Am 1. November nehmen hier in der Kommission in Brüssel die neuen EU-Kommissare ihre Arbeit auf. Foto: dpa

Am 1. November soll die neue EU-Kommission unter Führung des Luxemburgers Jean-Claude Juncker ihr Amt antreten. Zuvor mussten Ressorts in Windeseile neu besetzt werden.

Brüssel - Jean-Claude Juncker ist am Ziel. Seine neue EU-Kommission wird am Mittwoch wohl eine breite Zustimmung finden. Dem Neuanfang in Brüssel am 1. November steht damit nichts mehr im Wege. Doch selbst die Abgeordneten, die treu zur Juncker-Mannschaft stehen und sie ins Amt hieven werden, mucken noch immer auf, weil sie sich über das Verfahren ärgern. Schließlich konnten sie erst am Montagabend die letzten beiden Bewerber drei Stunden lang befragen. Der christsoziale Juncker hatte als neuer Kommissionschef bereits im Juli die Rückendeckung des Parlaments erhalten, auch Sozialdemokraten und Liberale stimmten für den EU-Routinier.

Nachdem die slowenische Kandidatin Alenka Bratusek, ehemalige Ministerpräsidentin ihres Landes, als Kommissarin für Klimaschutz glatt durchgefallen war, schickte die Regierung in Ljubljana die 50-jährige Violeta Bulc nach Brüssel. Doch die Benennung der studierten Elektro-Ingenieurin und ehemaligen Basketball-Nationalspielerin zur Verkehrskommissarin löste geradezu tumultartige Proteste bei den Konservativen aus. Der Grund: Die frühere Unternehmerin Bulc war in ihrer Heimat gerade mal einen Monat lang als Politikerin tätig und macht darüber hinaus aus ihrem Hang zu Esoterik keinen Hehl, ging schon über glühende Kohlen und flüsterte mit Pferden.

Herbert Reul, Chef der CDU/CSU-Abgeordneten in der Straßburger Volksvertretung, spottete bereits, man müsse Bulc möglicherweise „einweisen lassen“. Dennoch wird auch Reul dem kompletten Juncker-Team zustimmen, völlig unabhängig davon, welche Figur Bulc am Montagabend in der Befragung durch die Parlamentarier der zuständigen Ausschüsse hinterlassen hat.

Dasselbe gilt für den slowakischen Kommissar Maros Sefcovic, der seine Anhörung als Verantwortlicher für das Ressort Verkehr schon hinter sich hatte, nach dem Wegfall Bratuseks aber für Energie zuständig werden soll. Der Grund für diese eilige Rochade liegt im Zeitplan: „Am 1. November soll die neue Kommission ins Amt kommen“, hatte der Chef der christdemokratischen EVP-Mehrheitsfraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), gemeinsam mit den Sozialdemokraten und Liberalen als Parole ausgegeben.

Da kann man sich eine weitere Korrektur in der Mannschaft von Jean-Claude Juncker nicht leisten. „Der strenge Zeitrahmen macht die Anhörungen zur Farce“, schimpfte nicht nur der Grünen-Politiker Michael Cramer. Man gebe sich der „Lächerlichkeit“ preis, wenn das Europäische Parlament zwar offiziell bei Personalentscheidungen ein Mitspracherecht habe, die Kandidaten aber wegen des Zeitdrucks durchgewinkt werden müssten.

Dabei gehören fraktionsübergreifende Deals vor allem zwischen den großen Parteienfamilien im Europäischen Parlament zum Geschäft. So ließen die Sozialdemokraten gegen ihre eigentliche Überzeugung nicht nur den konservativen Briten Jonathan Hill als Finanzmarkt- und Banken-Kommissar passieren. Sie gaben letztlich sogar grünes Licht für den spanischen Energie-Kommissar Miguel Arias Cañete, der als Anhänger der Atomkraft und des Fracking gilt.

Dafür revanchierten sich die Christdemokraten mit der Bestellung des französischen Sozialisten Pierre Moscovici, dem sie vorwarfen, als früherer französischer Finanzminister zu wenig gegen die Budget-Probleme seines Landes getan zu haben.

Sollte Juncker am Mittwoch die notwendige Mehrheit für sein Team zusammenbekommen, wäre das dennoch eine kleine Überraschung. Sein Vorgänger im Amt des Kommissionspräsidenten, José Manuel Barroso, musste gleich zweimal in eine Warterunde. Beim letzten Mal konnte er sein Team erst drei Monate später als zunächst vorgesehen durch das EU-Parlament bringen.