Adam Driver in „Paterson“ Foto: Verleih

Adam Driver spielt einen dichtenden Busfahrer in Jim Jarmuschs aktuellem Film „Paterson“, der an einem Ort in New Jersey spielt, dem der US-Poet Willliam Carlos Williams einen band gewidmet hat und in dem Beat-Poet Allen Ginsberg geboren wurde.

Paterson - In „Frances Ha“ war der stets einnehmende Adam Driver ein geschmeidiger Bohemien, in „Gefühlt Mitte 20“ ein manipulativ-charismatischer. In „Star Wars VII“ trat er als cholerischer Wüstling in die Fußstapfen des legendären Darth Vader, eine der schwierigsten Schauspielaufgaben aller Zeiten.

Und nun der radikale Gegenentwurf: Driver spielt den introvertierten Busfahrer Paterson, der ständig Beobachtungen und Gedanken über die Menschen und das Leben in Verse fasst. Nahezu unsichtbar ist diese Figur, doch auch sie schillert auf ganz eigene Weise hinterm Lenkrad des Busses oder auf der Bank vor dem berühmten Wasserfall der Stadt, die Paterson heißt wie er selbst.

Jim Jarmusch („Broken Flowers“) hat den Ort in New Jersey, New Yorks oft belächeltem Überlaufbecken, klug gewählt. Patersons Vorbild ist der dichtende Kinderarzt William Carlos Williams (1883–1963), dessen bekanntestes Werk „Paterson“ heißt und der Vorbild auch für Beat-Poeten war wie den in Paterson geborenen Allen Ginsberg.

Patersons Dasein gleicht einem ruhigen Fluss

Der Busfahrer Paterson gleitet täglich durch die Stadt und lauscht den Gesprächen seiner Passagiere, etwa zwei jungen Männern, die ihr Versagen im Umgang mit Frauen in Souveränität umdeuten. Er hört dem Kollegen zu, der im Chaos steckt, wird Zeuge eines Eifersuchtsdramas in einer Bar. Sein eigenes Dasein dagegen gleicht einem langen, ruhigen Fluss, und ein solcher sind auch Jarmuschs wohltuend entschleunigte Bilder, die ideale Folie für Patersons Lyrik.

„Ich gehe durch Billionen Moleküle, die mir Platz machen, während auf beiden Seiten Billionen weitere bleiben, wo sie sind“, zitiert er Worte von Ron Padgett, Jarmuschs Lieblingslyriker. Der Regisseur zelebriert die im Geheimen blühende Poesie des Alltags und die mögliche Feinsinnigkeit vermeintlich kleiner Leute, die aktuell unter Generalverdacht stehen, schuld zu sein am Triumph des Trumpismus.

Sie lieben sich, obwohl sie so ungleich sind

Den größtmöglichen Kontrast zum in sich ruhenden Paterson ist seine rastlose Frau Laura, deren Schwarz-Weiß-Fimmel sich auf gestreiften Röcken und bekreisten Gardinen niederschlägt. Am einen Tag glaubt sie, mit Harlekin-Gitarre zum Country-Star zu werden, am nächsten, mit schwarz-weißen Cupcakes das große Geld zu machen. Die Iranerin Golshifteh Farahani („Huhn mit Pflaumen“, 2011) gibt der Sprunghaften eine durch und durch liebenswerte Aura, und die Bulldogge Marvin schnaubt ungläubig, dass Paterson und Laura einander so sehr lieben – wo sie doch so ungleich sind.

Auch dafür hat der Dichter Paterson einen Vers: „Without love, what reason is there for anything?“ Frei nach Loriot: Ein Leben ohne Liebe wäre möglich, aber sinnlos.