Die Pflanzenbücher aus der Sammlung des Stadtmuseums sind eine Kostbarkeit. Foto: Horst Rudel

Das Stadtmuseum in Göppingen präsentiert Pflanzenbilder des im Jahr 1704 in Klein-Eislingen geborenen Johann Jakob Haid und dessen fast 260 Jahre jüngeren Kollegen Roland Spohn.

Göppingen - Anlässlich des 250. Todestags von Johann Jakob Haid zeigt das Göppinger Stadtmuseum Storchen im ersten Stock einen besonderen Schatz aus seiner Sammlung: sechs prachtvolle Pflanzenbücher, an denen der Kupferstecher und Schabkünstler, der im Jahr 1704 in Klein-Eislingen geboren wurde, maßgeblich mitgewirkt hat. Außerdem sind zahlreiche Einzelblätter aus den Bänden zu sehen. Im Kontrast dazu stehen die Illustrationen des fast 260 Jahre jüngeren Roland Spohn, die ebenfalls im Storchen präsentiert werden. Auch ihn faszinieren die Pflanzen, die er mit Aquarellfarben „erblühen lässt“, wie Karl-Heinz Rueß, der Leiter des Stadtmuseums, sagt.

Echter als die Wirklichkeit

Johann Jakob Haids Bildtafeln springen einen geradezu an. Es ist, als betrachte man die dargestellten Pflanzen unter einem Vergrößerungsglas und in der Dreidimensionalität, so detailversessen rückt Haid sie in Szene. Entsprechend lautet auch der Titel der Sonderausstellung „Echter als die Wirklichkeit – Die Verwandlung von Natur in Kunst“. Doch als Kunst waren diese Drucke einst nicht angelegt. Das vierbändige Werk „Phytanthoza iconographia“, das im Storchen ausgestellt ist und mehr als 1000 farbige Bildtafeln mit mehr als 4000 Blumen, Kräutern, Obst- und Gemüsepflanzen enthält, war ursprünglich als eine Art Atlas der Botanik gedacht.

So forderte der Auftraggeber des sogenannten Tafelwerks, der Apotheker und Botaniker Johann Wilhelm Weinmann, „die Natur auf das deutlichste zu exprimiren, und, wo es möglich, jedesmal die Frucht oder den Samen beyzusetzen“. Damit die Betrachter die Pflanzen eingehend studieren konnten, wurden auch einzelne Pflanzenteile dargestellt, nummeriert und in einer Legende erläutert. Im Anhang finden sich zudem Informationen über die verschiedenen Pflanzen – auf Latein.

Herstellung war sehr aufwendig

Die Blätter der „Phytanthoza iconographia“ sind die ersten Farbdrucke, die in Deutschland überhaupt hergestellt wurden. Sie mussten nur noch partiell von Hand nachkoloriert werden. Außer Haid haben an diesem Werk Bartholomäus Seuter und Elias Ridinger mitgearbeitet. Wie aufwendig die Herstellung dieser Bände war, lässt ihre lange Entstehungszeit erahnen: Ein Jahrzehnt dauerte es, bis die „Phytanthoza iconographia“ fertig gestellt war. Jährlich bekamen die Abonnenten, zumeist botanisch Interessierte, Ärzte und Apotheker, zwei Lieferungen mit jeweils 50 Tafeln. Erst am Schluss wurden die Einzelblätter gebunden. 23 Jahre verstrichen, bis die ebenfalls ausgestellten, fast noch prächtigeren zwei Bände der „Plantae selectae“ fertig gestellt waren. Nach dem Tod von Johann Jakob Haid im Jahr 1767 vollendete sein Sohn Johann Elias das Werk.

Trotz des Siegeszugs der Fotografie sind die Dienste von Illustratoren für Pflanzen- und Naturbücher noch heute gefragt, wie das Beispiel Roland Spohns zeigt, der 1962 in Bad Urach geboren wurde und von 1991 bis 2004 im Kreis Göppingen lebte. Seine Arbeiten sind im „Strasburger“, dem Standard-Lehrbuch für Botanik, ebenso zu finden wie in Büchern des Kosmos-Verlags. Auch in Göppingen hat er Spuren hinterlassen, etwa auf den Tafeln des Streuobstlehrpfads am Oberholz. „Die Fotografie zeigt offenbar nicht so viel, wie eine Illustration“, stellt der Museumsleiter Rueß fest.

Vorträge und Führungen

Die Pflanzenbilder sind bis zum 5. Juni dienstags bis samstags von 13 bis 17 sowie sonn- und feiertags von 11 bis 17 Uhr im Göppinger Stadtmuseum Storchen zu sehen.

Über das Malen mit Naturfarben spricht Roland Spohn am Freitag, 7. April, um 19.30 Uhr. Am 19. Mai stellt er um 19.30 Uhr zusammen mit seiner Frau Margot das Buch „Bäume und ihre Bewohner“ vor. Veranstaltungsort ist das Stadtmuseum. Am 20. Mai bietet das Ehepaar eine Naturerkundung auf dem Streuobstlehrpfad an. Am 21. Mai um 11 Uhr führen Roland Spohn und Karl-Heinz Rueß durch die Ausstellung. Weitere Führungen gibt es am 25. April und am 31. Mai.