VfB-Abwehrspieler Benjamin Pavard Foto: AFP

Vor einem Jahr kickte Benjamin Pavard mit dem VfB Stuttgart noch in der zweiten Liga. Nach seinem Debüt für Frankreichs A-Nationalteam stellt sich nun die Frage: Wann verlängert der Club den Vertrag mit dem Abwehrspieler?

Paris/Köln - Es war nicht die ganz große Bühne des internationalen Fußballs, aber das war für Benjamin Pavard zweitrangig. Für den Franzosen konnte es kaum Größeres geben: Freitagabend, Prinzenparkstadion Paris, Freundschaftsspiel gegen Wales – und: Länderspielpremiere des jungen Verteidigers vom VfB Stuttgart für die A-Nationalmannschaft Frankreichs. Dazu noch das: Nach 46 Minuten eingewechselt, bot sich Pavard sogar die Chance auf einen Treffer. Sein Schuss allerdings landete am Pfosten, weshalb der Abwehrspieler einerseits sagte: „Ich dachte, er wäre drin, ich war enttäuscht.“ Mit Blick auf das große Ganze aber meinte er: „Es war ein enormes Erlebnis. Mit meiner Premiere bin ich sehr, sehr zufrieden.“ Bienvenue, Benjamin!

Die Nominierung durch den Nationalcoach Didier Deschamps war ja kein Geschenk des Himmels, sondern das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, den der 21-Jährige binnen anderthalb Jahren in Stuttgart durchgemacht hat. Vom vermeintlichen Bruder Leichtfuß zum gestandenen Innenverteidiger. Vom skeptisch beäugten Fünf-Millionen-Einkauf aus der französischen Ligue 1 zu einem der begehrtesten (Abwehr-)Spieler der Bundesliga. Die Wackler und Schnörkel sind raus aus seinem Spiel, in dieser Saison gibt der 1,86 Meter große Verteidiger den kompromisslosen Abräumer, der ebenso durch sein Aufbauspiel glänzt. Meist erahnt er die Gefahr, bevor sie entsteht. Sein Trainer Hannes Wolf sagt: „Benjamins Gesamtentwicklung ist top. Er ist voll angekommen und zeigt die richtige Mischung aus spielerischem Ansatz und Konsequenz.“

Hummels und Ramos als Vorbilder

Kein Wunder, zählt der Lockenkopf doch den eleganten Mats Hummels genauso zu seinen Vorbildern wie das Raubein Sergio Ramos. Als einziger VfB-Profi neben Torhüter Ron-Robert Zieler stand Pavard („Ich bin in Stuttgart zu einem Mann gereift“) in allen elf Bundesligaspielen über die komplette Distanz auf dem Platz. Was ihn aktuell auch zu einem Anwärter auf den „Rookie des Monats“ der Deutschen Fußball-Liga macht. Neben Sébastien Haller von Eintracht Frankfurt und Hannovers Ihlas Bebou wurde er für die Auszeichnung als bester Bundesliga-Neuling im Oktober nominiert.

Beim Blick auf seine Spieldaten (ein Saisontor) sticht vor allem seine Passsicherheit heraus. Nur elf Prozent seiner Zuspiele landeten im bisherigen Saisonverlauf beim Gegner. Und das, obwohl bei Pavard immer alles vite, vite geht. Nach der Balleroberung spielt er selten quer oder zurück, sondern meist mit Tempo in die Spitze. „Ich bin ein technischer Spieler, so habe ich das Verteidigen gelernt“, blickt er auf seine Ausbildung beim OSC Lille zurück. Diese Art der französischen Abwehrschule führte ihn nun nach 15 Einsätzen in der U 21 in die A-Auswahl der Equipe Tricolore.

„Wir dachten erst an einen Scherz“, berichtete Pavards Vater Frédéric von dem Moment, als sie von der Berufung erfuhren, „wir haben zu seinem Berater erst gesagt, er soll uns nicht veräppeln.“ Doch Deschamps, der Weltmeister von 1998, scherzt selten.

Seite an Seite mit Mbappé und Griezmann

Sein Anruf war Ernst – was Pavard Junior innere Luftsprünge vollführen und auch den medialen Aufgalopp mit Bravour meistern ließ: In der TV-Sendung Téléfoot trällerte er vor seiner Premiere französische Chansons. Schon als Kind träumte der nach außen stets cool wirkende Benjamin („der Glückliche“) davon, einmal für die Grande Nation aufzulaufen. Bis es am Freitag gegen Wales (2:0) so weit war, Seite an Seite mit Stars wie Antoine Griezman und Kylian Mbappé. „Ich bin stolz darauf, mit euch zu spielen“, teilte er danach per Internet mit. Und „natürlich“ hat er „große Lust, wiederzukommen“.

Die Chancen, dass es sich für ihn um mehr als nur ein Intermezzo im Kreis der Arrivierten handelt, stehen gar nicht so schlecht. Zwar ist er bereits der 72. Nationalspieler seit Deschamps Amtsantritt vor fünf Jahren. Doch der Teamchef hat die letzten Länderspiele des Jahres zu einem wichtigen Test für die WM in Russland ausgerufen. Am Dienstag (20.45 Uhr(ARD) treffen die Franzosen in Köln auf die DFB-Elf.

Wo dann sicher auch die Scouts aus der Bundesliga ihren Blick auf den Innenverteidiger aus Stuttgart richten werden. Das ist aus Sicht des VfB nämlich die Kehrseite der Geschichte. Die Schlange möglicher Interessenten wird nicht kleiner, wenn Pavard für Les Bleus aufläuft – und womöglich auch noch im kommenden Jahr in Russland auf sich aufmerksam macht. „Er ist ein guter Spieler. Und gute Spieler wecken natürlich Begehrlichkeiten“, weiß Sportvorstand Michael Reschke. Es ist kein Geheimnis, dass der Club Pavards bis 2020 laufenden Vertrag gerne vorzeitig verlängern würde. Wasserstandsmeldungen gibt Reschke diesbezüglich aktuell keine ab, doch soviel ist klar: Die Sache könnte schwierig werden. Denn sein Fernziel hat der 21-Jährige bereits formuliert: „Irgendwann möchte ich Champion werden.“