Olaf Hotzendorf und Torsten Kobylke präparieren die Kabel für den Transport in den Fernsehturm Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Stuttgarter Fernsehturm bietet nicht nur eine prächtige Aussicht – sofern er denn in Betrieb ist. Eigentlicher Zweck ist die Rundfunkübertragung. In diesem Tagen werden in dem 150 Meter hohen Turmschaft neue Hochfrequenzkabel installiert.

Stuttgart - Klar, einerseits ist es Routine für Jürgen Andreas, Olaf Hotzendorf und Torsten Kobylke. Die drei Spezialisten sind für die Berliner Firma Mastbau Gärtner (MBG) tätig, die mit Tragwerken und Hochfrequenzinstallationen für Funk und drahtlose Kommunikation genügend Erfahrung hat. So wurde kürzlich der Prager Fernsehturm im Zuge der Umstellungsphase auf moderne Technik mit einer neuen Sendeantenne ausgestattet, der Fernmeldeturm auf dem Braunenberg bei Aalen erhielt mit Hilfe eines Lastenhubschraubers ebenfalls eine neue Antenne.

Doch bei aller Routine, jeder neue Fernsehturm bedeutet eine neue Herausforderung – derzeit also in Stuttgart. Lastenhubschrauber kommen hier allerdings nicht nur wegen des waldigen Gebiets nicht infrage. Stattdessen erfolgt der Transport in die Turmeshöhen über die Dächer der beiden Aufzüge. Oder die Lasten werden von oben in die Höhe gezogen. Höchste Sorgfalt ist dabei nun bei den Hochfrequenzkabeln vonnöten.

Am Dienstagvormittag sind die Kabel noch in 180 Meter Länge auf Kabeltrommeln aufgefädelt. „Diese neuen Kabel haben einen Durchmesser von knapp zehn Zentimetern“, erläutert Andreas Grein, einer von derzeit noch drei Betriebstechnikern im Fernsehturm. Es sind vier derartiger Hochfrequenzkabel, die für die Übertragung der SWR-Hörfunkprogramme notwendig sind – je zwei in UKW- beziehungsweise digitaler DAB-Technik. Eigentlich wäre die Auswechslung erst in etwa einem halben Jahrzehnt fällig. Doch angesichts der von der Stadt Stuttgart vorgegebenen Optimierung des Brandschutzes hat der Südwestrundfunk (SWR) den Austausch vorgezogen – „um einer weiteren Schließung in den nächsten fünf Jahren vorzubeugen“, so eine Sprecherin des Senders.

Die Kabel werden in einem extra hierfür konzipierten, feuergeschützten Schacht verlegt. „Die Schwierigkeit ist nun, dass diese vier neuen Kabel an einem Stück 156 Meter nach oben gezogen werden müssen – und dabei nur minimal gebogen werden dürfen“, erläutert Grein. „Sobald ein Kabel knickt, ist es kaputt.“ Die Kabeltrommeln stehen außerhalb des circa 60 Meter langen Technikgebäudes neben dem Fernsehturm. Von dort werden die Kabel im Keller um viele Ecken und Kanten bis in den Betonschaft des Turms geführt. Umlenkrollen und sogenannte Rutschen verhindern, „dass die Kabel etwa am Boden schleifen“.

Eine sensible Stelle ist die Umlenkung vom Keller nach oben in den Schacht – hier wie an anderen neuralgischen Punkten stehen MBG-Mitarbeiter mit Funkgerät, die sofort einschreiten, wenn es eine brenzlige Situation geben sollte. Die gibt es natürlich nicht, es läuft alles nach Plan am ersten Tag. Mit großen Flaschenzügen, die oben im Maschinenraum befestigt sind, werden die Kabel langsam durch den Schacht hochgezogen – zwei bis in den Senderaum in 138 Meter Höhe, die beiden anderen in den Sendemast auf 153 Meter Höhe. Am 27. Mai sollen die Arbeiten an den Sendekabeln abgeschlossen sein.

Somit dürfte dann bis zur geplanten Wiedereröffnung zum Jahresende alles technisch auf der Höhe sein – in jenem Turm, den Betriebstechniker Grein als „Stuttgarts höchsten und schönsten Arbeitsplatz“ bezeichnet und den er auch schon mal frühmorgens noch vor Betriebsbeginn ansteuert, um auf dem Klappstuhl sitzend den Sonnenaufgang zu genießen, „einfach himmlisch“.