Floriane Daniel (2. v. re.) als Wasserschutzpolizistin mit ihrem Team Foto: ARD

Die ARD will den Bodensee als Krimi-Kulisse nicht missen und lässt in der neuen Vorabendserie „Wapo Bodensee“ eine Wasserschutzpolizistin zwischen Fallermittlungen und Familienproblemchen hin und her pendeln.

Konstanz - Still und sanft ruht der See. Aber nicht wenn die Wasserpolizei im Einsatz ist: Schnellboote rasen gischtspritzend übers aufgewühlte Nass, Pistolen werden Spannung verheißend geladen und ins Halfter gesteckt, Handschellen baumeln vielsagend vor untergehender Sonne. Wild und schnell sind diese Bilder im Trailer zusammengeschnitten und mit einem flotten Popsong unterlegt.

Doch kaum setzt bei „Wapo Bodensee“ die Handlung ein, klimpert es im Hintergrund lieblich vor sich hin und der See liegt wieder da wie ein Pfannkuchen: platt und behäbig. Hausmannskost halt, und genauso lässt sich die neue Vorabendserie der ARD beschreiben, die an diesem Dienstag mit zunächst acht Folgen antritt.

Nachdem sich Frau Blum und Herr Perlmann vom „Tatort“-Dienst verabschiedet haben, nutzt die ARD den schönen Bodensee als Serienkulisse. Wo sonst treffen Berg und Wasser so reizvoll aufeinander, wo sonst kann man so malerisch in kriminelle Abgründe der Spezies Mensch abtauchen? Angeblich habe die Wahl des Drehorts aber gar nichts mit dem Ende des Bodensee-„Tatorts“ zu tun, sagte die Produzentin Kerstin Lipownik: Sie habe zuvor die eingestellte ZDF-Serie „Küstenwache“ gedreht und gern auf dem Wasser bleiben wollen.

Ein Mix aus Krimi und Familienserie

Dem Wasser treu bleibt auch die Hauptfigur Nele Fehrenbach (Floriane Daniel), die nach einer gescheiterten Ehe mit ihren Kindern Niklas (Noah Calvin) und Johanna (Sofie Eifertinger) aus Hamburg heimkehrt zur Mutter Mechthild (Diana Körner) in die schöne Villa am See. Das Landei, das in die Großstadt auszog, um zurück im Schoß der Provinz das verwehrte Glück zu finden – ein Filmmotiv so alt wie die Nachkriegsfilme und in der öffentlich-rechtlichen Serienwelt noch quicklebendig.

In Konschtanz, immer schön authentisch mit sch-Laut ausgesprochen, wird Nele Chefin der Wasserschutzpolizei und brüskiert damit den Kollegen Andreas Rambach (Ole Puppe), der selber Ambitionen hatte und von Frauen in Führungspositionen am liebsten nur in der Zeitung liest. Während der noch grantelt, sind die Jungspunde Demmler und Spitznagel (Wendy Güntensberger, Simon Werdelis) der neuen Chefin recht schnell treu ergeben.

Das fünfköpfige Autorenteam verbindet Krimi- und Familienserie – eine Idee, die nicht gerade vor Originalität glänzt, ebenso wenig wie die Arbeit der Regisseure Raoul W. Heimrich und Patrick Winczewski. „Wapo Bodensee“ erweist sich als übliches Hin und Her zwischen Ermittlungen und Familienproblemchen. In der ersten Folge macht sich Sohn Niklas mit Graffiti auf der Schulfassade bei der Schulleitung unbeliebt, bei den Klassenkameraden ist er das eh schon, weshalb er gar nicht warm wird mit der neuen Heimat; die strebsame Schwester Johanna ist unkomplizierter.

In der ersten Folge eine altbekannte Konstellation

An Nele Fehrenbach scheinen alle Widrigkeiten des Lebens abzuperlen wie Wasser an einem frisch eingecremten Babypopo. Nie verlischt ihr sonniges Dauerlächeln, nie verliert sie ihr stoisch-freundliches Gemüt, egal, ob die Schulleiterin sie abwatscht, ihre leicht übergriffige Mutter (Diana Körner mit Eins-a-Werbelächeln) ihr Vorhaltungen macht oder sie ihre Verdächtigen in die Mangel nimmt.

Denn die ehrgeizige und durchsetzungsstarke Wasserpolizistin übernimmt gleich in der ersten Folge „Das Geisterschiff“ eine Mordermittlung – gut, dass es Frau Blum nicht mehr gibt, die wäre über diese Kompetenzüberschreitung nicht erfreut. Die Leiche eines unsympathischen Yachtbesitzers und Eventmanagers wird am Ufer geborgen; auf dem Schiff finden sich Blutspuren. Sowohl die betrogene Ehefrau als auch ein Ehepaar, dem der Tote viel Geld schuldete, hätten Mordmotive; verdächtig macht sich eine junge Geliebte, die bei der Flucht Richtung Schweiz gestellt wird.

Man will nicht nachzählen, wie viele Aufgüsse so eine Konstellation im deutschen TV-Krimi schon erlebt hat. In der zweiten Folge „Die letzte Fahrt“ (24. Januar) wird es leidlich besser, da haben sich die Autoren die Mühe gemacht, den Krimi-Plot mit der Region zu verknüpfen: Ein Kapitän, der im Auftrag eines Konstanzer Geschäftsmanns Schwarzgeld steuersparend transportiert, kommt bei einer Explosion auf dem See ums Leben.

Schon naht ein schmucker Eidgenosse

Derartig grenzüberschreitend gelagerte Fälle bieten den Drehbuchautoren freilich die Gelegenheit, die dauerpatente Polizistin, die mit der Aura einer Familientherapeutin durchs Leben schreitet, wie schon in der Auftaktfolge dem Hauptmann Aubry (Martin Rapold) von der Schweizer Wasserpolizei übern Weg laufen zu lassen. Es wird bestimmt nicht das letzte Mal gewesen sein, so holzhammerartig, wie der schmucke Eidgenosse sein Interesse an der Konschtanzer Kollegin bekundet.

Martina Zöllner, die Fernsehfilmchefin des SWR, lobt im Presseheft „die spannenden und in ihren Wendungen immer wieder überraschenden Kriminalgeschichten“ und spricht von „glaubwürdig und liebevoll“ erzählten Emotionen und Konflikten. Sechs Folgen hat „Wapo Bodensee“ noch, um diese wahrlich kühnen Versprechungen einzulösen.