Vorgeschmack auf den Kirchentag

Stuttgart - An Pfingsten feiert die christliche Kirche Geburtstag. Ihre Gründung. Das versteht nicht jeder auf Anhieb. Warum ausgerechnet Pfingsten? Und nicht Ostern oder Weihnachten? Und was genau ist eigentlich die Botschaft? Für die Antwort hilft der Blick zurück. Zum vergangenen Donnerstag. Zu Christi Himmelfahrt. Oder wie es die Christen nennen: die Heimkehr Jesu zum Vater in den Himmel.

Für die Jünger muss dies damals einziemlicher Schock gewesen sein. Plötzlich waren sie allein. Verlassen vom Sohn Gottes. Daher hat Jesus seinen Jüngern versprochen: „Ihr bleibt nicht allein. Ich sende euch meinen Geist. Der wird euch leiten und stärken.“

Es ist die Entsendung des Heiligen Geistes, die 49 Tage nach dem Ostersonntag durch das Pfingstfest gefeiert wird. In der Apostelgeschichte heißt es: Der Heilige Geist kam zu diesem Zeitpunkt auf die Jünger in Jerusalem herab.

Für Christen ist das ein Grund zu feiern. Auch in Stuttgart wird Pfingsten wieder groß gefeiert: mit der neunten Nacht der offenen Kirchen. „Da wird ein ganz besonderer Wind wehen“, verspricht Monika Johna. Sie hätte auch sagen können: Es weht in dieser Pfingstnacht ein besonderer Geist. Als Repräsentantin des Kirchentags, der in einem Jahr (3. bis 7. Juni) in Stuttgart stattfindet, muss sie es wissen. Das Kirchentag-Team und die evangelische Stadtkirche haben das Programm für den Pfingstsonntag (19 bis 24 Uhr) gemeinsam entwickelt. Johna: „Die Besucher erwartet etwas Besonderes. Man kann im gesamten Stadtgebiet in 16 Kirchen auf Entdeckungsreise gehen.“ Als Reiseleiter empfiehlt sie den evangelischen Stadtdekan Søren Schwesig oder die Hospitalhof-Leiterin Monika Renninger.

Tatsächlich kann man mit und bei beiden etwas erleben. Der Auftritt von Schwesig im Hospitalhof (21 Uhr) ist einer der Höhepunkte des Programms. Der Stadtdekan spielt zusammen mit dem Pfarrer Peter Schaal-Ahlers (Esslingen) das Kabarettstück „Die Vorletzten“. Beide treten seit 14 Jahren gemeinsam auf. Für Schwesig ist das jedes Mal eine Grenzwanderung zwischen Kabarett und Kirche. Erst recht bei diesem Heimspiel. „Meine Funktion als Dekan macht die Sache nicht leichter“, sagt er und kündigt an: „Die Gäste erwartet etwas zum Nachdenken – etwas über die Stärken und Schwächen der Menschen.“

Auf die Pfingstbotschaft in dieser Nacht übertragen, heißt das: Der Geist soll Menschen durch viele verschiedene Angebote in Bewegung setzen. Am besten in Form einer Kirchen-Wanderung von einem der 16 Gotteshäuser zum anderen. „Es geht um Dynamik, um Bewegung und um überraschende Einsichten“, sagt Schwesig, „dazu passt gut der offene und überraschende Charakter der Nacht der offenen Kirchen.“ Bei Gospelmusik, Diskussionen, geistlichen Impulsen oder Taizé-Gebeten könnten Menschen ihre Kirche ganz neu entdecken.

„Wir wollen, dass die Leute an diesem Abend viel mitnehmen“, sagt Monika Renninger. Das heißt für sie: wandern ja, aber möglichst in der Stadt. Damit spricht die Hospitalhof-Chefin etwas an, was allen Kirchenleuten schwer im Magen liegt: „Schon bei der ersten Nacht der offenen Kirchen vor neun Jahren wollten wir klarmachen, dass Pfingsten kein Urlaubs- und Reisedatum ist, sondern ein besonderes Datum der Kirche.“

Apropos Datum: Für das Team des Kirchentags 2015 hat das Datum des gestrigen Dienstag auch eine symbolische Kraft: „Noch 365 Tage, dann geht es los“, sagt Kirchentagspastor Joachim Lenz, „wir biegen in die Zielgerade ein.“ Die Nacht der offenen Kirchen soll dabei einen Vorgeschmack auf das große Christentreffen geben. „In einem Jahr haben wir in Stuttgart fünf Tage lang offene Kirchen.“

Alle Veranstaltungen der Nacht der offenen Kirchen am Pfingstsonntag, 8. Juni, 19–24 Uhr, sind kostenlos. Das gesamte Programm findet man im Internet unter www.pfingstnacht-stuttgart.de