Gegen alle Warnungen des Westens hat Russland aus Nato-Sicht eigene Soldaten in die umkämpfte Ostukraine geschickt. Man habe festgestellt, dass "große Mengen hochmoderner Waffen einschließlich Luftabwehrsystemen, Panzern und gepanzerten Fahrzeugen den Separatisten in der Ostukraine übergeben wurden".

Gegen alle Warnungen des Westens hat Russland aus Nato-Sicht eigene Soldaten in die umkämpfte Ostukraine geschickt. Man habe festgestellt, dass "große Mengen hochmoderner Waffen einschließlich Luftabwehrsystemen, Panzern und gepanzerten Fahrzeugen den Separatisten in der Ostukraine übergeben wurden".

Kiew/Brüssel - Das sagte der niederländische Brigadegeneral Nico Tak im militärischen Hauptquartier der Nato im belgischen Mons. Mehr als 1000 russische Soldaten seien im Einsatz. Vor dem EU-Sondergipfel am Samstag in Brüssel forderte die Regierung in Kiew den Westen auf, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen und die Ukraine mit Waffen zu unterstützen.

Die Nato veröffentlichte in Mons Satellitenbilder, die ihre Einschätzung belegen sollen. Seit Wochen wirft die Ukraine dem Nachbarn vor, militärisch in den Konflikt einzugreifen. Dies war von Moskau stets dementiert worden.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko warf Moskau offen "eine Intervention russischer Streitkräfte in der Ukraine" vor. Die Lage im Grenzgebiet habe sich "extrem verschärft", erklärte Poroschenko in Kiew. "Ich habe einen Besuch in der Türkei abgesagt (...) Der Platz des Präsidenten ist heute in Kiew." Moskau wies die Vorwürfe umgehend zurück. Russland sei nicht an einer Entsendung von Truppen interessiert, sagte der russische OSZE-Vertreter Andrej Kelin in Wien.

Nach Berichten über eine Zuspitzung der Lage rund um die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol im Süden des Landes räumte das ukrainische Militär den Verlust der Hafenstadt Nowoasowsk ein. "Gestern gingen die Stadt Nowoasowsk sowie eine Reihe von Ortschaften der Kreise Nowoasowsk, Starobeschewo und Amwrosijewka unter die Kontrolle russischer Militärs", erklärte der nationale Sicherheitsrat in Kiew. Die Küstenregion stellt die Landverbindung zwischen Russland und der von Moskau einverleibten Schwarzmeerhalbinsel Krim her.

Der russische OSZE-Vertreter Kelin widersprach dieser Darstellung: "In Nowoasowsk ist die ukrainische Armee nach zehn Artillerieschüssen weggelaufen und hat das Feld kampflos den Separatisten überlassen - das ist alles, was passiert ist", sagte Kelin unter Berufung auf den Bürgermeister der Stadt Nowoasowsk.

Die Separatisten in der Ostukraine warfen der Ukraine Desinformation vor. "In Kiew wiederholt man sich mit dem Einmarsch, um die Niederlagen der ukrainischen Armee irgendwie zu erklären." Russische Abgeordnete kritisierten: "Wir haben schon mehrere Erklärungen der ukrainischen Führung gehört, die sich als Lügen erwiesen haben. Jetzt sind wir Zeugen einer neuen Ente", sagte etwa Jewgeni Serebrennikow vom Föderationsrat in Moskau.

Die Nato sprach dagegen von "deutlich mehr als 1000 russischen Soldaten", die innerhalb der Ukraine operierten. "Das ist eine eher konservative Schätzung", teilte die Nato in Mons mit. Die Russen seien Ratgeber der Separatisten und befänden sich "bis zu 50 Kilometer innerhalb ukrainischen Gebiets". Im russischen Grenzgebiet zur Ukraine seien schätzungsweise rund 20 000 Soldaten stationiert. "Das ist eine Invasionsarmee", so der Nato-Offizier.

Die Europäische Union forderte Russland auf, jegliche Feindlichkeiten an der Grenze einzustellen. "Das umfasst natürlich die Bewegung von Waffen, Ausrüstung und Militärangehörigen von Russland in die Ukraine", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel.

Poroschenko, der am Samstag am Rande des EU-Sondergipfels in Brüssel erwartet wird, forderte Sondersitzungen des UN-Sicherheitsrats und des EU-Rates. "Die Welt muss sich zur heftigen Verschärfung der Lage in der Ukraine äußern." Außenminister Pawel Klimkin sagte der "Bild"-Zeitung (Freitag), die Situation habe sich "dramatisch geändert". "Daher erwarten wir von unseren europäischen Freunden weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Russland sowie militärische und technische Hilfe."

Nach Ansicht des CDU-Europapolitikers Elmar Brok sollte der EU-Sondergipfel auch über weitere Strafmaßnahmen gegen Russland sprechen. "Sanktionen funktionieren. Russland steht unter großem wirtschaftlichem Druck", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments in Brüssel. Der Kreml müsse begreifen, dass seine Ukraine-Politik "zu teuer" wird.

Vor den jüngsten Anschuldigungen Poroschenkos an die Adresse Moskaus hatten die prorussische Separatisten noch erklärt, sie würden seit langem von Soldaten aus dem Nachbarland unterstützt. "Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass es unter uns viele Russen gibt, ohne deren Hilfe wir es sehr schwer hätten", sagte der Separatistenführer Andrej Sachartschenko dem russischen Fernsehsender Rossija-24.

"In unseren Reihen hat es etwa 3000 bis 4000 gegeben. Viele sind heimgefahren. Viel mehr sind aber geblieben. Leider gab es auch Tote." Unter den "Freiwilligen" seien viele reguläre russische Soldaten, die ihre Freizeit an der ostukrainischen Front verbringen würden. "Sie ziehen es vor, ihren Urlaub nicht am Strand, sondern Schulter an Schulter mit ihren Brüdern zu verbringen, die um die Freiheit des Donbass kämpfen."