Um rund 28 Kilometer Gleis zu erneuern, nimmt die Bahn rund 27,4 Millionen Euro in die Hand. Foto: dpa

Weil die Bundesbahn auf der viel befahrenen Strecke zwischen Plochingen und Tübingen die Gleise und Weichen erneuert, müssen Bahnkunden in den kommenden sechs Monaten mit Einschränkungen leben.

Plochingen - Rund 28 Kilometer Gleis, 49 Weichen, 27,4 Millionen Euro, sechs Monate Bauzeit – das sind die Eckpunkte, an denen sich die Deutsche Bahn bei der Modernisierung der Strecke zwischen Plochingen und Reutlingen orientiert. Dieser Tage beginnen die vorbereitenden Arbeiten, von Juni an wird es ernst. Dann werden die Bahnkunden auf einer der meistbefahrenen Strecken im Land Einschränkungen hinnehmen müssen.

Der größte Einschnitt droht in der Zeit vom 9. bis 11. Juni. Weil dann im Bahnhof Plochingen insgesamt 17 Weichen und 4500 Meter Gleis erneuert werden, muss der Streckenabschnitt komplett stillgelegt werden. Betroffen ist dann nicht nur der Regionalexpress nach Tübingen, sondern auch die S-Bahn nach Wendlingen, der Interregio-Express nach Aulendorf, die Regionalbahnlinie Plochingen–Herrenberg und zwei Intercity-Verbindungen. Auch vom 7. bis 12. September, wenn auf dem 13,8 Kilometer langen  Abschnitt zwischen Nürtingen und Metzingen die Gleise ausgetauscht werden, und während der vom 4. bis 7. November geplanten Bauarbeiten im Bahnhof Reutlingen werden die sonst zwischen Nürtingen und Tübingen verkehrenden Züge im Schuppen bleiben.

Am Wochenende fahren Busse

„Wir werden an den fraglichen Wochenenden Busse einsetzen“, verspricht Bahn-Sprecher Martin Schmolke. Mit erheblichen Einschränkungen müssen die Bahnkunden zudem in der Zeit zwischen dem 12. August und dem 7. September rechnen. Da wird, wegen der Erneuerung der Weichen, dem Verkehr zwischen Nürtingen und Metzingen auf der gesamten Streckenlänge jeweils nur ein Gleis zur Verfügung stehen. 15 Nahverkehrszüge stehen auf der Streichliste. Zudem ist einer Mitteilung der Bahn zufolge mit „Verspätungen einzelner Züge im Minutenbereich“ zu rechnen. Einzelheiten, auch zu den von Fall zu Fall geänderten Abfahrtsgleisen, werden an den Bahnhöfen ausgehängt.

Die Bahnstrecke zwischen Plochingen und Reutlingen zählt zu den ältesten im Land. Am 20. September 1859 wurde der 35 Kilometer lange Schienenstrang in Betrieb genommen. Zuvor hatte vor allem die aufstrebende Industrie im Echaztal nach einem modernen Verkehrsmittel verlangt und im Verein mit der Lokalpolitik vehement auf eine Weiterführung der bereits im Jahr 1850 in Betrieb gegangenen Hauptlinie zwischen Cannstatt und Plochingen gedrungen.

Zu Beginn sind auf der Strecke vier Züge pro Tag gefahren

Lange Zeit war nicht klar, ob der Eisenbahnbau über die königliche Kasse und öffentliche Anleihen oder über einen privaten Investoren gestemmt werden sollte. „Wenn wir auf den Staatsbau warten, dann sind wir verlorene Leute“, hatte der damalige Stadtschultheiß Grathwohl geunkt. Im Mai 1857 vermeldete jedoch das Regierungsblatt, dass König Wilhelm I. den Bau der Eisenbahn verfügt habe.

Zwei Jahre lang sollten mehr als 1000 Eisenbahnarbeiter aus dem ganzen Königreich an der Strecke arbeiten. Vor allem der Abschnitt von Nürtingen ins Albvorland stellte Ingenieure und Arbeiter vor große Herausforderungen. Die Anstrengung sollte sich lohnen. Das „vornehmste Verkehrsmittel im Bezirk“, so eine amtliche Einschätzung aus dem Jahr 1893, legte die Grundlage zum Aufstieg Reutlingens zu einer der bedeutendsten Industriestädte Württembergs.

Die vier in der Anfangszeit fahrplanmäßig eingesetzten Züge bewältigten die Strecke Plochingen–Reutlingen damals in etwas mehr als einer Stunde. Schon zwei Jahre später sollte die Weiterführung der Strecke über Tübingen hinaus bis Rottenburg eingeweiht werden.