Bei der Premiere der digitalen Waage an der B 29 entdeckte die Polizei etliche Verstöße: Ein Lkw einer Dachdeckerfirma hatte das zulässige Gewicht sogar um 1,9 Tonnen überschritten. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie. Foto: Max Kovalenko

Rems-Murr-Kreis und Polizeidirektion wollen mit Radlastwaage überladene Lkw schneller erwischen.

Waiblingen - Sie haben einen längeren Bremsweg, sind in den Kurven oft nicht mehr präzise zu steuern und lassen sich bei Hindernissen kaum abbremsen: Überladene Lastwagen sind im Straßenverkehr eine echte Gefahr. Im Rems-Murr-Kreis wird nun genauer kontrolliert – per digitale Radlastwaage.

Die große Neuerung kommt eher unscheinbar daher. Eingelassen ist sie in eine Art Miniwanne, nicht mal zwei Zentimeter tief, die die Landkreis-Straßenmeisterei extra für diesen Zweck in den Asphalt des Parkplatzes an der B 29 im Remstal gefräst hat. Genau hier drin liegen direkt nebeneinander die drei etwa einen Meter breiten, 45 Zentimeter tiefen und exakt 17 Millimeter hohen Messinstrumente. Es sieht aus wie ein niedriges, längliches Stück Metall, das eine Unebenheit ausgleichen soll.

Tatsächlich handelt es sich um hochmodernes Gerät, wie es derzeit sonst in der Region Stuttgart noch nicht eingesetzt wird, bestätigt ein Sprecher der Landespolizeidirektion auf Nachfrage. Es ist eine digitale Radlastwaage, die Landrat Johannes Fuchs mit einem Hüpfer gleich mal testet – doch bei dessen asketischem Erscheinungsbild dürfte sich der Ausschlag auf dem Monitor im Polizei-Auswertungsfahrzeug in Grenzen halten: „84 Kilogramm Körpergewicht, inklusive Schuhen und Brieftasche“, offenbart Fuchs. „Wir messen nur in 50-Kilogramm-Schritten“, meint Manfred Kühner, Leiter der Waiblinger Verkehrspolizei.

Dank der neuen Waage ist die Kontrolle im Idealfall im Minutentakt erledigt

Ein gelber 16-Tonner rollt langsam auf den Parkplatz. „Rudi“ steht auf dem an die Scheibe geklebten Schild. Rudi fährt langsam über die Waage, muss auf Geheiß des Ordnungsbeamten noch mal zurücksetzen. Ein gutes Dutzend Journalisten wartet beim ersten öffentlichen Praxistest der neuen Waage gespannt auf das Ergebnis. Doch Rudi muss hier keine Geldbuße erwarten – handelt es sich doch um einen polizeieigenen Lastwagen, der eigens für diesen Pressetermin herangekarrt wurde.

Spätere Lkw-Lenker lächeln nicht mehr so entspannt. Ihre Fahrzeuge sind dem etwa einen Kilometer entfernt auf einer Brücke über der B 29 stehenden Vorposten aufgefallen. Dank der digitalen Waage können sie nun binnen weniger Minuten überprüft werden. „Früher mussten wir die verdächtigen Fahrzeuge zur Kontrolle immer kilometerweit an geeichte stationäre Bodenwaagen bringen“, berichtet Ralf Michelfelder, Leiter der Polizeidirektion. Das dauerte gut eine Stunde, was bei den Spediteuren wenig Begeisterung hervorrief.

Dank der neuen Waage ist die Kontrolle im Idealfall im Minutentakt erledigt, wenn der Lkw über die Platten fährt und kleine Röhren und Sensoren das Gewicht messen. An vier Parkplätzen entlang der B 29 sowie der B 14 wurden die kleinen Vertiefungen eingefräst, um dort die Waagen einsetzen zu können. Die Schwerlastkontrollbeamten, wie sie offiziell heißen, können mit dieser Neuanschaffung die Achslasten aller Transporter wiegen – also Lastwagen, Lieferwagen, Anhänger, Omnibusse, Wohnmobile oder Autos. Die Werte der geeichten Waage sind auch im Bußgeldverfahren beweisfähig und werden von den Gerichten akzeptiert. „Wir sind ein Transitgebiet mit vielen Gütertransporten, ein Schwerlastlandkreis", sagt Fuchs. Täglich sind auf der B 29 rund 8500 Fahrzeuge über 3,5 Tonnen unterwegs, auf der B 14 etwa 7200, das entspricht etwa 18 Prozent des gesamten Verkehrs.

Der Landrat will das neue Gerät auch in der Prävention einsetzen

Im vergangenen Jahr wurden im Rems-Murr-Kreis von der Polizei 3660 Lastkraftwagen überprüft, mit einer Beanstandungsquote von 50 Prozent. „Jetzt können wir den Standort schneller wechseln, die Kontrollintensität deutlich erhöhen, das Entdeckungsrisiko für die rollenden Zeitbomben wird höher“, sagt Michelfelder. 39.000 Euro hat die gemeinsam von Landratsamt und Polizei finanzierte digitale Waage gekostet – „die Buß- und Verwarnungsgelder gehen aber nur an uns“, schmunzelt Fuchs.

Der Landrat will das neue Gerät übrigens auch in der Prävention einsetzen. Er denke an Wohnmobilfahrer oder Stücklesbesitzer, die gerade in der beginnenden Sommerzeit mit Anhängern unterwegs sind. Diese wüssten oft zu wenig über Belastungsgrenzen oder die Eigendynamik des Fahrzeuges durch Seitenwinde – Fuchs spricht von „Schleuderbomben“. Vorgesehen sind Infoabende oder auch ein Testwiegen für Caravanbesitzer. Denn, so Fuchs: „Es gibt nicht nur unter den Truckern schwarze Schafe.“