Harmlos: Wer mit seinem Auto auf ein himmlisches Fahrgefühl hinweisen will, darf das auch weiterhin tun. Foto: Knitz

Wunschkennzeichen fürs Auto dürfen nicht gegen die guten Sitten verstoßen – doch wie ist das mit Chiffren wie 1488? Vom Umgang mit Nazi-Nummernschilder.

Stuttgart - Autofahren kann langweilig sein, vor allem im Stau. Da kommt man schon mal ins Grübeln, ob einem der Vordermann oder die Vorderfrau auf dem Nummernschild etwas mitteilen will. Und was genau? Des Rätsels Lösung ist meist ziemlich banal. Wer mit der amtlich zugewiesenen Kombination aus Buchstaben und Zahlen nicht zufrieden ist und ein Wunschkennzeichen kauft, belässt es meist bei seinen Initialen oder notiert das Datum des Hochzeitstags. Die deutsche Zulassungsverordnung lässt kaum mehr zu. Bekenntnisse wie in den USA, wo man den Vordermann mit „XLR8“ (accelerate!) zum Gasgeben auffordern kann, sind in Deutschland nicht möglich.

Politisch radikale Kreise haben dennoch eine Möglichkeit entdeckt, um ihre Gesinnung zum Ausdruck zu bringen: Sie benutzen Buchstaben und Ziffern als Chiffren für Namen oder Aussprüche, die ansonsten tabu sind. Das Stuttgarter Verkehrsministerium hat ein paar aufgelistet, weil die Landtags-SPD über ein Verbot nachdenkt. Natürlich gehört die doppelte Acht dazu, denn in der Terminologie der Neonazis stehen die Ziffern für den achten Buchstaben im Alphabet und sollen den Hitlergruß symbolisieren. Steht noch eine 14 dabei, soll das ein Code sein für die „Fourteen Words“, die Parole weißer Rassisten: „We must secure the existence of our people and a future for white children.“

Extremist oder VfB-Fan?

Auch IS (für Islamischer Staat), RH (für Rudolf Hess) oder AH (für Adolf Hitler) sind gebräuchlich. Darüber hinaus seien Kombinationen denkbar, die für rechtsextremistische Organisationen stünden, heißt es in der Antwort des Landesverkehrsministers, so zum Beispiel JN (für Junge Nationaldemokraten) oder FT („furchtlos und treu“). Bei Letzteren könnte es sich aber schlicht um Anhänger des VfB Stuttgart handeln, der die Inschrift des alten württembergischen Wappens bekanntlich als Vereinsmotto gewählt hat. Mit Rechtsextremismus wird man das schwerlich in Verbindung bringen können. Eindeutiger ist da schon die Chiffre 1312, was für die Buchstabenfolge ACAB steht und so viel bedeuten soll wie: All Cops are Bastards (Alle Polizisten sind Hurensöhne).

Verbieten will die Landesregierung solche Schmäh- oder NS-Codes dennoch nicht. Denn im Unterschied zu Abkürzungen wie SS oder NS, die eindeutig auf den Nationalsozialismus hinweisen, könnten Kombinationen wie WP (für White Power) von den wenigsten Menschen auf Anhieb dechiffriert werden, befindet der Verkehrsminister: „Für die Öffentlichkeit dürften entsprechende Kennzeichen eher wenig Bedeutung haben.“ Sie dienten eher szeneintern zur Demonstration einer bestimmten Gesinnung, glaubt er und folgert: „Die aktuellen Regelungen haben sich bewährt.“

„Die guten Sitten“

Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung sieht vor, dass die Zeichen „nicht gegen die guten Sitten verstoßen“ dürfen. Das gilt sowohl für das fahrzeugbezogene Kennung (also jene, die auf das sogenannte Unterscheidungszeichen des Verwaltungsbezirks folgt), als auch für die Kombination von beiden. Im landeseinheitlichen Computersystem sind deshalb Erkennungszeichen wie KZ, SA, SS oder HJ gesperrt. Darüber hinaus prüft jeder Stadt- und Landkreis, ob es zu sittenwidrigen Kombinationen kommen kann. In Stuttgart stehen deshalb Buchstaben, die eine NS-Assoziation wecken könnten, erst gar nicht zur Verfügung, darunter die Buchstaben A, D, oder S. In Köln ist konsequenterweise das „Z“ nicht zu haben, und Nürnberg hält den Daumen auf der Kombination „PD“.

Die Bundesländer handhaben das übrigens verschieden. So lässt etwa Rheinland-Pfalz das Kürzel HH in Kombination mit 88 nicht mehr zu. Und der schleswig-holsteinische Kreis Steinburg (Kennzeichen IZ für Itzehoe) verbietet den Autofahrern sogar die Kombination mit AN: Man könnte die vier Buchstaben ja rückwärts lesen . . . Doch die Sache ist nicht trivial: Auch einige Verfassungsschutzbehörden weisen in ihren Berichten auf die Praxis der Extremisten hin, sich so gegenseitig zu erkennen. Österreich hat die Wunschkennzeichen im Gegensatz zu Deutschland vor zwei Jahren bundeseinheitlich geregelt. Dort untersagt nun das Kraftfahrgesetz eine „lächerliche oder anstößige Buchstabenkombination oder Buchstaben-Ziffernkombination“.