Äpfel und anderes Obst und Gemüse gibt es seit einem Jahr bei „Manz“ in dem Ehemaligen Gewächshaus an der Möhringer Landstraße. Foto: Alexandra Kratz

Die Nahversorgung im Wohngebiet Höhenrand ist schlecht, so das Ergebnis einer Studie. Die Menschen, die in dem Quartier wohnen, sehen es anders.

Vaihingen - Früher war alles besser. Zumindest gab es im Wohngebiet Höhenrand deutlich mehr Läden. Daran erinnert sich Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt noch gut. Er hat als junger Bub an der Wörthstraße gewohnt. „In den 60er- und 70er-Jahren gab es an der Möhringer Landstraße gleich zwei Lebensmittelläden“, erinnert sich Meinhardt. Dort, wo sich heute das Ärztehaus mit Apotheke befindet, war das Geschäft Morgenstern, und an der Ecke zur Wachtelstraße war der Lebensmittelladen „A und O“, wo Meinhardt nach der Schule oft Regale einräumte.

Im ehemaligen Mutter-Theresa-Haus beim Kreisverkehr verkaufte der Bäcker Notz seine Brötchen, die Metzgerei Knoll gab es schon immer, wenn auch früher unter einem anderen Namen. Am Starenweg befand sich sogar ein richtiger Milchladen. Und dort, wo heute der Outdoor-Laden ist, war ein Kiosk. Frisches Obst und Gemüse bekam man bei Frau Keck. Ihr Laden war in dem Gewächshaus an der Möhringer Landstraße, in dem heute der Obst- und Gemüsehändler Manz seine Waren anbietet.

Vieles von dem gehört längst der Vergangenheit an. In einem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten haben die Experten das Wohnquartier Höhenrand vor kurzem zu einem Defizitgebiet erklärt. Für die Gutachter war das entscheidende Kriterium, ob in einem Wohnviertel in einem Umkreis von 500 Metern ein Lebensmittel-Vollsortimenter fußläufig erreichbar ist. Im Fall des Wohngebiets Höhenrand ist das nicht der Fall. Schlecht versorgt fühlen sich die Menschen dort aber trotzdem nicht.

Eigentlich ist alles da

„Defizitgebiet?“, fragt ein Passant bei einer kleinen Umfrage unserer Zeitung. „Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Vielleicht haben die bei der Studie einen Fehler gemacht“, mutmaßt er. Seine Frau sieht es genauso: „Wir haben doch hier eigentlich alles“, sagt sie. Beim Bäcker Sehne gebe es auch Obst aus dem Remstal, beim Metzger Knoll bekomme man nicht nur Wurst und Fleisch, sondern auch Eier und Milch.

Obst und Gemüse gibt es seit einem Jahr wieder in dem ehemaligen Gewächshaus an der Möhringer Landstraße. „Dort gibt es ganz frische Produkte von der Reichenau“, schwärmt die Frau. Und wenn sie kurzfristig ein kleines Geschenk brauche, dann gehe sie in „Kate’s Room“ an der Möhringer Landstraße. „Also ich fühle mich keineswegs unterversorgt“, so das Fazit der Frau.

Auch Thorsten Kiltz überrascht das Ergebnis der Studie ein wenig. „Wir haben einen Bäcker und einen Metzger, Obst und Gemüse und sogar eine Weinversorgung“, sagt er in Anspielung auf „Jacque’s Weindepot“, das sich neben dem Bäcker Sehne befindet. „Das einzige, was wir nicht haben, ist ein normaler Laden, in dem man alles bekommt“, sagt Kiltz. Für ihn selbst sei das aber kein Problem. „Ich bin noch mobil und mit dem Fahrrad schnell nach Vaihingen oder Möhringen geradelt“, sagt der Anwohner der Wörthstraße.

Ein Problem für ältere Menschen

Er könne sich vorstellen, dass sich ältere Menschen in Sachen Nahversorgung vor Schwierigkeiten gestellt sehen. „Ich glaube aber auch nicht, dass ein normaler Laden in unserem Wohngebiet lange Bestand hätte“, ergänzt Thorsten Kiltz. Denn die Bevölkerungsstruktur ändere sich. Viele alte Menschen seien verstorben oder in ein Pflegeheim gezogen, junge Familien seien in die frei gewordenen Häuser eingezogen. Die gehen aber nicht im Tante-Emma-Laden einkaufen, sondern beim großen Discounter, wo es günstiger ist.

Hans-Hermann Pfeifer wohnt seit acht Jahren im Höhenrand-Viertel und findet das Problem Nahversorgung „wunderbar gelöst“, wie er es formuliert. „Alles, was man fürs Frühstück, Mittagessen oder Abendbrot brauche, bekomme man, ohne ins Auto einsteigen zu müssen“, sagt Pfeifer. Und wenn doch mal etwas fehle, sei der Weg bis in den Vaihinger Ortskern nicht allzu weit. Als SPD-Stadtrat weiß Pfeifer, dass es eine ganze Reihe von Quartieren gibt, bei denen das Problem Nahversorgung ungleich mehr unter den Nägeln brennt. „Die Situation in Dürrlewang oder auch Sonnenberg ist mit unserer gar nicht vergleichbar“, nennt Pfeifer zwei Beispiele.

Das Gutachten

Die Unternehmen CIMA und UHB erstellen im Auftrag der Stadt ein Gutachten zum Thema Nahversorgung. Der Gemeinderat hat dafür im aktuellen Doppelhaushalt 25 000 Euro zur Verfügung gestellt. Bislang wurden zwölf Quartiere als Defiziträume herausgearbeitet. Dazu gehören neben dem Rosental unter anderem der Dachswald/Pfaffenwald, die Rohrer Höhe, der Sonnenberg und das Gebiet Höhenrand.

Bei der Abgrenzung der Quartiere wurde die offizielle Einteilung des Amts für Statistik zugrunde gelegt. Demnach reicht das Gebiet Höhenrand in etwa von der Gemarkungsgrenze zu Möhringen im Osten und den S-Bahn-Gleisen im Süden sowie der Höhenrandstraße im Norden und Westen.