahren.

„In Forbach an der französischen Grenze holen wir das beim Personal- und Lokwechsel wieder ein. Der Puffer ist groß genug“. Dagegen ist der Zug vom polnischen Wroclaw, dem ehemaligen Breslau, ins britische Barking fast pünktlich . Nur vier Minuten Verspätung. „Das ist unser Ikea-Zug mit Möbelteilen“, sagt Kyster-Hansen.

Es sind vergleichsweise schlichte Räume und Arbeitsplätze im sechsten Stock der neuen DB-Schenker-Rail-Zentrale, in denen seit vergangenen November 25 Experten aus einem Team von insgesamt 200 Fachleuten den Güterverkehr überwachen. Die Aufsicht und Entscheidungskompetenz im Krisenfall hat ein so genannter Supervisor, bei kleineren Störungen entscheiden die für die einzelnen Bereiche zuständigen Experten.

2013 brach der Gewinn bei der Deutschen Bahn ein

Diese Aufteilung ist wichtig. Im Krisenfall muss entschieden werden, welche Züge auf Ausweichstrecken oder nach der Freigabe der Strecke zuerst wieder fahren dürfen. In der Regel sind das Züge, die Autoteile transportieren, weil die Autoproduktion auf die zeitgenaue Anlieferung der Teile im jeweiligen Werk programmiert ist.

„Je mehr Grenzen die Güter überschreiten, desto schwieriger wird es mit der Bahn“, warnt Martin Bulheller, Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung. „Ein Zug hat hinten ein rotes Licht, das im nächsten Land weiß sein muss“, sagt auch Martin Henke. Der Geschäftsführer beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen kann eine Reihe solcher Details aufzählen: Spurweiten, Stromspannungen, die Landessprache. Jedes reicht aus, um einen Zug an der Grenze erst einmal anzuhalten. „Es ist lächerlich, in welchem Partikularismus wir uns teilweise befinden in Europa.“ Das macht den Güterbahnen zu schaffen.

Bevor das EOC in Betrieb ging, hatte DB Schenker Rail an den Grenzen die Züge den jeweiligen Bahn-Unternehmen im anderen Land zu übergeben und damit nicht mehr unter Kontrolle, welcher Zug wann weiterfahren konnte. „Jetzt können wir alles vom Start bis zum Ziel steuern“, sagt Kyster-Hansen. Die Koordination sei präziser, übersichtlicher, schneller. „Das EOC bringt uns einen notwendigen Wettbewerbsvorteil“, sagt der frühere Chef von DB Schenker Scandinavia.

Notwendig, denn der Gewinn der DB brach 2013 ein. Bahn-Chef Rüdiger Grube zufolge litt der Güterverkehr unter Europas schwieriger Wirtschaftslage. DB Schenker Rail machte einen operativen Gewinn von 55 Millionen Euro (Ebit). Das Unternehmen fuhr ein Minus von 2,2 Prozent bei der Gütermenge und ein Minus von 1,5 Prozent bei der Verkehrsleistung ein – während laut Statistischem Bundesamt der deutsche Schienengüterverkehr um 2,3 Prozent zunahm.