Filmemacher Marc Di Lauro (Dritter von links) hat die Nachtwanderer von L.-E. ins Licht seiner Kamera gerückt. Foto: Natalie Kanter

Die Nachtwanderer von L.-E. haben Stadträten über ihre Erfahrungen bei ihren nächtlichen Touren berichtet. Über die Arbeit gibt es mittlerweile auch eine Film-Doku.

Leinfelden-Echterdingen - Rote Westen mit goldgelbem Schriftzug: Das ist das Markenzeichen der Nachtwanderer von L.-E. An diesem Kleidungsstück sind die Frauen und Männer zu erkennen, wenn sie durch die Straßen laufen. Zweimal im Monat. Freitag- oder Samstagabend. Nicht vor 21 Uhr. Andere haben zu dieser Zeit längst die Beine hochgelegt.

Die Nachtwanderer sind auf der Suche nach Jugendlichen. Sie wollen junge Leute treffen, um mit ihnen zu sprechen. Es sind lockere Gespräche, die geführt werden. Nebenbei geht es dann beispielsweise auch um die Frage, ob der Abfall tatsächlich auf der Straße liegen bleiben muss. Oder auch, warum manche Jugendliche eigentlich so gerne zum Alkohol greifen.

„Diese Gespräche haben manchmal mehr und manchmal weniger Erfolg“, sagt Siegfried Günther. Und er muss es wissen. Günther gehört zu den Sprechern der Nachtwanderer und saß als solcher Anfang der Woche auch im Sozialausschuss am Ratstisch. Die Gruppe hat den Stadträten von ihren Erfahrungen und ihren nächtlichen Touren berichtet. Und so die ehrenamtliche Arbeit in Erinnerung gerufen.

Siegfried Günther ist ein neugieriger Mann. Er wollte wissen: Was passiert da tatsächlich nachts auf den Straßen von L.-E.? Deshalb hat er sich den Nachtwanderern angeschlossen. „Ich will keinen mehr erziehen“, erklärte er den Stadträten. Und: „Wir sind auch nicht die Polizei.“ Seit das auch den Jugendlichen klar ist, würden sich diese sogar freuen, wenn die Läufer mit den roten Westen wieder auftauchen. Einige Bürger allerdings hätten die Erwartung, dass die Nachtwanderer den nächtlichen Lärm in L.-E. auf null bringen können. „Das können wir nicht“, sagte er deutlich.

Silke Mörl, die neben Günther am Ratstisch Platz genommen hatte, und seit gut einem Jahr zu der Gruppe gehört, ergänzte: „Viele denken, Jugendliche krakeelen nur rum. So sind sie nicht. Sie sind auch nicht aggressiv oder bösartig. Sie sind ganz normale Kinder, die erwachsen sein wollen.“

Das Projekt Nachtwanderer LE wurde 2011 in der Großen Kreisstadt ins Leben gerufen. Einrichtungen der offenen Jugendarbeit, der Schulsozialarbeit und der Stadtjugendring waren daran beteiligt. Es gab eine Informationsveranstaltung. Flugblätter wurden verteilt.

Damals hatte es massive Konflikte zwischen Jugendlichen und Anwohnern am Echterdinger Zeppelinplatz und an der Kanalstraße gegeben. „Die Situation drohte zu eskalieren“, erinnerte sich Bürgermeister Alexander Ludwig in der Sitzung. Die Präsenz der Polizei wurde verstärkt. Die Stadtverwaltung aber suchte nach weiteren Antworten.

Die Nachtwanderer sind also seit mittlerweile zwei Jahren im Stadtgebiet unterwegs. In der ersten Phase wurden sie von Sozialarbeitern begleitet. Sie wurden geschult im Umgang mit Konflikten und in Erster Hilfe. „Zunächst war Alkohol ein großes Problem“, sagte Günther in der Sitzung. Diesen konnten die Jugendlichen bis 22 Uhr im örtlichen Supermarkt kaufen. Und ergänzte: „Das Deeskalationstraining hat uns geholfen.“

Die insgesamt 13 Männer und Frauen haben einen Raum im Untergeschoss des Echterdinger Rathauses. Von dort aus starten sie ihre nächtlichen Touren. „Wir sind allerdings zu wenige, um jedes Wochenende zu laufen“, sagt Sabine Onayli – Stadträtin (L.E.-Bürger) und eine der Frauen unter den Nachtwanderern. Will heißen, die rührige Gruppe könnte tatkräftige Unterstützung gebrauchen.

Für Eigenwerbung wollen sie deshalb auch die erste Dokumentation, die es von der besonderen ehrenamtlichen Arbeit gibt, einsetzen. Filmemacher Marc Di Lauro war einen Abend lang mit auf Tour und hat den Nachtwanderern über die Schulter geschaut. Er hat unter anderem Siegfried Günther ins Licht seiner Kamera gerückt. Der Film ist im Internet auf der Facebook-Seite der Nachtwanderer und bei YouTube zusehen. „Wir überlegen, ihn auch regionalen Fernsehsendern zu geben“, sagt Onayli.

Ein Problem aber haben die Nachtwanderer dennoch. „Im Moment sind sehr wenig Jugendliche unterwegs“, sagt die engagierte Ehrenamtliche. Das sei frustrierend. Sie hofft, dass mit den sommerlichen Temperaturen wieder bessere Zeiten für die Nachtwanderer anbrechen.