Blinde, Seh- und Mehrfachbehinderte sollen an der Wigandstraße ein neues Zuhause finden. So könnte der Neubau aussehen Foto: Büro Neddermann

Stiftung reicht den Bauantrag für einen Neubau am Schloss ein. 56 Betreuungsplätze sind geplant. 24 Personen sollen dort, aufgeteilt in drei Wohnungen, dauerhaft leben. Außerdem sind 34 Plätze als Tagesbetreuungsplätze vorgesehen.

Stammheim - Im Juni 2012 hatten Verantwortliche der Stiftung Nikolauspflege erste Pläne für einen Neubau an der Wigandstraße im Stammheimer Bezirksbeirat vorgestellt. Am Dienstagabend waren sie erneut nach Stammheim gekommen, um die Kommunalpolitiker auf den aktuellen Stand zu bringen. „Eigentlich wollten wir ja schon 2013 mit dem Bau beginnen, aber wir mussten einige Rückschläge hinnehmen“, sagte Dieter Feser, Vorstandsvorsitzender der Nikolauspflege. Von Seiten des Stadtplanungsamtes etwa kamen zahlreiche Vorschriften. So muss sich das neue Gebäude beispielsweise in das bestehende Umfeld einfügen, einen größtmöglichen Abstand zum Schloss einhalten und darf nicht höher als die Nachbargebäude sein. Nach Gesprächen mit Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer und Baubürgermeister Matthias Hahn, dem Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung sowie der Denkmalpflege seien die größten Hürden mittlerweile genommen. „Vor zwei Wochen haben wir den Bauantrag eingereicht“, sagt Dieter Feser. In Kooperation mit der Stiftung Evangelische Altenheimat (SEAH) plant die Stiftung Nikolauspflege den Bau einer dreistöckigen Wohn- und Förderungsstätte für sehbehinderte und blinde Menschen. 24 Personen sollen dort, aufgeteilt in drei Wohnungen, dauerhaft leben. Außerdem sind 32 Plätze als Tagesbetreuungsplätze vorgesehen. „Ziel ist: Die Bewohner leben und arbeiten an einem Ort und werden vor Ort von Fachkräften betreut“, erklärte Feser. Nur ein kleiner Teil der Bewohner gehe zum Arbeiten in die Werkstätten nach Untertürkheim oder am Kräherwald. Ein vergleichbares Angebot biete die Nikolauspflege in einer Betreuungsstätte in Welzheim. Das sei aber 60 Kilometer entfernt. „Viele Stuttgarter Sehbehinderte und Blinde wollen gern in Stuttgart bleiben.“ Für sie sei das neue Wohnheim vorgesehen.

„Intaktes soziales Lebensumfeld“

Feser hob in seiner Präsentation auch die Vorteile hervor, die sich aus seiner Sicht für den Stadtbezirk ergeben: „Die Chancen für Stammheim liegen in der Einbindung der Bewohner in Kirchen, Vereine und städtische Einrichtungen.“ Positive Wechselbeziehungen ließen sich durch das bestehende Mehrgenerationen-Zentrum Luise-Schleppe-Haus verwirklichen: die Nutzung der medizinischen und technischen Infrastruktur, die Essens- und Wäscheversorgung sowie der Hausmeisterservice. „Wir finden in Stammheim ein intaktes soziales Lebensumfeld vor“, sagte Feser. Auch Martin Adel, Finanz- und Liegenschaftsvorstand der Stiftung Evangelische Altenheimat, sieht in der Kooperation Vorteile für Stammheim: „Soziale Einrichtungen schaffen Arbeitsplätze, darüber hinaus kann das gesamte Gemeinwesen von der Infrastruktur profitieren.“ Architekt Professor Rolf Neddermann versicherte, dass die Vorgaben der Stadt eingehalten würden. Das Dachgeschoss des dreistöckigen Gebäudes sei um drei Meter zurückversetzt. Gewohnt werde in den oberen beiden Stockwerken, im Erdgeschoss sei der Förder- und Betreuungsbereich unter anderem mit den Werkstätten vorgesehen. Die Bäume an der Straße blieben stehen. Die Schlossmauer werde abgetragen, eingelagert und wieder aufgebaut. „Gebaut wird nach Krankenhausrichtlinien, mit breiten Gängen und zwei Fluchtwegen.“

Im Januar 2016 müsste der Bau fertig sein

Für Irritationen bei Anwohnern sorgte die Aussage, dass für die Heizung des Gebäudes eventuell Geothermie genutzt werden sollte. „Wir werden sehr sorgfältig prüfen, ob das am Standort überhaupt möglich ist“, sagte Neddermann. „Kein Planer wird hier ein Risiko eingehen.“ Die Nikolauspflege sicherte zu, die Bezirksbeiräte und Anwohner über das Ergebnis der Prüfungen auf dem Laufenden zu halten und im Beirat darüber zu berichten.

Auf die Frage nach dem möglichen Baustart sagte Dieter Feser: „Die Stadt weiß, dass wir seit Jahren dran sind, auch der Druck von Elternseite ist groß – wir hoffen, dass wir noch in diesem Sommer mit dem Bau beginnen können.“ Die Förderung gebe ein enges Korsett vor: Vier Millionen Euro dürften nicht überschritten werden, im Januar 2016 müsse der Bau fertig sein.