Der Krimi „Schwer verdaulich“ von Jürgen Seibold spielt zum Teil auf dem Neckar: Auf einem Schiff wird ein Mann ermordet. Foto: Stefanie de Buhr/Max Kovalenko

Jürgen Seibold nutzt den Neckar nicht nur als hübsche Kulisse, sondern auch als Mord-Tatort. In unserer Serie über den Neckar in der Literatur erzählt er, warum der schwäbische Strom ihm beim Schreiben auch mal einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.

Bad Cannstatt - Der echte Kapitän war Vorbild für den fiktiven: Der Autor Jürgen Seibold hat vor einiger Zeit über den Neckar-Käpt’n geschrieben und sich daher zum Interview mit Wolfgang Thie auf dessen Schiff getroffen. „Das ist so ein cooler und entspannter Typ, der absolut in sich ruht. Das gibt es selten und ist eine Wohltat“, sagt Seibold. Kein Wunder, dass er Thie als Schablone für Kapitän Paulsen diente, der die „MS Anna Scheufele“ in seinem Krimi „Schwer verdaulich“ steuert.

Das Schiff ist ebenfalls fiktiv, doch auch hier diente als Vorlage eines derGefährte des Neckar-Käpt’n. Wenn die Hauptfigur, der Bestatter und unfreiwillige Mordermittler Gottfried Froelich, also zu Beginn aufs Schiff steigt, hat Seibold dessen Eindrücke mit eigenen Augen gesehen: „Er ließ den Blick über den Neckar schweifen, sah eine S-Bahn, Personen- und Lastwagen, einen Omnibus und eine Stadtbahn über ihre Brücken flitzen, sah unter der Brücke die Schleusenanlage und hinter dem Fluss den Stadtteil Bad Cannstatt liegen.“

Details anhand realer Schauplätze

Während seiner Fahrt mit Thie hatte Seibold viel Gelegenheit, weitere Details zu beobachten: „Blubbernd nahm der Dieselmotor Drehzahl auf. Als das ‚Schwimmende Büfett’ ablegte und sich rückwärts in den Neckar hinaus tastete, tauchte das Heck in die dichten Abgasschwaden, die der Diesel absonderte. Kurz zog ein scharfer Geruch durchs Deck, aber dann gab das Schiff Schub nach vorn und nahm Kurs auf die flussabwärts liegende Schleusenanlage.“

Auf dem Schiff, das von einem Verein von Genussfreunden als „Schwimmendes Büfett“ gemietet wurde und den Neckar hinunter Richtung Besigheim schippert, geschieht kurz nach dem Ablegen ein Mord. Ein Restaurantkritiker scheidet dahin – offensichtlich vergiftet. Und dann werden auch noch zwei Bomben an Bord gefunden; niemand darf die „Anna Scheufele“ verlassen. „Ich wollte eine Situation wie in Agatha-Christie-Romanen schaffen“, erklärt Seibold. „Keiner kann raus, keiner rein und dabei einen Mordfall lösen. So kam der Neckar ins Spiel.“

Stapelweise Leichen

Der schwäbische Strom begleitet den 56-Jährigen schon länger. Er hat in Tübingen studiert, lebt aktuell in Leutenbach bei Winnenden. Dort fließt der Buchenbach, „und der fließt über die Murr auch in den Neckar“. Einmal habe ihn der Fluss allerdings vor Probleme gestellt, erzählt Seibold. In seinem Buch „Der arme Konrad“ will eine Figur diesen überqueren, und zwar bei Neckargröningen. Seine Recherchen ergaben aber, dass das im Jahr 1513 gar nicht so einfach war. Eine Fähre – was Seibold vorgehabt hatte – war damals sehr teuer, nur reiche Leute konnten es sich leisten und sicher nicht seine Figur, die von der Walz zurückkehrte.

„Ansonsten habe ich aber natürlich nichts gegen den Neckar“, sagt er. Und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Falls sich mal einer fragt, warum ich dauernd Leichen dort ablege.“ Im nächsten Buch, das im Oktober erscheint, kommt der schwäbische Strom zwar nicht explizit vor. Der Ermittler Stefan Lindner hat aber sein Büro in Bad Cannstatt, und zwar an der Taubenheimstraße, wo das Landeskriminalamt sitzt.

Wird der Neckar künftig wieder auftauchen in seinen Büchern? „Das lässt sich nicht vermeiden“, sagt Seibold. Und er tue dies zudem gerne. „Der Neckar ist doch unser Fluss.“