Die Naturschützer wollen die Bevölkerung langfristig auf einen Nationalpark vorbereiten.

Stuttgart - Der Nordschwarzwald ist die einzige Region in Baden-Württemberg, die alle Kriterien für einen Nationalpark erfüllt. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Naturschutzbunds (Nabu). Doch die Landtagsopposition bremst: Ein Nationalpark dürfe nicht von oben herab verordnet werden.

Nabu-Landeschef Andre Baumann ist sich sicher: "Die Zeit ist reif für den ersten Nationalpark unseres Landes, und jetzt ist auch klar, wo er entstehen kann: im Nordschwarzwald", sagte er am Montag. Der Verband habe "anhand internationaler Kriterien" alle Regionen des Landes auf ihre Nationalparktauglichkeit untersuchen lassen.

Rückenwind verspüren die Naturschützer von höchster Stelle. Die neue Landesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, einen Nationalpark einrichten zu wollen. Doch Grün-Rot weiß auch um die Brisanz des Projekts: "Wir suchen hierzu den Dialog mit allen Akteuren vor Ort", heißt es.

Und das nicht umsonst: Der Nordschwarzwald stand bereits vor 20 Jahren als mögliche Nationalparkregion im Fokus. Der damalige Umweltminister Harald B. Schäfer (SPD) machte sich dafür stark. Doch die Idee scheiterte, vor allem weil die Region nicht von Anfang an in den Entstehungsprozess einbezogen wurde. Ein Fehler, der sich nun nicht wiederholen dürfe, betonte die stellvertretende Nabu-Geschäftsführerin Ingrid Eberhardt-Schad.

Ein Nationalpark müsse "von unten nach oben wachsen", sagt auch Peter Hauk, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Weder die Landespolitik noch ein Verband wie der Nabu dürfe diese Entscheidung von oben herab anordnen. "Die Menschen vor Ort müssen entscheiden, ob sie ein solches Projekt wollen", sagte Hauk und befand sich damit in ungewohnter Allianz mit der Regierungspartei SPD. Denn deren Abgeordneter Alfred Winkler betonte: "Jetzt sollen sich die Akteure der Region mit Vorschlägen in die Suche eines Großschutzgebiets einbringen." Beim Nabu verweist man auf das Instrument des "Entwicklungsnationalparks", das es seit 2002 gebe. Damit wäre es möglich, die Region über 20 Jahre hinweg auf den neuen Status hin vorzubereiten und zu entwickeln. Tourismus, Forstwirtschaft und Holzindustrie könnten sich so auf die neue Situation einstellen. Die vielen Fichtenbestände könnten noch zu einem großen Teil gefällt und genutzt werden.

Tourismus

Beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hofft man vor allem auf einen touristischen Gewinn. Ein Nationalpark sei ein großer Publikumsmagnet, so BUND-Landesgeschäftsführer Berthold Frieß: "Er bietet in seinen Kernzonen das, was sich viele Menschen wünschen: unberührte Natur."

Laut Gesetz geht es in einem Nationalpark um den "möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ursprünglicher Dynamik." Doch genau daran stören sich noch immer viele Bauern im Nordschwarzwald. Denn deren Land würde zum großen Teil in dem geplanten Nationalpark liegen. Das Land zu bewirtschaften ginge damit nicht mehr. Der Landesbauernverband warnt deshalb: Vielen Bauern würde die Lebensgrundlage wegbrechen. Lieber setze man auf Bewährtes - wie die sieben Naturparks, die jetzt schon im Südwesten existieren. Auch einen Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord gibt es. Für diesen würde der Nationalpark eine gelungene Aufwertung bedeuten, so der Nabu. "Der neue Nationalpark ist der Diamant, der umgebende Naturpark die edle Goldfassung", sagte die stellvertretende Nabu-Geschäftsführerin Ingrid Eberhardt-Schad in poetischen Worten.

Das dürften die Verantwortlichen in den Naturparks des Südwesten etwas anders sehen. Für sie braucht es keinen Nationalpark, um die Naturparks aufzuwerten. Im vergangenen Jahr haben nach eigenen Angaben etwa 1000 Veranstaltungen in den Naturparks stattgefunden. Den Nordschwarzwald besuchte am Wochenende auch der neue Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne). Bei seinem Halt am Naturschutzzentrum Ruhestein verwies Bonde auf die Verbindung zwischen Gesellschaft und Natur in dieser Gegend: "In kaum einer anderen Gegend sind Wald- und Holzwirtschaft so tief in der Gesellschaft verankert."