Der idyllische Bärensee am Mittwoch – bald wollen ihn die Angler trockenlegen Foto: Leif Piechowski

Der Württembergische Anglerverein will den Bärensee für fast ein Jahr trocken­legen und auf dem Grund wieder Pflanzen wachsen lassen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz ist alarmiert und fordert ein Gutachten – das Regierungspräsidium auch.

Stuttgart - Der Württembergische Anglerverein will den Bärensee für fast ein Jahr trockenlegen und auf dem Grund wieder Pflanzen wachsen lassen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz ist alarmiert und fordert ein Gutachten – das Regierungspräsidium auch.

Der Rotwildpark und der Bärensee sind Stuttgarter Naturidylle pur. Doch wegen des friedlichen Sees gehen die Wogen im Moment hoch. Grund: Der Württembergische Anglerverein möchte den See fast komplett ablassen, den Fischbestand regulieren und die Pflanzen auf dem trockengelegten Seegrund von September 2013 bis August 2014 wachsen lassen. Die Umweltschützer halten dagegen – und das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart hat entschieden, dass die Angler erst mal bei einem Fachbüro ein Gutachten einholen sollen.

Noch ist die Behörde nicht überzeugt davon, dass an der Maßnahme im Naturschutzgebiet ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ besteht, wie es für die Genehmigung der Fall sein müsse. „Es muss erhoben werden, welche geschützte Flora und Fauna im See und am Ufer vorhanden ist und beeinträchtigt werden könnte“, sagt RP-Sprecher Clemens Homoth-Kuhs.

bei Trockenlegung wären viele Tiere bedroht

Das passt dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gut ins Konzept. Er hatte eindringlich davor gewarnt, am Bärensee den Stöpsel zu ziehen. Wenn es doch geschehe, drohe diversen Tieren im und am See ein ungewisses Schicksal: etwa Mandarinenten, Ringelnattern, Libellen und Wasserfledermäusen. Ein kurzfristiges Ausweichen dieser Tiere in die benachbarten Seen erscheine ihr unwahrscheinlich, sagte BUND-Umweltwissenschaftlerin Elisabeth Dückert. Viele Arten würden über eine komplette Saison ihre Vermehrungs-, Laich- und Jagdplätze verlieren. Falls man im See einen hochwertigeren Pflanzenbesatz wolle, brauche man ein detailliertes Konzept und ein Gutachten über die Folgen der Eingriffe.

Hans-Hermann Schock, der Chef des Anglervereins, wittert eine weitere Machtdemonstration des Umweltverbands. Er kann sich den drohenden Bescheid, der ihm am Mittwoch noch nicht vorlag, nur mit dem Ausbooten der Fischerei-Abteilung im RP erklären. Die sei von den Naturschützern im RP übergangen worden. Letztere dürften mitreden, weil das Gebiet unter Naturschutz stehe, doch da gehe es um Buchen und Eichen und um den Freizeitwert des Parks. Sprich: Der See sei nur eine normale Fischereiangelegenheit. Die Entscheidung im RP werfe einen Konsens über den Haufen, den verschiedene Instanzen schon erzielt hätten: Vertreter von Behörden von Stadt und Land, der Energie Baden-Württemberg (EnBW) mit Wasserrechten im Rotwildpark und des Anglervereins. Ein Gutachten könne teuer werden – und sei überflüssig.

Die Angler beobachteten schon länger einen Schwund der Unterwasserpflanzen im Bärensee. Ihr Verdacht ist, dass Silberkarpfen und andere Vertreter der Gattung Grasfische aus dem südostasiatischen Raum, die von irgendjemandem mal eingesetzt wurden, den Seegrund regelrecht abgrasen. Die Silberkarpfen rauben anderen Fischarten außerdem Nahrung, sagt Schock. Im Katzenbachsee, dreieinhalb Kilometer vom Bärensee entfernt, habe man auch schon stattliche Grasfische herausgeholt – und die Unterwasserpflanzen hätten sich erholt.

Wasserpegel vom Bärensee müsse ohnehin gesenkt werden

Der Bärensee ist zum Abfischen zu groß. Daher möchten die Angler die Wasserfläche von rund vier auf einen halben Hektar verringern und beim Abfluss ein Gitter anbringen. So könne man zumindest die großen Grasfische am Überwechseln in den benachbarten Neuen See hindern, sie herausholen und töten. Gerade im Neuen See, der 2009 lange trockengelegt war, weil die EnBW den Damm sanierte, habe sich das Konzept bewährt: „Die Pflanzen wuchsen. Die Fische erhielten wieder bessere Laichplätze.“ Das gleiche Vorgehen würde im Bärensee kaum Kosten verursachen. „Die EnBW muss sowieso den Wasserpegel senken, um am Damm zu arbeiten – und wir würden die spätere Einsetzung von Jungfischen bezahlen.“

Jetzt sei es eben am BUND, eine ähnlich kostengünstige Sanierung der Unterwasserflora vorzuschlagen, sagt Schock. Er will aber auch einen Termin bei Regierungspräsident Johannes Schmalzl und dort Tacheles reden. Notfalls wird der Verein bei der Forstverwaltung des Landes wohl die Senkung der Jahrespacht beantragen.