Die kleinen Klippschliefer sind schon relativ selbstständig und erkunden die Felsen Foto: Wilhelma

In der Fels-WG der Stuttgarter Wilhelma gibt es Nachwuchs. Neben kleinen Klippschliefern kann man dort derzeit auch Dschelada-Zwillinge bestaunen.

In der Fels-WG der Stuttgarter Wilhelma gibt es Nachwuchs. Neben kleinen Klippschliefern kann man dort derzeit auch Dschelada-Zwillinge bestaunen.

Stuttgart - „Mama, guck mal: Ratten!” Der Ausruf gilt den an Murmeltiere erinnernden, tatsächlich aber mit Elefanten und Seekühen verwandten Klippschliefern. Er wisse auch nicht, warum diese Verwechslung immer wieder vorkomme, sagt Tierpfleger Mathias Roese, der für die Felsen-WG in der Wilhelma zuständig ist. Hier leben die Schliefer mit Dscheladas und Mähnenschafen zusammen.

Derzeit lohnt ein Besuch der Anlage besonders: Die afrikanische Affenbande und ihre kaninchengroßen Mitbewohner haben Nachwuchs bekommen und die sonst eher scheuen Klippschliefer präsentieren sich und ihre sieben kleinen Kletterer ungewöhnlich freimütig. „Ich habe keine Ahnung, warum sie die Jungtiere in diesem Jahr so offensiv zeigen”, gibt Roese unumwunden zu. Wenigstens verhält sich der Klippschliefer-Vater wie gewohnt: Er verdrückt sich und kümmert sich nicht um die Erziehung. Auch den Weibchen kann man nicht unbedingt nachsagen, dass sie überbehütend sind. Die Kleinen werden aus dem Zuhause gestupst, wenn es Zeit ist, rauszugehen, und kräftig angepiepst, wenn sie nerven. Dafür genießen sie relativ große Freiheit bei der Erkundung ihres Lebensraums. Wenn es nötig ist, verkämpft sich aber auch eine Klippschlieferin für ihre Kinder: „Vor einigen Jahren hatten wir junge Dscheladas, die es spannend fanden, die Klippies hochzuheben und zu streicheln. Es kam sogar vor, dass sie in die Affenbehausung mitgenommen wurden. Wenn die Mütter das mitbekamen, wurden sie ziemlich ungemütlich.”

Der Dschelada-Nachwuchs ist wesentlich anhänglicher: Die Blutbrustpaviane tragen ihre Jungen mit sich herum. Wenn es sein muss, auch zwei auf einmal. Primatendame Sendafa ist Mutter von Zwillingen geworden. Schon wenige Stunden nach der Geburt hat sie eine Technik entwickelt, die es ihr erlaubt, den doppelten Äffchensegen mit einer Hand an die Brust zu drücken, während sie sich durch die Felslandschaft bewegt. „Zwillingsgeburten sind bei Dscheladas äußerst selten”, erklärt Mathias Roese. „Es gibt einen dokumentierten Fall aus dem Zoo in Rheine. Das war 1990 und eines der Jungtiere starb. Wir haben das Glück, dass Sendafa ein sehr ranghohes Weibchen ist. Sie bekommt entsprechend viel vom Futter ab und wird so hoffentlich auch genug Milch für zwei produzieren können.” Einen kleinen Dschelada separat aufzupäppeln ist praktisch unmöglich. Die Tiere sind so auf Gemeinschaft aus, dass sie ohne die Nähe ihrer Artgenossen eingehen. Selbst den Mähnenspringern fühlen sie sich verbunden. „Ich erinnere mich noch, wie ich einmal ein kleines Mähnenschaf zu seiner Mutter brachte, weil es den Weg nicht selbst einschlagen wollte. Als ich mich dem Jungtier näherte, ging das damalige Dschelada-Männchen beinahe auf mich los.”

Die beiden derzeitigen Herren im Rudel heißen Hope und Haryon. Die Brüder kamen im vergangenen Winter aus Zürich nach Stuttgart. Ihr Nachwuchs trägt größtenteils Namen aus ihrer äthiopischen Heimat. Die Klippschliefer hingegen firmieren in den Akten ganz unpersönlich unter Prag oder Frankfurt. „Abgesehen vom Männchen können wir sie nur schwer auseinanderhalten”, gesteht ihr Pfleger. „Die Tiere haben einen Chip und nur, wenn wir sie bei der jährlichen Gesundheitsuntersuchung mit dem Lesegerät identifizieren, ist vollkommen klar, wen wir vor uns haben. Deshalb sind sie abgesehen vom Herkunftsort namenlos.” Die kleinen WG-Bewohner fühlen sich offenbar trotzdem integriert, wie Roese berichtet: „Normalerweise können sich die Mähnenspringer zwischen dem Innenraum und dem Außengehege frei hin und her bewegen. Wir sperren sie nie ein. Einmal wollten wir aber Abends doch die Türe schließen, weil am nächsten Tag Hufpflege anstand. Die Klippschliefer merkten das und schlugen regelrecht Alarm, weshalb alle Schafe wieder nach draußen rannten.“ Die Wohngemeinschaft hält im Zweifelsfall eben zusammen.