Natalie O’Hara Foto: Susanne Sigl

Die Schauspielerin Natalie O’Hara („Tatort“, „Bergdoktor“) findet die Grenzen zwischen Fernsehen und Theater überflüssig. „Mich ärgert diese Kategorisierung, die wir Deutschen betreiben“, sagte die 37-Jährige im StN-Interview. „Die Bereiche können sich ja gegenseitig bereichern."

Frau O’Hara, bei Ihrer Hauptrolle in Lessings „Minna von Barnhelm“ denkt man an das verletzte Ehrgefühl eines Mannes, der sich seiner Verlobten nicht mehr würdig fühlt. Klingt ein wenig altmodisch.
Ehrlich gesagt, finde ich das gar nicht altmodisch. Ich finde nur, das Wort Ehre hat in der gesellschaftlichen Debatte eine komische Färbung bekommen. Ein Wort wird nunmal geprägt von denen, die es in fragwürdigem Kontext gebrauchen. Aber Ehrgefühl, oder verletztes Ehrgefühl wie bei Tellheim im Stück ist doch etwas zutiefst Menschliches.
Welchen aktuellen Zugang haben Sie gefunden?
Allein die Rolle zu spielen ist für mich eine große Ehre. Kein Wort trifft es besser. Und Männer, die ihren Job verloren haben, auf einmal von Geldsorgen geplagt sind und sich nachvollziehbarerweise deshalb vor ihren Frauen schämen, sind in meinen Augen auch heute keine Seltenheit. Das Thema ist extrem zeitlos.
In der ZDF-Serie „Der Bergdoktor“ spielen Sie die Wirtin Susanne. Geht das so einfach nebenher?
Die Produktionsfirma des „Bergdoktors“ hat mir netterweise ermöglicht, beides parallel zu machen: In den letzten Probenwochen bis zur Premiere der „Minna“ hatte ich drehfrei. Während den Aufführungen geht das leider nicht: Da werde ich dann abends nach der Vorstellung in Stuttgart abgeholt und mit dem Auto vier Stunden nach Österreich gefahren, wo ich am nächsten Morgen für den „Bergdoktor“ vor der Kamera stehe. Bis zur Mittagspause – dann geht es wieder nach Stuttgart zur Vorstellung.
Klingt anstrengend.
Gott sei Dank muss ich das nicht täglich machen, sondern nur, wenn es sich überschneidet. Aber natürlich muss ich mit meinen Kräften haushalten, wenn ich solche kurzen Nächte hinter mir habe.
Besteht da nicht die Gefahr, mit den Rollen durcheinanderzukommen?
Die Susanne im „Bergdoktor“ spiele ich schon seit acht Jahren, was die Sache deutlich einfacher macht. Sobald ich mir das Dirndl übergezogen habe, bin ich in der Rolle drin. Aber jetzt in der intensiven Probenzeit habe ich mich trotzdem voll auf die Minna konzentriert. Und wenn es dann zu der terminlichen Überschneidung kommt, bleiben mir ja immerhin die vier Stunden Fahrt, um von Susanne auf Minna umzuschalten.
Was bereitet Ihnen eigentlich mehr Freude: Fernsehen oder Theater?
Ich freue mich sehr, dass ich beides machen darf. Im Prinzip ärgert mich aber diese Kategorisierung, die wir Deutschen betreiben. Die beiden Bereiche können sich ja gegenseitig bereichern. Mir ist auch völlig egal, was drüber steht: Film, Fernsehen, Theater oder Musical. Jede Rolle erfordert das gleiche Engagement, und ich nehme jede gleich ernst. Außerdem hilft mir die Arbeit beim Film auch auf der Bühne.
Inwiefern?
Beim Film kommt es darauf an, sich möglichst locker zu machen und in einem ganz natürlichen Ton zu sprechen. Das ist auch bei der Theaterarbeit hilfreich.