In einem offenen Brief kritisiert der Bürgerverein die Stadtverwaltung und die geplante Nachverdichtung am Ehrlichweg. Foto: Lisa Wazulin

Der Streit um die Nahverdichtungspläne im Ehrlichweg geht weiter. In einem offenen Brief an die Stadtverwaltung legt der Bürgerverein jetzt nach.

Fasanenhof - Enttäuschung, Wut und vor allem viele Sorgen. Alles Gefühle, die der Bürgerverein seit der angekündigten Nachverdichtung am Ehrlichweg nur mühsam zurückgehalten hat. Rund 100 neue Wohnungen sollen dort entstehen – bezahlbarer Wohnraum, den die Stadt Stuttgart dringend benötigt. Eigentlich eine erfreuliche Nachricht, wäre da nicht das empörte „Nein“ des Bürgervereins. Schon im vergangenen Oktober hatte der Widerstand zu einer abgesagten Bürgerbeteiligung und dem zwischenzeitlichen Stopp der geplanten Nachverdichtung geführt. Jetzt geht der Kampf um das Bauprojekt in eine neue Runde, denn der Bürgerverein hat nicht nur 500 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt, sondern seinem Ärger nun in einem offenen Brief Luft gemacht. Darin erhebt der Verein Vorwürfe gegen die Stadt Stuttgart und Baubürgermeister Peter Pätzold. „Die offene Bürgerbeteiligung ist nur eine Alibiveranstaltung, die Entscheidungen sind längst gefallen“, heißt es darin, und überhaupt hätten die Bürger von Anfang an kein Mitspracherecht gehabt. Neben der Sorge um das Fehlen von „lebenswichtiger Grünfläche“, befürchtet man ein Abrutschen des Stadtteils in ein „Getto von Morgen.“

Gelegenheit für günstige Wohnungen

Die Gegenseite – Möhringens Bezirksvorsteher Jürgen Lohmann, der Baubürgermeister Peter Pätzold, fünf Unternehmen und die Baugenossenschaften – sieht das anders. Statt Gettoisierung sieht man hier eine einmalige Chance zur Schaffung von günstigem Wohnungen. Die Wiesen zwischen den 60er-Jahre-Bauten am Ehrlichweg gehören den Baugenossenschaften bereits – kostenlose Baufläche also, die günstige Mietpreise erst möglich macht. „Man braucht zusätzlichen Wohnraum, das ist sicher“, argumentierte Lohmann immer wieder. Daran sei auch nicht zu rütteln, räumt der Bürgerverein jetzt ein, aber eben nicht in ihrem Stadtteil.

Denn neben dem günstigen Wohnraum, der mit seinen niedrigen Mietpreisen sozial Schwache anziehen könnte, entsteht direkt gegenüber ein Asylbewerberwohnheim, das bald 321 Flüchtlingen Platz bieten soll. Trotz großem ehrenamtlichem Engagement der Fasanenhofer sei das Boot nun voll, beklagt der offene Brief; auch das Ehrenamt werde irgendwann ausbluten. Durch den hohen Anteil an Migranten gäbe es bereits Sprach- und Förderungsprobleme in den Kitas, was wiederum die Bildungschancen der Kinder verringert und zu einer Abwanderung der Mittelschicht führen könnte. Die Forderung des Bürgervereins: Reihenhäuser für Familien statt Sozialwohnungen, Grünflächen statt Nachverdichtung und offene Bürgerbeteiligung statt beschlossene Baupläne.