Die Allianz gibt ihre Standorte (im Bild das Gebäude an der Ecke Uhlandstraße/Olgastraße) in der Innenstadt auf. Sie will nach Vaihingen ziehen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Für die Neubauten der Allianz im Stadtbezirk Vaihingen soll am 21. Juli der architektonische Entwurf gekürt werden. Das Projekt ist damit ein paar Monate in Verzug.

Stuttgart - Am künftigen Allianz-Standort in Stuttgart-Vaihingen könnten unter Umständen mehr Mitarbeiter mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu Arbeit kommen als zu den bisherigen Standorten in der Stuttgarter Innenstadt. Er könne sich das durchaus vorstellen, sagte Rainer Hagenbucher, Standortleiter der Allianz in Stuttgart, unserer Zeitung – nachdem Horst Stammler vom Verkehrsverbund VVS sich jüngst eher vorsichtig gezeigt hatte. Dessen Warnung: Erst einmal müsse man die hohe Zahl der ÖPNV-Nutzer in der Allianz-Belegschaft an den Innstadtstandorten erhalten.

1100 Mitarbeiter wohnen in Stuttgart

Nach Hagenbuchers Worten kommen zurzeit mehr als 60 Prozent der ingesamt etwa 4000 Allianz-Mitarbeiter nicht mit dem Auto, rund 1500 nutzen das Kraftfahrzeug. Ehe Umzugspläne geschmiedet wurden, habe man sich auch genauer angeschaut woher die Kollegen kämen. Ergebnis: 93 Prozent wohnen in Baden-Württemberg, 61 Prozent entweder in einem der fünf Landkreise der Region oder im Stadtkreis Stuttgart. Im Stadtgebiet selbst sind 28 Prozent der Allianz-Mitarbeiter ansässig – in absoluten Zahlen rund 1100 Personen.

Damit sich der künftige Allianz-Standort möglichst gut in den verkehrsbelasteten Synergiepark Möhringen/Vaihingen einfügt, will der Versicherungskonzern im Rahmen seiner Möglichkeiten und im Sinne einer Verkehrsstudie über die Allianz-Ansiedlung am Gelingen mitwirken. Da gehe es nicht nur um Fragen der Infrastruktur wie Abstellplätze für Autos und Fahrräder, sondern auch um Duschmöglichkeiten für Fahrradfahrer unter den Mitarbeitern. Auch die Beteiligung am Jobticket, die zum 1. August vollzogen wird, sei schon im Hinblick auf den geplanten Umzug herbeigeführt worden, sagt Hagenbucher.

Die Allianz gewährt dann pro Mitarbeiter und Monat zehn Euro Zuschuss zur Dauerfahrkarte für Busse und Bahnen, was dem Fahrgast zehn statt bisher höchstens fünf Prozent Rabatt beim VVS einbringt. Erste Mitarbeiter hätten schon Interesse am Jobticket bekundet, sagte Hagenbucher. Aber für ein Fazit sei es viel zu früh.

Bisher sei es so, dass von den 2400 Mitarbeitern, die nicht mit dem Auto kommen, etwa 1500 auf das Firmenticket zurückgreifen. Das ist eine Dauerfahrkarte, die beim Verkehrsverbund VVS mit fünf Prozent Rabatt erworben werden kann, weil das Unternehmen eine Sammelbestellung vornimmt.

Mietverträge laufen bis Ende 2020

Anders als die Daimler AG bei dem jüngsten Spatenstich für ein Büroprojekt im Synergiepark fordert Hagenbucher nicht ausdrücklich den Ausbau der Nord-Süd-Straße von und zur Autobahn 8, schon gar nicht die Schaffung weiterer Fahrspuren abseits der Kreuzungen, die auch der Stadtverwaltung als ausbaubedürftig gelten. Im Sommer wolle die Stadt ein Verkehrskonzept vorlegen, das werde man sich in aller Ruhe ansehen. „Dass man das Verkehrsthema im Synergiepark angehen muss, ist unstrittig“, fügte Hagenbucher hinzu. Von der „hochkreativen Idee einer Seilbahn“ zwischen Autobahnausfahrt Möhringen und Gewerbegebiet, für die sich Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) begeistert, erwartet sich der Allianz-Standortleiter „kurzfristig eher keine Entlastung“. Wann die Belegschaft die Heßbrühlstraße in Vaihingen ansteuern muss anstatt die Uhlandstraße oder die Marienstraße im Stadtbezirk Mitte oder die Reinsburgstraße im Stuttgarter Westen, ist derzeit noch ungewiss. „Realistischerweise wird der Umzug nicht vor Ende 2021 sein, vielleicht eher noch 2022“, sagte Hagenbucher. Die Mietverträge für die beiden großen Standorte Uhlandstraße und Reinsburgstraße laufen bis Ende 2020, die Allianz kann aber eine Option für die Verlängerung ziehen.

Im Moment läuft noch der Architektenwettbewerb für die Neubauten auf dem Gelände des vereinseigenen Sportvereins TSV Georgii Allianz, an dem zehn Büros beteiligt sind. Die Präsentation der Ergebnisse sei für den 21. Juli geplant, die Entscheidung auch. Das ist allerdings rund ein Vierteljahr später als ursprünglich geplant und liegt daran, dass der politische Diskussionsprozess in Bezirks- und Gemeinderat etwas zeitaufwändiger war als geplant.

Allianz will „kein Fremdkörper“ sein

Der Prozess sei langwierig und etwas anstrengend, sagte Hagenbucher, „aber nicht entnervend“. Das dialogorientierte Vorgehen entspreche den Vorstellungen, die die Allianz gehabt habe: „Wir wollen, dass alle sagen, dies ist eine gute Lösung. Wir wollen nicht Fremdkörper sein und Gefahr laufen, dass wir uns unerwünscht fühlen müssen.“ Er glaube, dass der Wegfall von Sportflächen durch die Neuordnung im Umfeld der Baustelle gut aufgefangen und die Büros letztlich umweltverträglich gebaut werden könnten. Die Lösung des Verkehrsproblems sei im Wesentlichen Aufgabe der Stadt, fügte er hinzu.

Eine andere Fläche, die den Anforderungen genüge und einen guten Anschluss an den ÖPNV biete, habe die Allianz im Großraum Stuttgart, wo sie bleiben wollte, nicht gehabt. „Die Annahme, wir gingen nur nach Vaihingen auf das Gelände unseres Sportvereins, weil wir so einen Planungsgewinn realisieren könnten, ist Unsinn“, sagte Hagenbucher. Diese paar Millionen seien nicht der ausschlaggebende Faktor gewesen, so der Standortleiter, schließlich gehe es um ein Projekt mit Kosten im mittleren dreistelligen Millionenbereich.