Der Brückenschlag der U 6 vom Fasanenhof zur Landesmesse ist eines der letzten großen Ausbauvorhaben der SSB Foto: sbp

Bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG geht der Ausbau des Stadtbahnnetzes zu Ende. 2020 beginne das „Zeitalter der Ersatzinvestitionen“, sagt Vorstandssprecher Wolfgang Arnold. Dafür aber gibt es keine Zuschüsse vom Land.

Stuttgart - Die ersten 40 Stadtbahnfahrzeuge hat die SSB 1985 beschafft. 2020 werden sie 35 Jahre im Einsatz sein. „Inzwischen fahren wir pro Jahr pro Zug im Schnitt 120 000 Kilometer. Das sind Laufleistungen wie bei einem Nahverkehrszug oder einer S-Bahn“, beschreibt Arnold den zunehmenden Verschleiß. 184 Stadtbahnen aus verschiedenen Baureihen hat die SSB im Einsatz, 20 weitere sind bestellt, von den alten sind 76 generalüberholt worden, „bei 38 weiteren prüfen wir jetzt eine Teilsanierung, um die Ersatzinvestition weiter hinauszuschieben“, benennt Arnold am Dienstag vor der Presse das Dilemma.

Für die Züge fließen so gut wie keine Zuschüsse. In dem am Nachmittag vom Aufsichtsrat verabschiedeten Wirtschaftsplan sind bis 2019 genau 71,440 Millionen Euro für neue Züge vorgesehen, der Zuschussanspruch liegt bei 2,8 Millionen. Für neue Busse sollen 35 Millionen fließen. Gekauft werden nur Diesel, keine Hybrid, weil diese „unter wirtschaftlichen Aspekten nicht konkurrenzfähig sind“, so Arnold. Der Zuschussanspruch bei Bussen liegt bei null Euro. 2020 wird die SSB 270 Kilometer Gleise instandalten müssen. Dafür braucht sie pro Woche rund eine Million Euro.

Fahrgeldeinnahmen sollen um drei Prozent steigen

Arnold ist als Lobbyist für den öffentlichen Nahverkehr auf allen politischen Ebenen unterwegs. Er fordert, dass das Land seine Schatulle für Ersatzinvestitionen öffnet, weiß aber auch, dass Bus und Bahn im Wettbewerb zu vielen anderen Landesaufgaben stehen. „Wir hoffen auf positive Entscheidungen durch die Landtagswahl“, sagt seine Kollegin Stefanie Haaks. Als Finanzvorstand will sie den von der Stadt auszugleichenden Verlust bis 2019 unter jährlich 25 Millionen Euro halten. Danach sei das nicht mehr möglich. In diesem Jahr wird das Defizit durch Grundstücksverkäufe auf 17 Millionen Euro begrenzt, für 2016 sind 22,8 Millionen geplant. Die Fahrgeldeinnahmen sollen laut Haaks um drei Prozent steigen, die Umsatzerlöse fast 300 Millionen Euro erreichen.

2016 sieht die SSB als besondere Herausforderung. Seit Dienstag wird auf der Homepage (ssb-ag.de) das „Netz 2016“ erläutert, eine umfassende Umstellung der Fahrpläne, die ihre Ursache im Projekt Stuttgart 21 hat. Der SSB-Halt Staatsgalerie muss deshalb neu gebaut werden, die Verbindung von der Staatsgalerie zum Charlottenplatz wird gekappt. Zum Fahrplanwechsel am 17. Mai 2016 (Pfingstferienwoche) gelten daher neue Linienpläne für die U 1 (Fellbach – Vaihingen), U 2 (Neugereut – Botnang), U 4 (Untertürkheim – Hölderlinplatz) und die U 11 zu Veranstaltungen im Neckarpark. Weil sich U 1 und U 4 ändern, wird es zwei neue Linien geben, die U 21 (Südheimer Platz – Charlottenplatz) und die U 24 (Charlottenplatz – Hölderlinplatz). Die Grünen im Gemeinderat fordern Taktverdichtungen. „Sollte der Betrieb Feinjustierungen erfordern, werden wir schnell reagieren“, sagt Arnold. Finanziell werden die Fahrgäste keine Nachteil erleiden, sagt Haaks, denn wie im Verkehrsverbund (VVS) bei Umleitungen üblich, gilt zum Beispiel das Kurzstreckenticket dann bis zum früheren Zielhalt, also für mehr Stopps unterwegs.

Belegschaft wird aufgestockt

Für Stuttgart 21muss das städtische Nahverkehrsunternehmen seine Belegschaft aufstocken, Ende 2016 sollen es 3080 Beschäftigte (ohne Auszubildende) sein. „Wir nutzen den Personalaufbau, um für die Jahre gerüstet zu sein, in denen es weniger Schul- und Hochschulabgänger geben wird“, sagt Arbeitsdirektorin Sabine Groner-Weber. Bald werde „der Arbeitsmarkt leer gefegt sein“. Die Ausbildungszahl wurde von 90 auf 115 erhöht, bis 2019 sollen 120 erreicht sein. Bei der SSB arbeiten 590 ausländische Staatsangehörige. Sie stammen aus 30 verschiedenen Staaten.