Hans Schöffler übernimmt die Blumenpflege im Haus am Schloss. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

In Stammheim hat die Nikolauspflege eine Wohn- und Arbeitsstätte für Blinde und Sehbehinderte gebaut. Nach langen Bauverzögerungen ist es nun bezugsfertig, am Freitag ist Einweihung. Wir stellen einen Bewohner vor: Hans Schöffler.

Stuttgart - Wäre es ein Tag wie jeder andere, dann wäre Hans Schöffler längst aufgebrochen zum Einkaufen und zu seinem Rentnertreff in der Stammheimer Ortsmitte. „Man sitzt auf dem Platz zusammen und erzählt sich das Neueste“, sagt der Sehbehinderte. Er sagt, dass die Männer es bedauern, wenn er mal fehlt, und das schon wenige Wochen nach seinem Zuzug. An diesem Tag aber ist alles anders, da will er zeigen, wie gut er es getroffen hat mit seiner Wohnung im Haus am Schloss.

Die Einrichtung ist unspektakulär: Bett, Schrank, Fernsehsessel, Flachbildschirm. Aber die Terrasse, die er von seinem Zimmer aus betreten kann und auf der er auch mal ganz für sich allein draußen sitzen kann, die sei Gold wert. Er ist Raucher. „Das ist alles viel schöner als unser Wohnprojekt auf dem Pragsattel“, sagt der 65-Jährige.

Den Wegzug verhindert

Dort hatte die Nikolauspflege eine Wohngruppe aufgemacht für Menschen mit Sehbehinderungen und für Blinde, die hier aus der Region stammen und in einer Feuerbacher Werkstatt arbeiten. Außerdem wurden schwer mehrfachbehinderte junge Erwachsene aufgenommen, die dort sowohl wohnten als auch betreut wurden. Damit war es der Stiftung gelungen, den Bewohnern in Stuttgart eine Heimat zu schaffen und so deren Wegzug zu verhindern. Für die zum Teil hochbetagten Eltern der Kinder ist das eine große Erleichterung.

Die Wohngruppe am Pragsattel war nur ein Interimsquartier, ein Neubau in Stammheim projektiert und im Jahr 2012 von der Aktion Weihnachten mit einer Spende in Höhe von 25 000 Euro unterstützt worden. Doch viele Verzögerungen – begonnen beim Baugesuch bis hin zu vermeintlichen historischen Funden aus der Römerzeit – führten zu jahrelanger Verspätung. Währenddessen kam Hans Schöffler ins Rentenalter, „wir haben aber mit allen beteiligten Kostenträgern und Ämtern trotzdem ein Zuhause für ihn hier schaffen können“, sagt Petra Mack, die Projektleiterin der Nikolauspflege.

Keine OP half

Hans Schöffler stammt aus einer Bauernfamilie, doch nachdem der Vater tödlich verunglückt war, gab seine Mutter den Hof auf. Inzwischen ist die Mutter verstorben, Schöfflers Ehe blieb kinderlos, seine Frau ist einem Krebsleiden erlegen. Der gelernte Masseur ließ sich zum Physiotherapeuten ausbilden und wollte montags seine eigene Praxis eröffnen, als er Sehprobleme bekam. „Da war erst Nebel vor den Augen, dann war das Gesichtsfeld eingeengt.“ Engwinkelglaukom lautete die Diagnose, mehrere Operationen folgten, „aber ich bin jedes Mal schlechter wieder rausgekommen aus dem Krankenhaus, als ich rein bin“, sagt er.

Er versuchte, mit der Sehbehinderung zurechtzukommen, stürzte aber mehrfach, wobei er sich zuletzt noch mit heißem Wasser verbrühte und der Sozialdienst im Krankenhaus ihn an die Nikolauspflege vermittelte. „Weil ich nicht mehr arbeiten muss, kümmere ich mich hier halt um den Garten“, sagt Hans Schöffler. Er weiß inzwischen, wie er mit Rollator und Gießkanne gleichzeitig hantieren kann, und findet sich, wie alle anderen Bewohner, im Garten, im hellen, großzügigen Haus und auf den Balkonen und Terrassen gut zurecht: „Das Haus hier ist für mich der Himmel auf Erden.“

Eröffnungsfeier

24 Menschen werden im Haus am Schloss künftig leben, 32 Plätze stehen zur Förderung der Bewohner zur Verfügung. An diesem Freitag, 7. Juli, wird das Haus am Schloss eingeweiht, um 12 Uhr öffnet das Haus für Besichtigungen seine Türen. Es werden Rundgänge angeboten.