Verbundpass mit Halbjahresmarke. Foto: Max Kovalenko

Die Landeshauptstadt will das vom Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) angebotene Firmenticket für ihre 19.000 Beschäftigten extrem verbilligen. Mit einem ordentlichen Zuschuss.

Stuttgart - Die Verkehrslawine und damit die hohen Schadstoffwerte im Talkessel zu bändigen ist eines der Hauptanliegen von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). „Mein Ziel sind 20 Prozent weniger Autos im Kessel“, diese Marke formulierte Kuhn bei der Bezirksversammlung in Sillenbuch diese Woche erneut. Den Weg dahin deutete er an: „Ich will den Umstieg auf die Schiene. Das Job-Ticket ist ganz wichtig, damit mehr Leute mit Bus oder Bahn zum Arbeitsplatz kommen.“

Das Firmenticket gibt es beim Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) schon lange. Wer es wählt, erhält bei monatlicher Abozahlung gegenüber dem „Jedermann-Jahresticket“ fünf, bei Vorauszahlung des Jahrespreises sieben Prozent Nachlass. Bisher leistet die Stadt keinen eigenen Zuschuss zur Fahrkarte. Das soll sich von 2014 an ändern. Die Verwaltung plant, das Ticket für alle fast 19.000 Mitarbeiter mit monatlich an die 40 Euro zu subventionieren. Die Karte für das gesamte Stadtgebiet (zwei Zonen) würde dann statt bisher 60,01 Euro im Monat zwei Drittel weniger kosten: nur noch 20 Euro.

Es geht um sechs bis sieben Millionen Euro

„Ihre Informationen sind richtig, wir wollen ein durchschlagendes Angebot für die Beschäftigten, einen Kampfpreis für das Firmenticket“, sagt Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) unserer Zeitung. Das neue Angebot solle auch helfen, Personal für die Stadt zu gewinnen oder zu halten. Die Forderung der Gewerkschaft Verdi nach einem Mobilitätszuschuss von 180 Euro monatlich für jeden Mitarbeiter sei nicht Auslöser für den Zuschussgedanken gewesen, so Wölfle. OB Kuhn hatte vor Monaten von allen Bürgermeistern schriftlich Vorschläge für „nachhaltige Mobilität und Feinstaubreduzierung“ erbeten. Er schlage ein „verständliches und transparentes Konzept“ vor, sagt Wölfe.

Die Subvention des Firmentickets ist steuerlich erlaubt. Bis zu 44 Euro pro Monat kann jeder Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern als steuerfreien Sachbezug geben. Die Landeshauptstadt plant, dem Verkehrsverbund (VVS) einen Pauschalbetrag zu überweisen, fordert dafür aber einen höheren als den bisher vom VVS gewährten Rabatt. „Es geht um sechs bis sieben Millionen Euro“, sagt Wölfle.

Beim Verbund, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Fritz Kuhn heißt, ist das Thema angekommen. „Wir erwarten, dass das Modell auf Interesse stößt“, sagt dessen Geschäftsführer Horst Stammler. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) mit ihren vielen Mitgliedsfirmen sei dabei „erste Adresse“. Stammler würde gern viele Firmen, aber auch das Land und Landkreise als neue Kunden begrüßen. „Bisher bauen viele Parkplätze oder mieten diese an oder geben Dienstwagen“, sieht Stammler enormes Potenzial. Wenn die Firmen die steuerlichen Möglichkeiten nutzten, wolle der VVS mit seinem Rabatt hochgehen. „Wenn wir statt fünf oder sieben Prozent dann im Vergleich mit der Jedermann-Jahreskarte noch zehn Prozent Nachlass draufgeben wird das attraktiv“, so Stammler. Über die Modalitäten bestimme allerdings der VVS-Aufsichtsrat. Die entscheidende Sitzung ist im Oktober.

Steuerrechtliche Fallstricke

Den bisherigen Nachlass gewährt der VVS Firmen, die mindestens 50 Jahreskarten bestellen. 47.200 setzte der Verbund vergangenes Jahr ab. Von den 12.000 Beschäftigen der städtischen Kernverwaltung haben laut Personalamt bisher rund 4000 ein Firmenticket. Beim städtischen Klinikum, sagt Sprecherin Ulrike Fischer, setzen rund 2000 der 6800 Mitarbeiter auf die Fahrkarte.

Das von Wölfle propagierte Modell ist nicht neu – der Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis und Rhein-Neckar bieten es an –, es hat aber seine steuerrechtlichen Fallstricke. „Wir dürfen die 44 Euro pro Mitarbeiter bei einer Pauschalzahlung an den VVS um keinen Cent überschreiten, sonst wird der gesamte Betrag steuerpflichtig“, sagt Holger Holzwarth, Abteilungsleiter Personal im städtischen Hauptamt. Das Angebot müsse mit der Oberfinanzdirektion (OFD) Stuttgart abgestimmt werden. Die OFD Karlsruhe habe es für Pforzheim 2009 genehmigt.

In der bisherigen Kalkulation erwarte man, dass nicht 33, sondern mit dem neuen Angebot künftig 70 Prozent aller Beschäftigten zur Jahreskarte greifen. „Unser neuer Dienstwagen, der auch privat genutzt werden kann, ist gelb“, spielt Wölfle auf die Farbe der Busse und Züge der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) an. Deren Mitarbeiter fahren übrigens generell kostenlos, und zwar mit dem Segen der Steuerbehörde.

Die Stadtverwaltung Pforzheim subventioniert das Job-Ticket seit Juni 2009. „Ich habe die Stadt über Jahre bearbeitet“, sagt Axel Hofsäß, der Geschäftsführer des dortigen Verbunds. Diverse Anläufe hätten nichts gefruchtet. Ob der Wandel etwas mit Politik zu tun hat? „Dazu sage ich nichts“, so Hofsäß, „aber richtig, hier hat der OB gewechselt.“