Sinti und Roma protestieren am Schlossplatz gegen die Abschiebung in ihre Heimat Foto: dpa

Die Stadt legt auf Anfrage neue Zahlen zu Asylbewerbern offen: Rund 20 Prozent in Stuttgart stammen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten. An der Frage nach dem richtigen Umgang entzündet sich im Rathaus eine Debatte.

Stuttgart - An der Frage, wie die Stadt mit Flüchtlingen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern umgeht, hat sich im Sozialausschuss des Gemeinderats am Montag eine hitzige Diskussion entzündet. Anlass war eine Anfrage der AfD-Fraktion, die aktuellen Zahlen der Asylbewerber aus diesen Staaten offenzulegen.

Laut Sozialamtsleiter Stefan Spatz leben derzeit 106 Flüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina in der Landeshauptstadt, 186 aus Mazedonien, außerdem 20 Asylbewerber aus Jugoslawien sowie 21 aus Ghana. Das Gros der Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten stammt aus Serbien: 307 Menschen. Der Stadtverwaltung zufolge machen die Asylbewerber aus den fünf Ländern einen Anteil von rund 20 Prozent aus. Insgesamt sind das zur Zeit 640 Menschen. Laut Asylverfahrensgesetz sind sichere Herkunftsstaaten Länder, in denen Bürgern weder politische Verfolgungen noch menschenunwürdige Bestrafungen drohen. Sie können einfacher abgeschoben werden.

BAMF stockt Stellen langsam auf

Seitens der Stadt sorgt das Verteilsystem für Unmut. „Fakt ist, dass Flüchtlinge aus diesen Ländern nach vier Wochen aus der Landeserstaufnahme in die Stadt kommen. Eine Ablehnung des Asylantrags dauert oft länger als drei Monate“, so Amtsleiter Spatz. Die Anträge bearbeitet allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), eigentlich soll das in der Erstaufnahme in Karlsruhe geschehen.

Doch weil das Bundesamt in Karlsruhe chronisch überfordert ist, schiebt es die Arbeit in die Außenstellen des BAMF in den Kommunen ab. „Auch wenn das Amt in diesem Jahr noch 57 Stellen aufstocken will, geht uns das viel zu langsam“, sagte Spatz. „Es ist nicht richtig, den Asylbewerber, deren Anerkennungsquote bei unter ein Prozent liegt, Hoffnung zu machen und sie in die Kommunen zu schicken.“

In Stuttgart haben sich seit Mai 2014 die Zuzüge aus Herzegowina fast verdreifacht: Damals lebten laut dem aktuellen Flüchtlingsbericht der Stadt 36 Flüchtlinge aus dem Land in der Landeshauptstadt, inzwischen sind es 106. Ebenfalls stark angezogen sind die Zahlen aus Mazedonien (damals 91, heute 186) und Serbien (damals 170, heute 307). Aus den anderen Herkunftsländern stagnierten die Zahlen nahezu.

„Sozialer Sprengstoff“

AfD-Stadtrat Fiechtner inszenierte sich im Rathaus als Anwalt des besorgten Bürgers. „Ich bin immer wieder erstaunt, wie über die Sorgen der Menschen hinweg gegangen wird.“ Wenn das Recht auf Asyl ausgenutzt werde, bringe das „sozialen Sprengstoff“ mit sich, so Fiechtner. Es gebe kein Menschenrecht auf illegale Einwanderung. Im Anschluss schlug dem AfD-Stadtrat heftige Kritik aus den anderen Fraktionen entgegen. „Wenn Sie anfangen Menschenrechte zu relativieren, zeigt sich, in was für einer Welt sie leben. Sie sind der soziale Sprengstoff“, sagte Hannes Rockenbauch, aus der Fraktion SÖS-Linke-Plus.